Aerzte zum Verlieben Band 58
die beiden noch sehr jung und tragen eine große Verantwortung. Aber sie entscheiden selbst, welchen Weg sie gehen.“
„Erwartest du, dass sie zusammenziehen?“
„Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Aber ich weiß, dass Rodney kein schönes Zuhause hat. Und er möchte Annie helfen und sich auch um seine Tochter kümmern. Wir werden sehen. Vielleicht erst mal an den Wochenenden.“
„Du bist sehr verständnisvoll.“
Nur bei ihm nicht. Emily fasste sich ein Herz. „Es tut mir leid, Marco, dass ich gestern so abweisend zu dir war. Du wirst mir fehlen.“ Sie lächelte und fuhr eine Spur zu fröhlich fort: „Und, wann fliegst du?“
Sie wirkt angespannt, dachte er. Oder bildete er sich das nur ein? „Morgen. Ich bin hier, um mich zu verabschieden.“
„Morgen.“ Das klang noch munterer – und völlig falsch in ihren Ohren. „Du hast dir nicht viel Zeit gegönnt, Sydney etwas besser kennenzulernen.“
Marco warf einen Blick auf Rosebud. „Das Wichtigste habe ich gesehen.“ Mit einem warmen Lächeln wandte er sich ihr wieder zu. „Und die wichtigsten Fahrten gemacht.“
Emily berührte ihn leicht am Arm, versuchte zu lächeln, obwohl ihr eher nach Weinen zumute war. „Wir hatten eine wunderschöne Zeit. Danke.“
Das ist dann das Ende, dachte er und unterdrückte das drängende Verlangen, ihr zärtlich übers Haar zu streichen, ihre Wange zu berühren … „Ich werde euch alle vermissen.“ Wie sehr, das überraschte ihn selbst. Ja, das passiert, wenn du dein Herz öffnest. Es tut weh, aber du hast es nicht anders verdient.
„Und wir dich.“
Sicher, für kurze Zeit schon. Doch bald würden sie ihn vergessen haben. Marco betrachtete das kleine Mädchen mit der großen Sonnenbrille. Er stellte sich vor, wie es kräftiger, aktiver wurde und anfing, die ersten Babylaute von sich zu geben … lauter zu schreien, sein Essen zu verlangen, seine Mutter zu erkennen. Seine Großmutter.
Der nächste Gedanke traf ihn wie ein Schlag in die Magengrube. Dieses winzige süße Kind würde ihn nie kennenlernen. Es zerriss ihm fast das Herz, dass er diese Frau, dieses Baby und seine Familie verlassen musste.
Marco stand auf, stellte den Stuhl an seinen Platz zurück und blickte ein letztes Mal zu Emily. „Leb wohl.“
Sie sah, wie er sich abwandte und ging. Hatte sie vorhin nicht gedacht, dass sie um ihn kämpfen sollte, so wie sie immer für Annie gekämpft hatte? Ihr Glück und vielleicht seins auch standen auf dem Spiel. Wollte sie es zulassen, dass er ein Flugzeug bestieg und sie ihn nie wiedersah?
„Marco?“
Er blieb stehen, und sie ging zu ihm. „Musst du wirklich weg?“
Marco straffte die breiten Schultern, blickte Emily jedoch nicht an. „Ja.“
Sie suchte seinen Blick. „Warum?“
„Ich kenne es nicht anders.“ Ein schmerzlicher Ausdruck glitt über sein sonnengebräuntes Gesicht. „Schon als Kind. Meine Familie ist oft nachts überstürzt aufgebrochen, um wieder einmal die Wohnung zu verlassen und in eine andere Stadt zu flüchten. Das sind meine ersten Erinnerungen überhaupt: hastig angezogen werden, die drohend geflüsterten Ermahnungen, still zu sein und ja keinen Laut von mir zu geben. Wir mussten uns verstecken, bevor jemand anfing, Fragen zu stellen.“
Er schluckte. „Solche Erinnerungen brennen ein Loch in deine Seele, das sich nie richtig schließt. Inzwischen sind meine Eltern tot, und ich habe mir geschworen, nie wieder dorthin zurückzukehren, wo mir blanke Verachtung und Abscheu entgegenschlugen. In Rodneys Alter hatte ich längst hingenommen, dass ich für die Töchter der anderen nicht gut genug war.“ Er hob den Kopf. „Auch für dich bin ich nicht gut genug.“
Nein, so durfte er nicht gehen! „Für mich bist du ein wundervoller Mann.“
„Ja, der wundervolle Dr. D’Arvello. Als Arzt bin ich gut. Aber du weißt nichts über meine Familie.“
Emily berührte seinen Arm, spürte durch den Kittel hindurch die angespannten Muskeln.
Marco hätte ihre Hand gern fest auf seinen Arm gepresst, um Emily zu zeigen, dass er sie nicht verlieren wollte. Er erkannte sich selbst nicht wieder. Noch nie hatte er einer Frau von seiner Vergangenheit erzählt.
„Deine Familie spielt für mich keine Rolle. Ich kenne dich, den Marco, der uns allen so viel bedeutet. Meine Familie liebt dich so, wie du bist. Weil du dich um andere sorgst, weil du stark bist, und weil du ein großes Herz hast.“
Sie hatte ja keine Ahnung. „Mein Vater …“
Sanft legte sie
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