Aethermagie
dich einfach hin und mach die Augen zu. Ich hole dich in ein paar Minuten wieder raus.«
Es war heiß, unbeschreiblich heiß. So musste sich ein Braten im Ofen fühlen. Kato sank mit einem Stöhnen auf die Bank, die mit einem Tuch bedeckt war. Sie hatte das Gefühl, ihre Haut würde jeden Moment beginnen, Blasen zu werfen. Jeder Atemzug der unglaublich heißen, trockenen Luft schmerzte wie ein Gluthauch in ihrer Lunge. Ihre Nase brannte, die Haut brannte, ihre Augen schienen in den Höhlen zu kochen. Ihre empfindlichen Fußsohlen hielten die Berührung mit dem heißen Boden nicht aus, Kato hob die Füße. Ihr wurde schwindelig, ihr Herz begann zu rasen. Sie legte sich flach auf den Rücken auf die heiße Bank und schloss die Augen. Sie würde diesen Raum lebend wieder verlassen. Charcot wollte sie nicht umbringen, sondern für irgendetwas benutzen. Grünwald hatte sie vor der Wärmebehandlung gewarnt, aber auch gesagt, sie sei nicht gefährlich. Auch, wenn sie das Gefühl hatte, dass ihr Fleisch langsam am Knochen gegart wurde …
Als die Tür aufsprang und kühle Luft hereindrang, stöhnte Kato unwillkürlich vor Erleichterung. Sie ließ sich von der Wärterin aufhelfen, die sie trotz ihrer Gegenwehr nicht in der Kühle des gefliesten Raumes ausdampfen ließ, sondern sie in einen dicken, warmen Mantel wickelte. Kato wollte das Kleidungsstück abwerfen, nichts wäre jetzt schöner gewesen als eine Wanne mit eiskaltem Wasser, aber die Wärterin hielt sie im eisenharten Griff. »Schnell, schnell, 342«, befahl sie. »Ehe du wieder abkühlst. Hopp. Beweg deine Füße.« Sie trieb Kato vor sich her durch die Tür und in den Nebenraum, wo sie der Schneewittchensarg begrüßte. Die Luft war kalt, und Kato atmete sie begierig ein. Der Sargdeckel stand einladend offen. Die Wärterin wickelte sie schnell aus dem Mantel. »Klettere hinein. Herr Professor? Wir sind so weit.« Während sie das rief, schnallte sie Kato fest und setzte ihr den Helm auf. Dann knallte der Deckel zu, die Riegel schnappten ein, der Æther zischte in das Behältnis.
Kato schnappte nach Luft. Kalt. So kalt. Die im Backofen gesammelte Hitze schwand so schnell, dass sie binnen weniger Atemzüge nur noch eine blasse Erinnerung war.
»Hören Sie mich?«, erklang die Stimme des Professors aus der Ferne. Blechern, verzerrt. »Ich möchte, dass sie eins der Wesen rufen, die Ihre Träume stören. Eine der flammenden oder singenden Erscheinungen. Stellen Sie sich vor, wie Sie sie zu sich befehlen.«
Kato blinzelte heftig. Der Nebel, der ihre Sicht verschleierte, begann sich zu lichten und mit ihm der Nebel, der ihre Erinnerung verborgen hatte. »Calander«, flüsterte sie. »Gnurr. Dirbadisalabadon. Falla.« Es klang wie ein seltsamer Refrain. »Wo seid ihr? Hier ist eure Heimat. Geht, verlasst mich.« Sie erinnerte sich an Grünwalds Worte, seinen Blick, die zarte Berührung von etwas, das auf ihrer Schulter saß. Und als sie daran dachte, spürte sie das Gewicht der Undine, die immer noch an ihrem Hals ruhte.
»Heim«, gluckste das Hydorwesen. Ihre Finger lösten sich mit einem schmatzenden Geräusch von Katos Schulter und Nacken. Wie hatte dieses Wesen den Aufenthalt in der glühenden Hitze des Ofens überstanden?
»Was können Sie erkennen?«, rief die ferne Stimme des Professors.
»Berge«, antwortete Kato wahrheitsgemäß, wenn auch nicht vollständig. Die Berge am Horizont leuchteten golden, dunkelblau und dunkelrot und lockten Kato mit ihrer Schönheit. Die Farben der Landschaft waren ungewöhnlich, aber dennoch atmete alles einen Frieden, der in krassem Gegensatz zu Katos derzeitigem Leben stand. Sie seufzte unwillkürlich und ging ein paar Schritte über das harte, federnde Gras, das in allen Farbtönen zwischen orange und dunkelviolett schillerte.
Sie bemerkte die Gegenwart der Elementare erst beim vierten oder fünften Schritt. Neben ihrem linken Fuß stapfte die Gnomin mit schlenkernden Armen voran, an ihrem rechten Ohr flatterte, schwirrte und summte der Luftgeist und irgendwo vor ihr sah sie das flirrende Flackern Calanders, der über den Grund sprang. »Wo wart ihr?«, fragte sie Falla, die Undine.
»Bei dir.« Die Saugfinger verankerten sich erneut an ihrem Hals. Halbkugelige Krötenaugen musterten sie mit einer Intelligenz, die Kato beinahe erschreckte. Das waren keine Tiere und auch keine seltsam geformten Menschen. Es waren Elementarwesen, eine völlig fremde Lebensform. Auf ihrer Schulter und an ihrer Seite. Sie blieb abrupt
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