Aerzte zum Verlieben Band 58
verpflichtete sich dafür für ein paar Jahre. So war auch meine Ausbildung gesichert.“
Fabio zog sie dichter an sich. Katie schloss die Augen und sprach weiter. „Vor seinem ersten Einsatz in Afghanistan lernte er Suzy kennen. Sie heirateten. Dann, kurz vor seinem zweiten Einsatz, wurde Suzy schwanger. Er war so glücklich. Wir alle. Ich freute mich darauf, Tante zu werden. Das Leben war schön. Keiner von uns rechnete damit, dass er jemals im Kampfgebiet eingesetzt werden würde. Aber natürlich wurden auch dort Ärzte gebraucht. Richard ließ uns glauben, dass er in einem sicheren Camp stationiert war.“
Ihre Kehle war wie zugeschnürt, und für einen Moment versagte ihr die Stimme. Fabio drückte ihre Hand und wartete schweigend, bis sie weitererzählte.
„Wir wussten auch nicht, dass er auf einem vorgeschobenen Militärposten in feindlichem Gebiet einen Einsatz hatte.“ Sie atmete tief durch. „Sie wurden beschossen, und Richard verließ den Posten, um einen verletzten Soldaten zu bergen, obwohl sie weiterhin unter Beschuss lagen. Als er einen zweiten Verwundeten holen wollte, wurde er getroffen. Man hat uns gesagt, dass er sofort tot war. Wenigstens musste er nicht leiden.“
Katie schmeckte Salz auf den Lippen. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie weinte. „Die beiden Soldaten, die er gerettet hat, werden wieder gesund. Also war Richards Tod nicht umsonst. Das tröstet uns ein wenig.“
Fabio nahm den Arm von ihrer Schulter und drehte Katie so, dass sie ihn ansehen musste. Er holte ein Taschentuch heraus und tupfte ihr behutsam die Tränen fort. „Sie müssen sehr stolz auf Ihren Bruder sein“, sagte er.
„Ja, aber ich vermisse ihn so sehr. Und Suzy … all ihre Träume sind zerstört. Jetzt muss sie Ricky allein großziehen, und der Junge wird seinen Vater nie kennenlernen. Das ist doch nicht gerecht.“ Schniefend putzte sie sich die Nase. „Ich verstehe nicht, wie Amelia ihrem Mann beim Rennen zusehen kann, ohne verrückt zu werden vor Sorge. Ich könnte niemals einen Mann heiraten, der solche Risiken eingeht. Dafür bin ich nicht stark genug.“
„Ich halte Sie für stärker, als Sie selbst glauben, Katie. Und eines Tages wird Ihr Schmerz nachlassen. Auch wenn er nie ganz verschwinden wird.“
Plötzlich wurde ihr entsetzt klar, was sie hier tat. Sie konnte sich doch nicht derart gehen lassen! Egal, wie mitfühlend er sich verhielt, Fabio war ein Kollege.
Hastig löste sie sich aus seiner Umarmung. „Es tut mir leid, was müssen Sie von mir denken.“ Verlegen versuchte sie sein feuchtes Hemd trocken zu tupfen, natürlich vergeblich.
„Machen Sie sich keine Gedanken. Ich bin weinende Frauen gewöhnt“, sagte er sanft.
Sie wich noch weiter zurück. Seine Bemerkung war unerträglich. Er meinte wohl, dass er es gewöhnt war, den Frauen das Herz zu brechen. Dabei hatte sie gerade begonnen zu glauben, dass sie sich in ihm geirrt hatte. „Das kann ich mir gut vorstellen“, erwiderte sie steif.
Seine Augen blitzten amüsiert. „Ich rede von Patientinnen. Was dachten Sie denn?“
Jetzt war sie erst recht verlegen. „Ich möchte jetzt nach Hause“, sagte sie.
Fabio brachte Katie nach Hause und bezahlte das Taxi. Bis zu seiner Wohnung waren es fünf Meilen, aber ein Spaziergang würde ihm guttun.
Auf dem Boot hatte er sich sehr beherrschen müssen, Katie nicht die Tränen fortzuküssen. Aber wenn er Katie küsste, würde mehr daraus werden, und eine Beziehung mit ihr versprach nur Ärger. Schnell verdrängte er das Bild ihrer sinnlichen roten Lippen.
Endlich verstand er, warum sie manchmal so traurig und in sich gekehrt wirkte. Der Verlust ihres Bruders musste ein schwerer Schlag gewesen sein.
Immerhin war Richard Simpson für etwas gestorben, an das er glaubte. Und an was glaubst du? fragte er sich. An nichts. Er genoss das Leben in vollen Zügen, fieberte dem nächsten Abenteuer entgegen, seinem Sport. Fabio lebte im Moment. Er dachte nie an die Zukunft. Warum auch? Glückliche Familien gab es nicht, auch wenn Katie etwas anderes behauptet hatte.
Seine Eltern hatten sich nur gestritten, schon bevor sein Vater zu Drogen griff und abhängig wurde. Fabio erinnerte sich, wie er sich einmal im Schrank verkrochen hatte, weil er dachte, er wäre schuld an den Zänkereien. Wenn er sich unsichtbar machte, würden seine Eltern vielleicht aufhören, sich anzuschreien. Und als sie ihn aufs Internat schickten, glaubte er, sie wären glücklicher ohne ihn. Sie hatten sich trotzdem
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