Aeternus - Eisiger Kuss: Roman (German Edition)
und trat auf die nächste Blüte zu. Sie war blau – ein echtes Blau, nicht malvenfarben oder purpurn wie manche anderen Rosen, die als Blau bezeichnet wurden. Die äußeren Blütenblätter hatten eine kräftige, tiefe Mitternachtsfarbe, die nach innen zu verblüffendem Kobalt wechselte.
»Ist das nicht großartig?«, fragte Lucian.
»Ja«, flüsterte sie und tastete mit Ehrfurcht nach der Blume. »Das ist das Schönste, was ich je gesehen habe.«
»Ich nenne sie Elisabetha.« Zärtlich streichelte er die Blätter. »Nach meiner verstorbenen Mutter.«
»Verstorben?«
»Ja. Sie ist gestorben, als ich noch ein Junge war.«
»Das tut mir leid.« Antoinette berührte ihn sanft am Arm und verstand nun die Trauer in seinem Blick.
»Die Lieblingsblume meiner Mutter war die Rose, und ihre Lieblingsfarbe war Blau. Daher habe ich mich viele Jahre lang abgemüht, ihr zu Ehren diese perfekte blaue Rose zu züchten.«
Antoinette ging um den Strauch herum und betrachtete die noch geschlossenen Knospen zwischen den Blüten. Mit ihren neuen Augen, den Aeternus-Augen, erkannte sie die Perfektion besser, als es jeder Mensch konnte. Sie beugte sich vor und atmete den ungewöhnlichen, leicht würzigen Rosenduft ein.
»Hier.« Lucian brach eine Blüte ab, die sich erst kürzlich geöffnet hatte.
Sie griff danach und hatte beinahe Angst, solche Schönheit zu berühren.
»Autsch!«, rief er, als sie die Blume ergriff. »Ich hätte sie wegzüchten können, aber was ist Schönheit ohne Dornen wert?«
Ein winziger Blutstropfen erschien auf seinem Finger.Das Blut war kaum zu sehen, aber Antoinettes geschärfte Sinne bemerkten es sofort. Der satte Kupfergeruch überlagerte alles andere, während die kleine rote Perle größer wurde. Ihr Mund wurde trocken, und die Kehle zog sich zusammen. Sie war so besessen von dem kleinen Tropfen, dass sie ihre ausgefahrenen Fangzähne erst bemerkte, als sie sich damit auf die Lippe biss.
Blut perlte über ihre Zunge. Sie kauerte sich nieder, und ein Knurren rasselte in ihrer Brust. O Gott, dieser Duft ! Sie musste davon kosten.
Lucian steckte sich den Finger in den Mund, und Antoinette schloss die Augen, während sie fantasierte, wie sie seine Hand ergriff und die Zähne in die Pulsader schlug. Seine Kehle pulsierte vor unbändigem Leben, und ein Zischen drang über ihre Lippen, als sie sich fragte, wie er wohl schmeckte. Sie wollte es herausfinden.
Unsicherheit kroch in seinen Blick. »Antoinette?«
Sie kauerte sich noch tiefer. Etwas in ihrem Kopf schrie danach, den Nektar kosten zu wollen, der durch seine Adern floss. Sie hörte das Pumpen seines Blutes, roch seine köstliche Angst. Ihr ganzer Körper pulsierte vor Verlangen, sich in seine Kehle zu verbeißen und an das rote Gute unter seiner heißen Haut zu gelangen.
»Antoinette, hören Sie auf damit«, befahl er, und ihr Kopf zuckte unter einer heftigen Ohrfeige zur Seite.
Der Schmerz war kaum zu spüren, er war nicht mehr als eine sanfte Berührung, reichte aber aus, um den roten Nebel aus ihrem Kopf zu vertreiben.
»Es tut mir so leid«, weinte sie und ließ den Kopf hängen. »O Gott, ich hätte Sie töten können, Lucian.«
»Sie müssen Ihr Verlangen beherrschen. Sie müssen sich nähren.« Er öffnete die Tür.
Nach wenigen Sekunden richtete sich Antoinette wieder auf und folgte ihm durch das Konservatorium undden Garten ins Haus, wo Lucian sofort nach einem Dienstmädchen klingelte.
»Bring das besondere Mahl, das ich für Miss Petrescu habe vorbreiten lassen«, sagte er zu dem Mädchen, als es erschien.
Kurze Zeit später kehrte es mit einem Tablett zurück, auf dem ein Kristallglas sowie eine dazu passende Karaffe mit einer tiefroten Flüssigkeit standen. Bei dem Gedanken, dieses Blut zu trinken, drehte sich Antoinette der Magen um. Es war, als befänden sich tausend Würmer darin – bis das Dienstmädchen den Stöpsel von der Flasche nahm.
Ein köstlicher, schwerer Duft erfüllte die Luft, besser als Wein, besser als alles, was Antoinette je gerochen hatte. Sie seufzte, schloss die Augen und atmete das wunderbare Aroma ein, wobei ihr das Wasser im Munde zusammenlief.
Der Gaumen ihres Oberkiefers kitzelte, und sie berührte ihn mit der Zunge. Diesmal hielt sie ihre Sinne unter Kontrolle. Sie spürte, wie ihre Fangzähne gegen den Gaumen stießen und dort hinunterglitten, wo die inneren Schneidezähne die äußeren berührten. Sie hatte erwartet, dass es wehtat, spürte aber keinerlei Schmerz. Es war sogar ein recht
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