Aeternus - Sanfter Tod: Roman
Einige Straßen weiter bog sie unvermittelt nach links ab, ohne vorher geblinkt zu haben. Zum Glück waren die Straßen beinahe leer.
Der Geländewagen bog ebenfalls ab, hielt aber noch immer großen Abstand. Nun war sie sich ziemlich sicher, dass er ihr folgte. Richtig. Zeit, ihn abzuschütteln. Sie war nicht umsonst die Schwester eines Agenten und hatte zumindest den einen oder anderen Fahrtrick gelernt.
Nachdem sie wieder einmal an einer Kreuzung nach rechts gefahren war, drückte sie das Gaspedal durch, bog nach links und erneut nach rechts ab und setzte dann rückwärts in eine Einbahnstraße. Kaum eine Minute später fuhr der schwarze Geländewagen an ihr vorbei, ohne sie bemerkt zu haben. Sofort fuhr sie auf dem Weg, den sie gekommen war, nach Hause zurück und suchte immer wieder im Rückspiegel nach ihrem Verfolger.
Sie parkte auf ihrem Platz in der Nähe des Hauses und schulterte ihre Tasche. Einige Schritte von der Haustür entfernt fuhr plötzlich der schwarze Geländewagen an den Bordstein, und ein großer Mann mit Sonnenbrille und in dunklem Anzug sprang heraus und versperrte ihr den Weg.
Sie erkannte ihn sofort an dem kurz geschnittenen, tigerartig orange und schwarz gefärbten Haar und der keltischen Stammestätowierung auf der rechten Wange. Es war einer der Tiger-Zwillinge, entweder Jericho oder Joshua; sie wusste es nicht genau. Sie waren die einzigen identischen Zwillinge in der Schar gewesen, bis Kitt ihre Zwillinge geboren hatte.
»Ihr Vater will mit Ihnen reden, Miss Kathryn«, sagte er. Seine Augen waren vollständig hinter der Sonnenbrille verborgen.
»Ich heiße Dr. Jordan. Hat er noch nie etwas von einem Telefon gehört?« Es war typisch für Tyrone, dass er sie auf diese Weise vorlud .
»Entschuldigung, Madam«, sagte er. »Aber das müssen Sie den Alpha selbst fragen. Bitte steigen Sie in den Wagen.«
Der Geländewagen war in der Tat derjenige, der ihr vorher gefolgt war. »Hätten Sie mich nicht in der Akademie ansprechen können, statt mich zu Tode zu erschrecken?«
Die dunkle Brille machte es schwierig, seine Stimmung einzuschätzen, vor allem weil sein Gesicht wie versteinert wirkte. »Uns wurde nur befohlen, dort über Sie zu wachen.«
»Über mich zu wachen? Warum sollte ich das nötig haben?«
»Auch das müssen Sie mit dem Alpha besprechen.« Er deutete auf die rückwärtige Tür, die er gerade aufhielt. »Bitte, Madam. Kommen Sie mit uns.«
Ihr blieb keine andere Wahl. Wenn sie sich weigerte, in den Wagen zu steigen, würden sie mit Zwang dafür sorgen. Also gehorchte sie, und nachdem er die Tür geschlossen hatte, umrundete er das Fahrzeug und setzte sich neben sie.
Der Fahrer schaute in den Rückspiegel und begrüßte sie mit einem knappen Kopfnicken, bevor er losfuhr. Seine Tätowierung, die mit der seines Bruders identisch war, befand sich im Spiegel auf der linken Wange. Die Zwillinge schwiegen während der gesamten Fahrt durch die Stadt, bis sie schließlich vor dem Plaza-Hotel anhielten. Ihrem Vater gefiel die Atmosphäre dieses historischen Gebäudes, und er benutzte es vor allem dann, wenn er andere beeindrucken wollte. Aber sie war niemand, den er zu beeindrucken versuchte. Sie war bloß eine kleine Störung – ein Ärgernis, um das er sich kümmern musste.
Der Portier öffnete die Tür des Geländewagens,streckte die Hand aus und half Kitt aus dem Auto. Sie lief über den roten Teppich und betrat das wunderschöne Marmorfoyer, während die Zwillinge dicht hinter ihr folgten. Das letzte Mal war sie hier gewesen, als sie sich um den Mord an zwei Fanghuren gekümmert hatte.
Der Aufzug erschien ihr ziemlich klein. Sie wich in die hinterste Ecke zurück, während die Tiger-Zwillinge vor ihr standen.
»Warten Sie auf den nächsten«, knurrte einer der Brüder, als ein gut gekleidetes älteres Paar einzusteigen versuchte.
»Wir können ohne weiteres noch ein paar Minuten warten.« Der Mann zog seine Frau ein paar Schritte zurück.
»Aber Henry …«, ereiferte sie sich.
»Halt den Mund, Mavis. Was machen denn ein paar Minuten aus?«
Ein weiser Mann, dieser Henry. Er erkannte Schwierigkeiten offenbar sofort.
Als sich die Türen des Aufzugs wieder schlossen, rutschte ihr das Herz in die Hose. Es war einige Jahre her, seit sie ihren Vater zuletzt gesehen hatte, und damals war er wütend und enttäuscht gewesen – nicht weil sie ihm getrotzt hätte, sondern weil sich Dylan auf ihre Seite geschlagen und Vater gezwungen hatte, sie beide zu verbannen. Als
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