Aethermagie
Bezeichnung meines Amtes.« Er öffnete die Tür zu einer Kammer, in der es angenehm warm war, und lud Kato ein, sich zu setzen. Er selbst nahm hinter einem Schreibtisch Platz, der voller Papiere lag, schob alles mit einem müden Seufzen beiseite und legte die Hände auf die Platte. Er drehte an dem Ring, der an seinem Zeigefinger steckte. »Was also kann ich für Sie tun?«
Kato sammelte sich. Bis hierher war alles so turbulent verlaufen, dass sie sich noch gar keine Gedanken über ihre nähere und entferntere Zukunft gemacht hatte. Sie schüttelte unwillkürlich den Kopf. »Wenn Ihr Orden mir einige Zeit Unterschlupf gewähren könnte, damit ich mir klar darüber werde, wo mein Weg mich hinführt, wäre ich Ihnen überaus dankbar.«
Pater Anselm wiegte nachdenklich den Kopf. Sein Gesicht war düster überschattet. »Sie haben einen wahrhaft ungünstigen Zeitpunkt gewählt«, sagte er. »Ich werde Sie nicht fortschicken, Baronesse, aber ich fürchte, dass ich Ihnen nicht mehr als zwei oder drei Tage Schutz und Obdach gewähren kann.«
Kato schüttelte den Kopf. »Warum?«, fragte sie. »Ich werde Ihnen nicht zur Last fallen …«
»Darum geht es nicht«, unterbrach er sie mit einer entschiedenen Handbewegung. »Es hat nicht das Geringste mit Ihrer Person zu tun. Allein um Ihrer Mutter willen würde ich Ihnen mit Freude lebenslanges Asyl anbieten. Aber ich stehe vor der Entscheidung, die Angehörigen meines Ordens selbst evakuieren zu müssen, weil ich damit rechnen muss, dass das Ordenshaus in naher Zukunft angegriffen werden wird. Sie sehen, dass ich nicht auch noch die Verantwortung für schutzbedürftige Gäste übernehmen kann und will.«
Kato hob die Hand, bat um einen Moment der Besinnung. »Wer greift den Orden an?«, fragte sie. »Und was hatte meine Mutter … Sie meinen meine leibliche, verstorbene Mutter, nicht die jetzige Baronin von Mayenburg, nicht wahr? – was hatte also Katalin von Mayenburg, geborene Nagy, mit Ihnen zu schaffen?«
Der Pater lächelte ein wenig gequält. »Fräulein von Mayenburg«, begann er, »dies zu erklären dürfte mehr Zeit in Anspruch nehmen, als ich zum jetzigen Zeitpunkt erübrigen kann. Ich bitte Sie um Geduld. Was den Angriff betrifft – ja, was ist denn?« Er blickte ärgerlich an Kato vorbei zur Tür. Seine gerunzelte Stirn glättete sich aber beim Anblick des Eintretenden, den Kato wegen der Position ihres Stuhles nicht sehen konnte. »Sie sind es«, sagte der Pater Guardianus. »Ich befinde mich im Gespräch, lieber Freund. Wenn Sie später noch einmal …«
»Ich möchte mich mit Ihrem Gast unterhalten«, erwiderte eine melodische Stimme. Kato fuhr zusammen und sprang aus dem Sitz, drehte sich um. »Belpharion«, sagte sie. »Hier? Ich dachte …« Sie hielt inne, denn in diesem Licht, in den Kleidern, welche die Leuka am Leibe trug, erschien ihr gar nicht mehr so eindeutig, dass sie wirklich eine Frau war.
»Sie kennen sich?« Der Pater war verblüfft.
»Wir sind uns bereits begegnet, ja.« Der Engel streckte die Hand aus und Kato berührte zaghaft seine Fingerspitzen. »Die vier lassen Sie grüßen«, sagte er leise. »Sie vermissen Sie, Fräulein von Mayenburg.« Er nickte ihr noch einmal zu, löste die Berührung ihrer Hände und sah zu Pater Anselm hin. »Darf ich eurer Besprechung beiwohnen?«
Pater Anselm sah Kato fragend an. »Ich habe nichts dagegen«, sagte sie und setzte für den Engel erklärend hinzu: »Der Pater Guardianus hat mir gerade eröffnet, dass er mir nur zwei oder drei Tage Zuflucht gewähren kann. Ich muss nun einen Platz finden, an den ich danach gehen kann.« Sie schluckte kurz und trocken. »Nach Hause kann ich nicht mehr zurück«, fügte sie leise hinzu. »Ich bin aus dem Brünnlfeld geflohen, und ohne Grünwalds Hilfe wäre ich jetzt wohl nicht mehr …«
Ein Ausruf des Paters unterbrach sie. Er war aufgestanden und beugte sich über den Tisch zu ihr. Seine Augen brannten in einem Feuer, das sie erschreckt zurückweichen ließ. »Wer hat Ihnen gesagt, dass Sie sich hierher wenden sollen?«, fragte er.
»Grünwald«, erwiderte Kato befremdet. »Josip Grünwald, ein Wärter aus dem Brünnlfeld. Er hat mir geholfen …« Sie unterbrach sich, weil der Pater sich heftig abgewendet hatte. Sie konnte erkennen, dass seine Kiefermuskeln arbeiteten, als müsste er einen zu harten, zu großen Brocken herunterwürgen.
Sie hörte Belpharion lachen – es war das Lachen einer tiefen Glocke. »Du wirst sie nicht vor die Tür setzen,
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