Aeternus - Sanfter Tod: Roman
verdeckte die Fährte ihrer Beute.
Ein fetter, glatzköpfiger Mann saß hinter dem Tresen der Portiersloge und las Zeitung. Schweißringe und andere Flecken bedeckten sein einstmals weißes Unterhemd.
»Wohin ist er gelaufen?«, fragte sie.
Der fette Mann beachtete sie nicht.
»Haben Sie mich nicht verstanden?« Sie senkte die Stimme. »Oder sind Sie einfach nur dämlich?«
Ein lachender Aeternus trat durch die Vordertür desHotels; an seinem Arm hing eine Fanghure. Er schaute auf, bemerkte Antoinette und schien sich plötzlich daran zu erinnern, dass er eine dringende Verabredung anderswo hatte. Es war nicht illegal, sich an einer willfährigen Menschenfrau zu nähren, es sei denn, es ging darum, Blut zum Stacheln zu erhalten. Und diese Fanghure war eindeutig eine Stachlerin.
»Verpiss dich, Cop. Du verscheuchst mir die Kunden«, murmelte der Portier und blätterte seine billige Zeitung um. »Komm zurück, wenn du einen Durchsuchungsbefehl hast.«
Antoinette stieß die Faust durch die neueste Schlagzeile über irgendwelche Stars und packte den unverschämten Dreckskerl am Hals. »Wer zum Henker hat hier gesagt, ich wäre ein Cop?«
Die Augen des Fetten hüpften fast aus den Höhlen.
»Ich bin hinter einem verrückten Drenier her, der vor kaum zwei Minuten hier durchgelaufen ist. Du sagst mir jetzt, wo er steckt, oder ich reiße dir deinen verdammten Kopf ab und benutze das Blut, um ihn herauszulocken. Klar?«, zischte Antoinette durch zusammengebissene Zähne.
Er riss die Augen auf und richtete den Blick auf ihre ausgefahrenen Fangzähne. Sein Atem stank, und sein ekelhafter Körpergeruch reizte sie zum Erbrechen, doch das war ihr in ihrer neuen Gestalt leider nicht mehr möglich. Trotzdem brachte sie ihr Gesicht näher an ihn heran.
»Eigentlich könnte ich mir selbst einen Bissen genehmigen.« Sie beschnüffelte seine Wange. »All die Angst, die du ausstrahlst, macht dich ziemlich … lecker.« Sie bekämpfte den Brechreiz. Sie war zwar nicht mehr in der Lage, etwas zu erbrechen, aber ihr konnte sich immer noch der Magen umdrehen.
Sie fuhr sich mit der Zungenspitze über einen ihrer Fangzähne. Seine von Panik erfüllten Augen wurden noch größer.
Antoinette lächelte. »Eigentlich pflege ich mich nicht selbst zu bedienen, aber diesmal könnte ich eine Ausnahme machen.«
»Das ist illegal«, krächzte er.
Der Geruch nach warmem, frischem Urin stach ihr in die Nase, und sie senkte den Blick zu dem größer werdenden feuchten Fleck im Schritt seiner Arbeitshose.
»Genau wie das Beherbergen von Dreniern«, sagte sie.
Sein Blick flog zu einer Treppe, die halb von künstlichen Pflanzen verdeckt wurde. Das war die Antwort, die sie brauchte. Sicherheitshalber riss sie die Telefonschnur aus der Wand.
»He … da… da… das …« stammelte er.
Sie stieß ihn zurück. Der Stuhl ächzte unter seinem Gewicht. Sie rannte die Treppe hinunter und blieb an ihrem Ende stehen. Ohne den starken Gestank oben war nun der Geruch des Dreniers deutlich wahrzunehmen; er war sowohl abgestanden als auch frisch, und überdies bemerkte sie eine Duftspur von menschlichem Blut. Ihre Beute war eindeutig hier vorbeigekommen.
Die Spur des Dreniers führte in das linke der beiden Zimmer im Untergeschoss. Als sie den Todesschweiß roch, würgte Antoinette. Selbst als Mensch hätte sie keine Schwierigkeiten gehabt, dieses Dreniernest zu riechen. Offenbar waren sie recht lange hier gewesen.
Für diese wahnsinnigen Karikaturen der Aeternus gab es weder einen Prozess noch eine Gefängnisstrafe. In der Zeit kurz nach dem Abschluss des RaMPA-Abkommens hatte die Venatoren-Gilde versucht, die Drenier vor Gericht zu stellen, aber das hatte den Abstieg dieser Geschöpfe in den Irrsinn bloß forciert. Ohne ihren Todesrausch, den sie sich bei den Menschen holten, neigten sie dazu, übereinander herzufallen oder gar sich selbst zu verstümmeln. Da es keine Heilung für Nekrodrenie gab, war es das Beste und Gnädigste, sie auszuschalten. Sofort.
Nur ein lizenzierter Venator oder ein Agent, der für das Dezernat für Paramenschliche Sicherheit arbeitete, durfte Drenier jagen, und Antoinette war offiziell keines von beidem. Die Gilde hatte ihre Erlaubnis eingezogen, als sie vor das Tribunal getreten war und dieses der Korruption angeklagt hatte. Ach, verdammt. Er hatte getötet und würde wieder töten.
Sie war jetzt hier, genau wie er. Der Bastard gehörte ihr, ob sie eine Lizenz hatte oder nicht.
Nach einem heftigen Tritt schwang die
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