Aeternus - Eisiger Kuss: Roman (German Edition)
verfolgt den Mörder. Würden Sie das nicht tun, wenn Sie an seiner Stelle wären?«
Sie hatte recht.
Antoinette hielt den Kopf schräg. »Sie mögen mich nicht besonders, oder?«
»Ich habe keine persönliche Meinung zu Ihnen«, erwiderte er, zog ein letztes Mal an seiner Zigarette, warf sie zu Boden und zerdrückte den Stummel mit dem Stiefel. »Ich vertraue Ihnen bloß nicht, weil Sie mich schon einmal angelogen haben.«
Sie runzelte die Stirn. »Wann?«
»Letzte Nacht, während des Verhörs.«
Ihr Blick flatterte in eine andere Richtung, genau wie in der vergangenen Nacht. »Was haben Sie hier überhaupt zu suchen?«, fragte sie.
»Ich bin gerade vorbeigekommen, als ich es im Polizeifunk gehört habe.«
Sein Handy klingelte. Dylans Nummer erschien auf dem Display. »Ja?«
»Es hat ein weiteres Mädchen erwischt, ganz in deiner Nähe übrigens. Dasselbe Profil, allerdings ist es keine Fanghure, sondern hat Geld, und deswegen ist die AGV nicht eingeschaltet worden.«
»Wo genau?«
20 DER TATORT
»Das Mädchen wurde vor wenigen Minuten im Red-Hook-Distrikt entführt.« Die körperlose Stimme kam so laut durch das Handy, dass Antoinette mithören konnte. »Sie war mit ein paar Freunden dort und auf Abenteuer aus. Er könnte es gewesen sein.«
»Ich bin nur fünf Minuten entfernt. Wie lange brauchst du, um dorthin zu kommen?« Oberon drehte sich um und ging weg.
Aber Antoinette hatte genug gehört. Dante hatte sich ein weiteres Opfer geholt, und Oberon wusste, wo. Sie griff in ihre Tasche und fand Christians Autoschlüssel.
»Komm, mein Junge«, sagte sie zu Cerberus.
Der Wagen stand außerhalb der Zone, die von der Polizei abgesperrt worden war, und alle waren so beschäftigt, dass niemand bemerkte, dass Antoinette ging.
Zuerst ließ sie Cerberus ins Auto springen, und er kletterte sofort auf den Beifahrersitz, als wollte er genauso schnell von hier wegkommen wie sie.
Antoinette drehte den Zündschlüssel um und wartete darauf, dass Oberon auf sein Motorrad stieg.
Als er losfuhr, folgte sie ihm so dichtauf, dass sie ihn nicht verlieren konnte, ließ aber genug Abstand, um nicht aufzufallen.
Er führte sie durch die Straßen der Stadt hinunter zum Wasser. Die anderen Opfer waren ebenfalls im Distrikt von Red Hook gefunden worden.
Er war es. Angst und Erregung kämpften in ihremBauch um die Oberhand. Diesmal hatte sie einen Vorteil, denn sie jagte ihn, anstatt von ihm gejagt zu werden.
Regen setzte ein; die schweren, dicken Tropfen nahmen ihr fast die Sicht. Als Oberon in eine schmale Einbahnstraße einbog, verpasste sie die Abzweigung. Antoinette hielt am Straßenrand.
In diesem Industriebezirk der Stadt waren die Straßen leer. Sie wendete, fuhr zurück, schaltete das Licht aus und hielt gegenüber der Einmündung an. Oberon war von seiner Maschine gestiegen, lehnte sich gegen sie und wartete – vermutlich auf seinen Partner.
Sie öffnete das Handschuhfach und nahm ihre Pistole heraus, die sie vor einiger Zeit dort hineingelegt hatte – für alle Fälle. Jetzt war sie froh darüber. Antoinette betrachtete ihre nackten Füße. Die hochhackigen Schuhe, die sie getragen hatte, wären jetzt kaum geeignet gewesen, auch wenn sie sie nicht bei Viktors Leiche zurückgelassen hätte. Sie schluckte ihre Trauer hinunter. Später.
Natürlich hatte sie nicht daran gedacht, ein Reservepaar mitzubringen; das war jetzt nicht mehr zu ändern. Hinter Oberon hielt ein Wagen.
Cerberus richtete sich auf und stellte die Ohren hoch.
»Bleib hier!«, sagte sie.
Der Hund jaulte kurz, legte sich wieder hin und hob eine Braue. Offenbar fand er ihren Befehl gemein.
»Guter Junge.« Sie kraulte ihm den Kopf und kletterte aus dem schönen trockenen Wagen in den strömenden Regen hinaus.
◀ ▶
Dylan stieg aus dem schwarzen Jeep Wrangler, überprüfte seine Waffe und steckte sie in den Schulterhalfter. »Die Polizei hat einen Anruf von einem Zeugen erhalten, der gesehen hat, wie eine Frau in diese Gasse gezerrt wurde.«
»Dann sollten wir uns beeilen. Der Schlitzer mag sich zwar Zeit lassen, aber wir haben diesen Luxus nicht.« Oberon wischte sich das Regenwasser aus dem Gesicht. »Zeit, auf die Jagd zu gehen.«
»Glaubst du, dass er noch in der Nähe ist?«, fragte Dylan, während ihm der Regen die Locken an die Wange klebte.
»Ich habe keine Ahnung.« Oberon drehte sich zu seinem Partner um. »Wir können es nur hoffen.«
Der Regen ließ nach, während sie die Gasse entlanggingen, aber der Boden
Weitere Kostenlose Bücher