Aeternum
kleines Loch gut gebrauchen können. Aber natürlich war der Beton über seinem Kopf ausgerechnet an dieser Stelle beinahe makellos.
Im nächsten Moment erstarb das Knacken abrupt. Als hätte seine Bewegung ausgereicht, den dünnen Faden der Verbindung zu zerreißen.
»Karin?«
Keine Antwort.
Jul ließ das Handy sinken, begegnete Amandas fragendem Blick. »Ich glaube, Karin wollte mich vor etwas warnen. Sie hat irgendwas gesehen.«
Er wandte sich um, sah den Weg zurück, den sie gekommen waren. Vielleicht sollte er umkehren und seine Mitbewohnerin zurückrufen, sobald er wieder unter freiem Himmel war?
Amanda folgte seinem Blick. »Wenn, dann muss es etwas sein, das sie durch Überwachungskameras oder so gesehen hat.« Sie biss sich auf die Unterlippe. »Da es hier unten sicher keine mehr gibt, die noch funktionieren, heißt das, es ist irgendwo hinter uns. Irgendjemand verfolgt uns vielleicht. Wir sollten uns beeilen.«
Widerwillig richtete Jul den Blick nach vorn. Amanda hatte recht. »Dann los.«
Noch schneller als zuvor gingen sie auf die Tür zu, die in den Bunker führte.
*
Sie eilten die Treppe hinab und durch lange Gänge und Räume. Es war, als würde irgendetwas den Bunker vor den Auswirkungen der Katastrophe schützen, denn im Gegensatz zu dem Tunnel über ihnen wirkte er beinahe unversehrt. Nur hier und dort glaubte Jul sanfte Wellen an den Wänden zu sehen.
Diesmal gab es keinen niederen Dämon, der sie führte, und an einer T-Kreuzung blieb Amanda schließlich stehen, blickte unschlüssig nach rechts und links. »Irgendeine Ahnung, wo wir beim letzten Mal langgegangen sind?«
Auch Jul sah sich um. Die kahlen Gänge wirkten alle gleich. Er schloss die Augen, versuchte, sich die Details ihrer Flucht aus der Höhle in Erinnerung zu rufen. Sie konnten doch nicht daran scheitern, dass dieser Bunker mehr einem Labyrinth als einem sicheren Unterschlupf glich.
Kaum hatte er die blau erleuchteten Gänge aus seiner Wahrnehmung ausgeschlossen, drangen Geräusche an seine Ohren. Er riss die Augen wieder auf, spähte in den Gang, aus dem sie gekommen waren. Sein Herz schlug schneller. Karin hatte sie wirklich vor Verfolgern warnen wollen! Und sie waren ganz nah.
Alarmiert folgte Amanda seinem Blick. »Was ist?«
Jul legte einen Finger auf die Lippen, zog sich zur Wand zurück und bedeutete ihr, es ihm gleichzutun. Sobald er ihren Körper neben seinem spürte, erstickte er die Flammen seines Schwertes.
Dunkelheit legte sich wie eine Decke über sie.
Doch nicht lang, dann wurde sie erneut von blauem Licht vertrieben. Es flackerte hinter einer Biegung des Gangs, aus dem sie gekommen waren.
Jul zuckte zusammen, als sich Amandas Finger in seinen Arm gruben. »Dort!«
Er wandte den Kopf, entdeckte auch rechts von ihnen das Flackern blauer Flammen. Gehetzt blickte er in den letzten Gang, der ihnen noch offenstand. Erklang dort nicht auch das Geräusch von Schritten? Er packte das Schwert fester. »Wie steht es mit deiner Magie?«, flüsterte er.
»Sollte dank Krätschmer so gut funktionieren, wie es ohne Dämonenblut eben geht.« Sie stieß ein tonloses Lachen aus. »Zur Not musst du mich wieder anschießen.«
»Meine Pistole hat immer noch irgendein Dämon, und das Schwert hinterlässt deutlich größere Wunden. Außerdem kann ich dich nun nicht mehr heilen.« Die letzten Worte klangen heiser. Eilig schob Jul jeden Gedanken an die blutrote Hand beiseite, die zwischen Amandas Brüsten prangte.
»Verdammt!«
Das traf es gut. Hatten sie bloß Pech, mehreren Patrouillen auf einmal zu begegnen, oder wussten die Engel, dass sie hier nach ihnen suchen sollten? Hatte sie doch jemand gesehen? Die Kehle wurde ihm eng. Hoffentlich hatte zumindest niemand Muriels Verrat bemerkt.
Noch immer flackerte kein Licht im dritten Gang. Amanda deutete in die entsprechende Richtung, und Jul nickte. Es war ihre einzige Chance.
Sie lief voran, die Schritte kaum hörbar auf dem Betonboden. Was für ein Glück, dass ihn das Schicksal ausgerechnet mit einer ehemaligen Einbrecherin zusammengeführt hatte.
Sie eilten den Gang hinunter, so schnell und leise wie möglich. Amanda bog um die nächste Ecke, die zumindest für den Moment Sicherheit versprach. Jul war ihr dicht auf den Fersen, tauchte nach ihr in die vollkommene Dunkelheit des Gangs. Er wurde langsamer, streckte die Hand aus und ertastete eine warme Schulter. Sie zuckte zusammen, entspannte sich jedoch gleich darauf wieder.
»Noch eine Biegung«, raunte er ihr zu.
Weitere Kostenlose Bücher