Aetherhertz
schoss noch einmal auf einen feindlichen Mann, der schreiend zu Boden ging und sein Bein festhielt.
Das Luftschiff war schon zu etwa einem Drittel aus dem Hangar. Friedrich konnte sehen, dass draußen das Schneetreiben dichter geworden war, und sich eine Menge Menschen und andere Wesen herum trieben. Er konnte kaum erkennen, wer hier gegen wen kämpfte, es waren so viele Personen hier! Das konnten nicht nur die 20 Mann sein, die er mit nach oben gebracht hatte. Einige von denen waren sicher verwundet oder getötet worden. Was war hier los? Ihm fiel eine Gruppe Soldaten auf, die jemanden in ihrer Mitte beschützten und sich auf das Luftschiff zu bewegten. War das Depuis? Die Gestalt war aber zu stark vermummt, um sie zu erkennen.
Er wollte sich gerade von der Wand lösen und einen Vorstoß wagen, als ihn ein Pferd beinahe umrannte. Mit klappernden Hufen und einem lauten Schrei stieg es vor ihm hoch – es war kein Pferd, viel mehr ein menschlicher Torso mit Pferdekörper – ein Zentaur?!
Friedrich fiel zurück an die Felswand und erkannte, dass viele der Gestalten auf der Plattform Verdorbene waren. Hier gab es Wesen, die er noch nie gesehen hatte, mit Fell und Klauen, mit Hufen und Mähnen, mit Flügeln und Schnäbeln. Sie kämpften gegen die Soldaten und an vielen Stellen lagen Verwundete beider Seiten. Schneeflocken landeten auf rotem Blut.
Ein lautes Rattern ließ ihn unwillkürlich den Kopf einziehen: Das Greifenschiff breitete seine Flügel aus! Wo waren Annabelle und Paul? Der Schnee wirbelte vor seinen Augen und er konnte sie nicht erkennen. Fast blind wollte er loslaufen, da fiel ihm etwas ein. Er kauerte sich nieder und nahm seinen Rucksack ab.
Paul kletterte gerade rechtzeitig über den Flügel, bevor dieser sich entfaltete. Er hatte Schwierigkeiten gehabt, die elektrischen Leitungen zu überwinden, die den Æther in Schach hielten. Weiter vorne konnte er Annabelle erkennen, die die Kanzel fast erreicht hatte. Was hatte sie vor? Sie musste wahnsinnig geworden sein. Er erlaubte sich einen kurzen Blick nach unten. Auf der Plattform waren eine Menge Gestalten, die sich bekämpften. Schüsse fielen und man hörte die Schreie von Verwundeten. Das Rattern der Flügel, die bald ihre volle Spannweite erreicht hatten, übertönte nun alles. Er wusste, dass die Flügel von unten wie eine filigrane Konstruktion aus Holz und Metall aussahen, viel zu dünn um das riesige Schiff zu tragen. Aber die Streben waren nur da um die elektrischen Konduktoren zu tragen, die, wurden sie eingeschaltet, den Æther zu einem Kissen unter ihnen formen würden. War genug Æther unter den Flügeln, erhob sich das Schiff.
Leider waren die Streben von Nahem nicht mehr so filigran und ohne eine schwere Axt würde er sie nicht zerstören können.
Er kletterte weiter nach vorne. Es war die einzige Möglichkeit.
Annabelle erreichte die Kanzel. Sie konnte hineinsehen, aber sie interessierte sich nicht für all die Instrumente und Hebel, Knöpfe und Anzeigen. Sie blickte Hartmann direkt in die ungläubig geweiteten Augen. Ihre linke Hand berührte die Scheibe und sie fühlte sofort eine Verbindung. Informationen über das Glas flossen ihr zu, wie es hergestellt wurde, seine Zusammensetzung, seine Eigenschaften. Es war stark, es war fest, man hatte sorgfältig nur die reinsten Rohstoffe benutzt, hatte die Schmelze peinlich genau kontrolliert und keine Fehler zugelassen.
Aber sie lachte in sich hinein. Hier oben, vom eisigen Wind gepeitscht, flogen ihr die Haare und die Schneeflocken um die Ohren aber sie war siegessicher. Sie drehte den Strom an Informationen um und spürte befriedigt, wie der Æther, der durch ihre Hand pulsierte, auf das Glas einhämmerte, es schwächte, brüchig machte. Plötzlich bildeten sich Risse, wie auf einer zerbrechenden Eisfläche zuckten sie von ihrer Hand aus in alle Richtungen, und als sie die Hand von der Scheibe nahm und mit dem Ellenbogen gegen das Glas schlug, zerbarst es klirrend und knirschend.
Sie sah, dass Hartmann mit einer Pistole auf sie zielte, aber sie hatte keine Angst.
Paul beobachtete ungläubig, wie Annabelle die Scheibe der Kontrollkanzel zerstörte. Er wusste, wie fest solches Glas war, und sie schien es mühelos zu zerbrechen. Durch den wirbelnden Schnee konnte er nicht erkennen, was in der Kanzel geschah. Er kletterte näher und erkannte Hartmann, der mit einer Pistole auf Annabelle zielte. Er wollte seine eigene Waffe ziehen, aber er würde nicht schnell genug
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