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Aethermagie

Titel: Aethermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Gedanken mit einer fragenden Handbewegung. »Diese hier sind also nicht deine Beute?«
    Vierstimmiger Protest hinderte Kato an einer Antwort. Belpharion beugte sich ein wenig vor und richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Elementare. »Wenn ihr nicht gefangen seid, kleine Geschwister … was treibt ihr dann hier bei dem Menschenkind? Es ist gefährlich, ihr wisst das.«
    Gnurr antwortete als Erste: »Sie hat uns gerufen«, sagte die Gnomin und verschränkte mit trotziger Miene die Arme.
    »Sie hat uns gesucht«, präzisierte Falla. »Wir haben sie gefunden.«
    »Vier«, bestätigte Calander, der vor Aufregung flackerte. »Wir sind vier.«
    »Wir sind vier«, murmelten die anderen im Chor.
    Der Engel hob den Blick und musterte Kato mit einem Ausdruck nachdenklicher Verblüffung. Ein Windstoß blies Belpharion die fedrigen Haare ins Gesicht. Sie drehte sich einmal um ihre Achse und witterte wie ein Jagdhund. »Es wird instabil«, sagte sie. »Sie müssen zurück, Baronesse. Professor Charcot wird erwarten, dass Sie Beute mitbringen. Wie ziehen Sie sich aus der Affäre?«
    Kato schnappte nach Luft. »Sie kennen den Professor?«
    »Keine Zeit für weitere Konversation.« Der Engel nahm Katos Hand. »Sie haben Verbündete. Folgen Sie der liegenden Acht. Wir werden uns auf Ihrer Seite wiedersehen.«
    Mit diesen Worten zog dichter Nebel auf. Schneidende Kälte drang wie Messer in Katos Fleisch. Sie schrie auf.
    »… hole Sie zurück!«, hörte sie durch das Singen des Eises, das in ihren Adern gefror. »Bringen Sie ein Wesen mit! Befolgen Sie meine Anweisung!«
    Kato ballte die Fäuste. »Nein!«, wollte sie schreien, aber das Wort gefror auf ihren Lippen.
    Sie erlebte das Öffnen des Sargs und die Prozedur, mit der sie aus ihren Fesseln und Verkabelungen befreit wurde, wie etwas, das jemand anderem geschah. Luft verdrängte schmerzhaft den Æther aus ihrer Lunge, sie hustete und spuckte bläulichen Schleim aus. Ihre Haut prickelte schmerzhaft, und ihre Muskeln verkrampften sich so stark, dass sie am liebsten geschrien hätte. Hände hoben sie aus dem Sarg, betteten sie auf eine Liege. Eine Decke wurde warm und fest um sie geschlagen. Jemand hielt einen Becher mit heißem Tee an ihre Lippen. Das Aroma war wohltuend, aber Kato konnte nicht schlucken, sondern befeuchtete nur ihren Mund damit.
    »Hat sie etwas gefangen?«
    »Es befindet sich nichts im Gitter. Nein.«
    »Sehr bedauerlich.«
    Schritte, dann blickte sie das weißbärtige Gesicht des Professors an. Er wirkte gelassen, aber Kato konnte die Kälte in seinem Blick geradezu spüren.
    »Fräulein Kato«, sagte der Professor väterlich und setzte sich auf den Hocker neben ihrer Liege. »Sie haben mich, das muss ich zugeben, gleichermaßen überrascht wie enttäuscht.«
    Kato blinzelte und antwortete nicht.
    Charcot wartete noch einen Moment, dann fuhr er sich ärgerlich räuspernd fort: »Ich hatte Ihnen wohl nicht deutlich genug mitgeteilt, dass ich keinen Weg mehr sehe, Sie zu behandeln, wenn Sie sich fortwährend weigern, mitzuarbeiten. Was soll ich tun, Baronesse? Sagen Sie es mir.«
    Kato erwiderte seinen Blick, er nickte. »Trotz und Widerstand«, sagte er resigniert. »Ich gebe es auf, ich bin am Ende meines Lateins.« Er hob den Kopf und sah die Wärterin an. »Bringen Sie sie in ihre Zelle zurück, Müller. Sagen Sie dem Oberwärter, dass wir für Donnerstag eine zusätzliche Operation einplanen. 342 wird bis dahin in Abteilung D verlegt.«
    Kato überlief es kalt und heiß. Operation? Das hieß, sie würden ihr die Brille aufsetzen? Ein winziger Jammerlaut drängte sich über ihre Lippen. Charcot wandte den Kopf und sah sie fragend an. »Haben Sie etwas zu sagen?«
    Sie kämpfte mit sich. Sie musste doch nur tun, was er verlangte und wozu auch Grünwald ihr dringend geraten hatte. Eins der Wesen. Eins … nein, viele. Eingefangen, eingesperrt, gequält.
    Aber die Brille! Danach wäre sie nicht mehr sie selbst, sondern etwas anderes. Lächelnd und folgsam und so dumm wie … Moroni? Vor ihrem inneren Auge erschien das Zeichen der liegenden Acht, sie hatte es hier in der Anstalt gesehen und erinnerte sich jetzt mit einem gleißenden, scharfen Blitz der Erkenntnis daran. Moroni hatte es um den Hals getragen! Folge der liegenden Acht, hatte der Engel gesagt.
    »Baronesse?«, drängte der Professor. »Möchten Sie mir etwas sagen?«
    Kato schloss die Augen, presste die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf.
Moroni
, dachte sie wie ein Gebet.
Moroni.

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