Aetherhertz
nicht verärgern, Vater.“
„ Was willst du damit sagen?“
„ Nun, ich sehe, dass du es bist, verärgert. Wir beide ...“
Sein Vater unterbrach ihn: „Uns beide gab es nie.“ Das kam überraschend.
„ Warum eigentlich nicht?“, fragte Paul vorsichtig.
„ Nun, es war von Anfang an schwierig.“
„ Warum?“ Er wollte es heute nicht dabei belassen. So eine Gelegenheit kam so schnell nicht wieder.
Sein Vater wand sich: „Naja, da gab es so Frauenkram. Du warst schwach, und kränklich, deine Mutter hat viel geweint und geschlafen, dann kam ihre Schwester. Die hat dann das Regiment geführt. Immer sind sie um dich herum gewesen und haben dich betüddelt und behütet und dann waren da Ärzte und haben behauptet, du wärst krank ...“ Peter Falkenberg sah nachdenklich in seine Tasse.
„ Ich wurde nicht gebraucht und bin lieber arbeiten gegangen. Sie wurde mir fremd, du bliebst mir fremd. Ich musste mir meinen zweiten Sohn schwer verdienen, glaub mir, das war nicht leicht.“
Paul wollte da nicht drüber nachdenken. Er hatte eine vage Ahnung, was vorgegangen war.
„ Sie hat sich überhaupt nicht für Friedrich interessiert. Wir hatten dann ein Kindermädchen. Aber dich hat sie immer allein versorgt. Sie wollte immer nur für dich da sein.“
Das klang verbittert. Paul wünschte sich jetzt ein bisschen, er hätte nicht gefragt. Aber er hatte einen Schritt aus dieser Welt heraus gemacht, und musste, um sich gänzlich lösen zu können, einige Wahrheiten ertragen.
„ Sie macht sich Sorgen um dich“, sagte Peter Falkenberg und sah ihn das erste Mal richtig an.
Paul war nachdenklich: “Sie kennt Annabelle nicht.“
Sein Vater nickte: “Ja, sie macht mich wahnsinnig mit ihren Fragen. Sie spekuliert und plant und weint ...“
„ Sie müssen sich kennenlernen.“
„ Kommt doch zum Essen. Am Besten schon heute Abend, dann hat sie nicht so viel Zeit, sich verrückt zu machen.“
Paul stimmte überrascht zu. Das war ein gewaltiger Schritt für seinen Vater! Über seine Mutter wollte er nicht nachdenken. Jetzt musste er nur noch Annabelle überreden.
* * *
Dr. Karl Burger und Wilhelm Scharenburg hatten sich zum Essen getroffen. Sie rauchten nun zusammen eine Zigarre. Das Klubhaus des Freizeitertüchtigungsvereins war ein beliebter Treffpunkt für Männer und Frauen – selbstverständlich zum Teil nach Geschlechtern getrennt. Es gab verschiedene Sportangebote, Golf, ein Schwimmbad, eine Sauna und mehrere Tennisplätze. Der Sport war aus England hierher gekommen und bei Männern und Frauen gleichermaßen beliebt.
Man konnte hier eine Menge Baden-Badener Oberschichtmitglieder treffen, in einer zwanglosen Atmosphäre.
„ Und – werden sie es tun?“, fragte Scharenburg schließlich. Er sprach über den Plan, Friedrich und Johanna in den Adlerhorst zu schleusen.
„ Ich weiß es nicht. Ich bin immer noch nicht überzeugt von der Nützlichkeit des Plans, verglichen mit der Gefährlichkeit.“
Scharenburg nickte. „Der junge Falkenberg hat einiges zu verlieren.“
Karl Burger sah sich um. Lauter weiß gekleidete Menschen, die lachten, sich wohlfühlten, entspannt waren, nach dem Sport etwas aßen und tranken und plauderten. Oberschichtmitglieder, die sich so etwas mitten am Tag und unter der Woche gönnen konnten. Da fiel ihm jemand auf.
„ Ist das dort … das Gesicht, kommt mir bekannt vor … ist das nicht Gustav Wissel, den kenne ich noch aus Ost-Afrika ...“ Scharenburg folgte Burgers Blick und nickte.
„ Der Wissel ist heute General im Kriegsministerium“, wusste Scharenburg. „Ein einflussreicher Mann. Soweit ich weiß, auch irgendwie für den Adlerhorst zuständig. Vielleicht sollten wir uns mal mit ihm unterhalten.“
Karl stand kurz entschlossen auf und ging zu dem Mann hinüber. Gustav Wissel war in weiß gekleidet, wie es sich für einen Tennisspieler gehörte. Seit Karl ihn das letzte Mal gesehen hatte, waren seine Haare recht spärlich und grau geworden, und er trug eine Brille, aber er hatte immer noch diese Virilität eines jungen Mannes.
„ Was machen die Askaris denn ohne ihren Kommandeur?“, fragte Burger den Mann durch seine Zeitung hindurch. Der ließ seine Lektüre raschelnd sinken und sah ungläubig darüber hinweg.
„ Karl?“
„ Gustav, du Schrecken der Einheimischen!“
Die beiden Männer umarmten sich. Karl bat Gustav an seinen Tisch. Der begrüßte auch Scharenburg, die beiden brauchten nicht vorgestellt zu werden.
„ Was hat dich aus Afrika
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