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Aethermagie

Titel: Aethermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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fürchten«, holte die sanfte Stimme des Professors sie aus ihren Gedanken. »Hier sind Sie in Sicherheit.«
    Kato sah ihn an, und was sie in seinem Gesicht las, beruhigte die schrille Stimme der Furcht in ihrem Inneren. »Danke«, sagte sie.
    Er nickte, ohne ihr Lächeln zu erwidern. »Kommen Sie, Fräulein von Mayenburg. Ich zeige Ihnen den ungefährlichen Teil der Einrichtung.« Ein kurzes Zwinkern entschärfte die Aussage ein wenig, aber Kato fuhr doch zusammen.
    Charcot nahm ihren Arm. »Wir sind die fortschrittlichste Institution dieser Art im gesamten Kaiserreich und weit über seine Grenzen hinaus«, erklärte er. »Zu uns kommen Nervenärzte aus der ganzen Welt, um sich Anregungen zu holen oder sich fortbilden zu lassen.« Er führte Kato durch einen schmalen, mit Linoleum ausgelegten Gang, in dem es scharf nach Reinigungsmitteln roch, während er weiter seinen Vortrag hielt, dem Kato nach einer Weile nicht mehr zuhörte. Sie sah sich um. Es war ein großzügiges, altes und schönes Gebäude, das die Anstalt beherbergte. Aber wie schon in der Eingangshalle war alles hier drinnen abgenutzt und verwohnt, ein wenig schäbig und recht düster. Das sah nach allem aus, aber nicht nach Fortschritt, dachte sie.
    Der Professor öffnete die Tür zu einem Zimmer, das mit einem Bett und einem Stuhl karg eingerichtet war. Auch hier war das Fenster vergittert. »Die Zimmer sind nicht mit großem Luxus ausgestattet«, sagte Charcot entschuldigend. »Aber hier in Trakt A haben wir nur wenige Einzelzimmer. Ich denke, dass Sie nicht sonderlich darauf erpicht sind, in einem unserer Säle zu schlafen?« Charcot schloss die Tür wieder und rieb sich unentschlossen die Hände. »Was wollte ich Ihnen zeigen? Wir haben einen Speiseraum für diejenigen, die sich frei bewegen dürfen. Der ist um diese Uhrzeit aber geschlossen. Wir könnten kurz im kleinen Behandlungsraum vorbeischauen, einer meiner Kollegen arbeitet dort mit einer Patientin, die an schweren Wahnvorstellungen leidet. Dort müsste ich jetzt ohnehin … ja, ich nehme Sie einfach mit. Kommen Sie. Es ist interessant und lehrreich, Sie werden sehen.«
    Kato folgte ihm notgedrungen. Charcot führte sie durch eine Reihe von Fluren bis zu einem dunklen Raum, der durch eine Glasscheibe von einem kleinen Saal abgetrennt wurde. Vor der Trennscheibe standen Stühle in zwei Reihen, anscheinend fand sich hier des Öfteren Publikum ein.
    Charcot legte den Finger auf die Lippen und deutete auf die erste Stuhlreihe. Kato setzte sich und blickte auf das Geschehen, das sich in dem durch Merkurlampen strahlend hell erleuchteten Nebenraum abspielte.
    Ein rothaariger Mann in einem weißen Kittel beugte sich über eine Frau, die in einem Stuhl mit hoher Lehne saß. Sie blickte mit rollenden Augen zu ihm auf. Die Frau war mit breiten Lederriemen an den Sitz gefesselt und zerrte daran. Kato konnte die gurgelnden, stöhnenden Laute der Angst hören, die sie ausstieß, und verschränkte schutzsuchend die Arme vor der Brust. »Ich möchte das nicht sehen«, flüsterte sie.
    Der Professor äußerte sich nicht dazu. Er lehnte an der Glasscheibe und beobachtete den Mann im Kittel. Dann zog er ein kleines Notizbuch aus der Tasche und kritzelte etwas hinein. Er schien Kato vollkommen vergessen zu haben.
    Sie lehnte sich zurück, hätte am liebsten die Augen geschlossen oder sich abgewendet, aber die Vorgänge hinter der Glasscheibe erschienen ihr trotz der gleißenden Beleuchtung so obskur, dass sie nicht wegsehen konnte.
    Der Rothaarige schob jetzt einen Tisch mit Instrumenten zum Stuhl und zog sich dünne Handschuhe an. Er betätigte einen Hebel an dem Stuhl, auf den die Frau gebunden war, woraufhin sich die Lehne derart neigte, dass die Frau in eine beinahe liegende Position kam. Der Mann schnallte ihr einen Lederriemen um den Kopf und schob ein Stück Leder zwischen ihre Zähne, dann ging er zu einem Kasten neben dem Stuhl, aus dem bläuliches Licht strahlte. In ihm mussten Elementargeister gefangen sein, der Farbe des Lichtes nach Sylphen und Salamander. Von dem Kasten gingen Drähte aus, die der Mann jetzt an dem Lederriemen befestigte. Die Frau keuchte und krümmte ihre Finger – das Einzige, was sie noch bewegen konnte.
    Der Mann lächelte ihr zu und sagte etwas, was Kato nicht verstand.
    »Jetzt«, murmelte Professor Charcot, der gebannt zusah. »Schauen Sie hin, Fräulein Kato. Das ist moderne Medizin!«
    Der Mann im Kittel legte nun einen Hebel an dem Kasten um und drückte auf einen

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