Aerzte Zum Verlieben Band 59
konnte sich kaum erinnern, dass sie ihr Mineralwasser getrunken hatte.
„Einen Wein, bitte.“ Dann musste sie sich zwischen rotem und weißem entscheiden und tippte einfach auf einen Namen auf der Karte. Es war ihr egal, was sie trank, Hauptsache, sie musste noch nicht so bald wieder in die Wohnung zurück, in ein leeres Bett, ohne James.
Dabei hatten sie drei Monate getrennt geschlafen, und in der Zeit war sie jeden Abend in ein leeres Apartment gekommen …
„Ava!“ Mia und Luca hatten die Bar betreten und Ava sofort entdeckt. Sie waren gute Freunde, und sie hatte schon oft mit ihnen bei einem Drink oder einem Essen zusammengesessen. Doch jetzt schnitt es ihr ins Herz, sie zu sehen. Die beiden waren so verliebt ineinander!
„Wir haben gehört, was mit James ist“, begann Mia mitfühlend, als sie an ihren Tisch kamen.
Sie sollte froh sein, dass sie nicht so taten, als wüssten sie von nichts. Stattdessen wurde ihr Hals eng. Gleich würde sie anfangen, zu weinen, mitten in Pete’s Bar , wo alle sie sehen konnten!
„Ava …“ Mia legte ihr die Hand auf die Schulter, aber sie schüttelte sie ab und stand hastig auf.
„Lasst mich, bitte …“, brachte sie gerade noch hervor. Bevor sie sich abwandte, sah sie, wie Mia bedauernd kurz die Augen schloss. Wahrscheinlich machte sie sich Vorwürfe, dass sie mit der Tür ins Haus gefallen war. Aber das war nicht unsensibel gewesen. Sie hatte nur das getan, was jedem in einer solchen Situation geraten wurde: der Krankheit ins Gesicht sehen, darüber reden.
Aber Ava wollte nichts davon hören. Nie wieder! Ohne daran zu denken, das Wasser und den Wein zu bezahlen, verließ sie wie gehetzt den Pub.
Während sie nach Hause eilte, dachte sie an die Babys, die James mit einer anderen haben würde. Wie oft hatten sie sich zusammen vorgestellt, wie ihre Kinder aussehen würden – mit ihren bernsteinbraunen Augen und seinem dunkelblonden Haar oder grünäugig mit schwarzen Haaren. Aber jetzt passte sie nicht mehr ins Bild.
Verschwitzt betrat sie das Foyer von Kirribilli Views und fröstelte unter der kühlen Luft aus der Klimaanlage. Der Fahrstuhl ließ auf sich warten. Ihre Tränen nicht. Sie konnte nichts dagegen tun, dass sie ihr unaufhaltsam über die Wangen rollten. Ungeduldig drückte sie noch einmal auf den Knopf.
Erleichtert vernahm sie das feine „Ping!“, als der Aufzug hielt, und hastete in die Kabine, kaum dass die schweren Türen auseinanderglitten. Aber es wollte noch jemand mit und zwängte sich gerade noch zwischen den sich schließenden Türen hindurch. Avas Herzschlag hatte für einen Moment ausgesetzt, doch zum Glück war es nur Finn.
Und typisch Finn, ignorierte er sie einfach.
Auch er sollte morgen unters Messer, schlief aber heute Nacht, im Gegensatz zu James, zu Hause.
Avas Blick fiel auf die Flasche, die er sich wahrscheinlich gerade geholt hatte. Eine Schlaftablette wäre gesünder, dachte sie, aber das ging sie nichts an.
Keiner von ihnen nickte dem anderen grüßend zu. Keiner machte gute Miene zum bösen Spiel. Ava versuchte nicht, ihre tränennassen Wangen zu verbergen, Finn nicht die Flasche Schnaps in seiner Hand.
Beide wünschten sich nur sehnlich, dass der Lift sich endlich in Bewegung setzte. Jede Sekunde nagte an Avas Selbstbeherrschung, es fehlte nicht viel, und sie würde laut losschluchzen.
„Sieht so aus, als müssten wir laufen“, brach Finn das angespannte Schweigen, nachdem Ava verzweifelt alle Knöpfe gedrückt hatte.
„Scheint so“, stieß sie zwischen den Zähnen hervor.
Sie schob die Tür zum Treppenhaus auf, hielt sie aber nicht offen, was sicher gemein gegenüber Finn und seiner lädierten Schulter war. Aber Ava hielt sich nur noch mit Mühe aufrecht. Die Schultern nach vorn gezogen, den Kopf gesenkt, stieg sie Stufe um Stufe hinauf. Hinter sich hörte sie Finn, anscheinend entschlossen, sie einzuholen, um sich keine Blöße zu geben.
Am liebsten wäre sie losgerannt.
Ava wollte nur noch in ihre Wohnung, als die Tränen schneller flossen, aber ihre Beine schienen wie aus Blei zu sein. Sie packte den Handlauf, setzte einen Fuß vor den anderen, hörte Finn, der gleich neben ihr auftauchen würde … und plötzlich ging nichts mehr.
Es war kein physischer Schmerz, der sie im Griff hielt, doch er lähmte sie genauso stark.
„Lass mich“, schluchzte sie, als sie auf die Stufe sank, aber da war Finn auch schon an ihr vorbei. Flüchtig verspürte sie Dankbarkeit. Finn war sicher der einzige Mann, der es
Weitere Kostenlose Bücher