Aerzte zum Verlieben Band 58
sie aus dem Krankenhaus entlassen wurde.
Gerührt bedankte sich Annie bei allen. Emily reichte sogenantes „Feenbrot“ herum, mit Butter bestrichene und mit bunten Zuckerstreuseln bestreute Weißbrotscheiben, und kleine Scones, Marmelade und Sahne. Sie war so stolz auf ihre Tochter, dass sie ein paar Mal nur mit Mühe die Tränen zurückhalten konnte.
Nur Marco fehlte. Auch Annie vermisste ihn. Mit trauriger Miene meinte sie, dass er wohl sehr viel zu tun haben musste.
Rosebud schlief die ganze Zeit, eingehüllt in warmes blaues Licht und begleitet von guten Wünschen.
Als alles aufgegessen und die Geschenke zusammengepackt waren und alle außer dem Intensivpersonal die Station verlassen hatten, setzte sich Emily auf den Stuhl am Bettchen ihrer Enkelin. Annie verbrachte den Rest des Nachmittags mit Rodney und würde erst später in das Zimmer zurückkehren, das das Krankenhaus den Müttern kranker Babys zur Verfügung stellte.
Und so war Emily allein.
Blicklos starrte sie auf das Bettchen, versuchte, nur das Piepsen und Zischen der Überwachungsgeräte zu hören. Aber durch ihre Gedanken spukte die letzte Unterhaltung mit Marco gestern Morgen.
Mit Tränen in den Augen betrachtete sie das energische kleine Kinn ihrer Enkeltochter, das unter dem Augenschutz hervorlugte. „Du erinnerst mich so sehr an deine Mutter“, flüsterte sie bewegt.
Annies Worte hallten wie ein Echo in ihrem Kopf wider. Ja, ich habe versucht, alles für sie zu tun, dachte Emily. Nur nachts gearbeitet, damit niemand sagen konnte, dass sie ihre alte Großmutter mit einem Kleinkind belastete. Jeden Gedanken an eine Beziehung beiseitegeschoben, damit bloß niemand dachte, sie sei eine schlechte Mutter. Vielleicht waren gar nicht die Männer, mit denen sie ausgegangen war, schuld, sondern sie selbst. Was hatte sie schon, dass ein Mann bereit war, um sie zu kämpfen? Oder hatte sie sie unbewusst abgeschreckt, weil eine Beziehung für sie nicht infrage kam? Wegen Annie?
Schritte näherten sich, und dann hörte sie Marcos Stimme, während er ihr seine große warme Hand auf die Schulter legte. „Hattet ihr eine schöne Party?“
Sie legte ihre Hand auf seine, spürte die Kraft der Finger, die so sanft sein konnten, wenn er ihre Haut liebkoste. Er ist gekommen, dachte sie erleichtert und plötzlich von einem schwindelerregenden Glücksgefühl erfüllt. Ohne sich umzudrehen, antwortete sie: „Annie war sehr traurig, dass du es nicht geschafft hast.“
Sein Griff verstärkte sich. „Nur Annie?“
„Rodney hat dich auch vermisst.“ Zum ersten Mal an diesem Tag regte sich Emilys Humor wieder.
„Ach, mein Freund Rodney.“ Marco zögerte einen Moment, dann nahm er die Hand weg.
Die Berührung fehlte ihr sofort. Am liebsten hätte Emily nach ihm gegriffen, aber da hatte er sich bereits abgewandt, um einen Stuhl zu holen.
„Darf ich?“ Als sie nickte, setzte er sich neben sie. „Du bist sehr gut zu Rodney.“
Bin ich das? fragte sie sich heimlich. „Er ist total lieb zu Annie. Wäre er das nicht, sähe die Sache anders aus.“
„Kann ich mir vorstellen.“ Er lächelte, und sie konnte nicht anders, sie musste sein Lächeln erwidern. Natürlich wusste sie so gut wie er, dass sie wie eine Löwin ihre Tochter beschützte. „Aber du wirfst ihm seine Familie nicht vor.“
Verwundert hörte sie einen verbitterten Unterton heraus. Wo kam das jetzt her? „Warum sollte ich?“
„An dem Tag, als du ihn kennengelernt hast, bin ich ihm im Flur begegnet. Vor Annies Zimmertür habe ich unfreiwillig mit angehört, wie Annie dir von Rodneys Bruder erzählt hat. Du warst entsetzt, dass er im Gefängnis gesessen hat.“
Emily hatte keine Ahnung, wo das Ganze hinführte, doch sie spürte, dass es Marco besonders wichtig war. Deshalb war es für sie auch wichtig.
Sie blickte ihm ins Gesicht, während sie nach der richtigen Antwort suchte. Es fiel ihr schwer, nicht ins Träumen zu geraten, sie hätte ihn die ganze Zeit einfach nur ansehen können.
„Das hat ja nichts mit Rodney zu tun“, sagte sie schließlich.
„Wieso nicht?“
„Warum sollte es? Ich habe nicht gefragt, aber er hat mir von sich aus erzählt, wie sein Bruder an die falsche Clique geriet und seinen Preis dafür bezahlte. Ich versuche, Menschen so zu nehmen, wie sie mir begegnen. Rodney sitzt nicht in der Klemme, ihm kann ich doch nichts vorwerfen. Er hat ein gutes Herz, und er liebt Annie und Rosebud offenbar wirklich.“ Emily zuckte mit den Schultern. „Natürlich sind
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