Aerzte zum Verlieben Band 58
meine Fähre“, erklärte Emily. „Hält zwei Minuten von meinem Haus entfernt und fährt weiter zum Luna Park. Sie hätten die Fähre nehmen und zu Ihrem Apartment zu Fuß laufen können.“
Er sah übers Wasser, wo andere Fähren ihre Spuren zogen. „Wollen wir jetzt damit fahren? Meinen Wagen kann ich auch morgen holen, er steht hier sicher. Wir könnten noch ein bisschen Zeit auf dem Wasser verbringen, vielleicht über den Jahrmarkt schlendern, ein Eis essen.“
„Oder Feenhaar.“
„Feenhaar?“
„Rosa Zuckerwatte, ein sündhaft süßes Zeug.“
Marco warf ihr einen verwegenen Blick zu. „Sündhaft ist gut.“
Es wäre unklug, so einen teuren Wagen über Nacht auf dem Parkplatz stehen zu lassen. Verrückt, aus einer Laune heraus die Fähre zu besteigen und abends um neun in einen Vergnügungspark zu gehen. Aber sie hatte solche Lust dazu!
Emily gab ihren Sehnsüchten nach. „Dann los!“
Am Automaten löste sie die Tickets und zog Marco mit sich zum Bug, wo der Wind an ihnen zerrte und die Gischt ihnen ins Gesicht sprühte.
„Die hat mehr Fahrt drauf als unser Dreimaster!“ Eine Bö riss ihm die Worte von den Lippen.
Wehmütig wandte Emily den Kopf und betrachtete noch einmal den herrlichen Großsegler. „Und ist längst nicht so romantisch.“
Marco legte einen Arm um ihre Schultern und drehte Emily zu sich herum. „Das können wir ändern.“
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, als er den Kopf senkte, berührte seinen lächelnden Mund mit den Lippen, ausgelassen und nur kurz. Aber es blieb nicht dabei. Sie küssten sich ein zweites Mal, diesmal etwas länger, und dann ein drittes …
Lust packte Marco, unerwartet und so heftig, dass er den Kuss unterbrach. Was war das für ein Zauber, wie hatte Emily ihn so schnell betört? Wenn er jetzt nicht aufhörte, würde er sie an sich reißen, und wer weiß, was dann passieren würde …
Bisher hatte er seine Gefühle immer im Griff gehabt, aber Emily mit ihrem süßen Lächeln und ihrer unbefangenen Art besaß plötzlich mehr Macht über ihn als alle erfahrenen Frauen in seinem Leben zusammen. Er musste sich zurückhalten, solange es noch möglich war.
Marco schlang die Arme um sie und blickte über ihren Kopf hinweg auf die Lichter, die wie eine Perlenkette die Hafenbucht säumten. Was tue ich hier? fragte er sich. In drei Wochen würde er Sydney verlassen. Wusste Emily, worauf sie sich bei ihm einließ? Vielleicht versprach sie sich mehr, als er ihr geben konnte. Und wenn nicht?
Emily schmiegte sich an die warme muskulöse Brust. Oh, was für Küsse! Mmmm. Schade, dass er aufgehört hatte. Aber es war besser so, sie musste vernünftig sein. Die empörte Stimme ihrer Mutter geisterte ihr durch den Kopf: „Das haben dein Vater und ich nicht verdient! Diese Schande! Du bist ein Flittchen!“ Emily hatte nicht verstanden, warum eine Nacht mit einem Jungen und ein geplatztes Kondom sie zu einem Flittchen machten. Nur Gran hatte sie getröstet und gesagt, sie sei keins.
Und in den letzten sechzehn Jahren hatte sie sich bestimmt nicht wie ein Flittchen aufgeführt. Natürlich war sie mit Männern ausgegangen, hatte sich küssen lassen – und es im Nachhinein bedauert. Jetzt wunderte sie nichts mehr, hatte doch keiner sie so geküsst wie Marco. Sie spürte, wie sein Griff sich lockerte, und löste sich widerstrebend aus seinen Armen.
Er strich über ihre Schultern, ließ die Hände dann abrupt sinken. Emily schob sich das Haar aus dem Gesicht, um ihn anzusehen. Marco wirkte ernst. Zu ernst.
„Ist alles in Ordnung?“ Oje. Vielleicht konnte sie gar nicht küssen, und jetzt war es ihm peinlich.
„Du küsst wie ein Engel.“
Heiß schoss ihr das Blut in die Wangen. Hatte sie ihre Gedanken etwa laut ausgesprochen? Da fuhr er mit einem schiefen Lächeln fort: „Es schien mir klüger, aufzuhören.“
„Oh … okay.“ Der Wind hatte ihr frech wieder die Haare vor die Augen getrieben, und sie strich sie beiseite. „Du bist auch nicht schlecht.“
Die Fähre hielt in Balmain East, legte wieder ab und tuckerte Richtung McMahon’s Point weiter. Marco und Emily sahen dem eifrigen Deckhelfer zu, wie er die Leinen vertäute und löste, um sich von dem abzulenken, was sie viel lieber getan hätten. Marco drückte ihre Hand, und sie erwiderte den Druck.
In Milson’s Point verließen sie das Schiff. Das riesige lachende Clownsgesicht am Eingang des Jahrmarkts lockte sie, sich der fröhlichen Menge, die auf das Gelände strömte,
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