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Aethermagie

Titel: Aethermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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sehr, sehr dünnem Eis, Shenja.«
    »Dann sollten wir darauf achten, nicht einzubrechen«, sagte er mit einem Lächeln. Er stand auf und lehnte sich wie sie zuvor gegen das Fensterbrett.
    Nagy wandte sich ab. Ihre Stirn war gerunzelt. »Du weißt, was das bedeutet«, sagte sie. »Wir haben einen Austausch vorbereitet. Du erinnerst dich an den Knochenbrecher?«
    Sorokin nickte und verengte seine Augen zu schmalen Schlitzen. »Passt«, sagte er. »Haar- und Augenfarbe, die gleiche Statur … Wann soll der Austausch stattfinden?«
    »Ich habe mit dem Criminalgericht vereinbart, dass sie ihre Liste der einzuliefernden Fälle um diesen Namen ergänzen. Die Anfrage ans Brünnlfeld ist vorgestern auf den amtlichen Weg gegangen.« Sie musterte ihn mit Sorge im Blick.
    Seine Kiefermuskulatur begann zu arbeiten, es bereitete ihm sichtlich Mühe, den Brocken zu schlucken. »Du hattest nie vor, Drago zu schicken.«
    Nagy schüttelte den Kopf. »Du bist der geeignete Mann für diese Aufgabe. Das weißt du ebenso gut wie ich, sonst hättest du Drago nicht selbst davon abgehalten. Und ich konnte in diesem prekären Fall keine Rücksicht auf … auf …« Sie stockte und senkte den Blick.
    Er schwieg und betrachtete seine Hände. »Nein, das konntest du nicht«, sagte er nach einer Weile sanft. »Ich hätte an deiner Stelle nicht anders gehandelt.«
    Sie trat zu ihm und legte die Arme um seinen Nacken. »Wir haben gewusst, dass es eines Tages zu einer solchen Situation kommen würde«, sagte sie leise. »Deshalb wollte ich nicht, dass du mir hierher folgst.«
    Er legte seine Arme um ihre Taille und erwiderte ihren Blick nicht minder eindringlich. »Wir stecken nicht zum ersten Mal in einer brandgefährlichen Aktion. Bisher haben wir noch immer unsere Haut retten können.«
    Sie biss sich auf die Lippe und schüttelte resigniert den Kopf. »Dieses Mal bist du allein.«
    Er rieb über ihre Schulterblätter. »Komm, Major. Haltung. Du hast oft genug einen deiner Mitarbeiter ins Feuergefecht geschickt. Ich komme in einem Stück wieder zurück, versprochen.«
    Sie versuchte zu lächeln, aber es misslang. Sie hatte die Kette, die sie ständig trug, aus dem Ausschnitt gezogen und wickelte sie sich nervös um den Finger. Der Anhänger, eine Lemniskate, wippte und schaukelte an ihrem Zeigefinger. »Ich verlasse mich auf dich, Jewgenij Danilowitsch.«
    »Das kannst du.« Er ließ sie los und wandte sich ab. »Wie viel Zeit habe ich, um mich vorzubereiten?«
    »Der normale Dienstweg ist langsam«, erwiderte sie und rieb sich mit einer müden Geste über die Augen. »Das Criminalgericht schätzt, dass frühestens in vier Wochen mit einer Antwort zu rechnen ist. Dann kann es allerdings schnell gehen.«
    »Ein Monat. Gut, das soll reichen.« Er breitete in einer theatralischen Geste die Arme aus.
»Schweig, schweig, damit dich niemand warnt! Schweige, damit dich niemand warnt! Der Hölle Netz hat dich umgarnt! Nichts kann vom tiefen Fall dich retten, nichts kann dich retten vom tiefen Fall!«
, sang er und begann zu lachen. Katalin Nagy schüttelte den Kopf und lachte wider Willen mit ihm. »Du alter Komödiant«, sagte sie.
    »Wir hatten eine schöne Zeit«, erwiderte er, in einem Augenblick vom Lachen in eine melancholische Stimmung umschlagend. »Also dann. Ich bitte um meine Instruktionen.«
    Im Gebäude war längst Ruhe eingekehrt und vor den Fenstern lag der Hof im tiefen Dunkel der Nacht, als Jewgenij die Berichte und Aufzeichnungen von sich schob und mit einem lauten Stöhnen die Arme streckte und seine Schultern dehnte. »Ich bin fertig«, sagte er undeutlich, weil ihn das Gähnen überkam. »Das Zeug arbeite ich in den nächsten Tagen noch ein paarmal durch, dann sitzt es.« Er rieb sich über das Gesicht und fuhr mit gespreizten Fingern durch seine Haare.
    Katalin Nagy schwang ihre Beine von dem Stuhl, der ihr gegenüber stand, und legte den Stapel Papier von ihrem Schoß auf den Tisch zurück. »Hast du Fragen?«
    Der große Kommissär fuhr sich nachdenklich mit dem Daumennagel über die Zähne. »Es klaffen erstaunliche Lücken in seinen Berichten«, sagte er tastend, als wollte er seine Gedanken nicht erschrecken und vertreiben. »Natürlich kann er nur das berichten, was er selbst gesehen hat oder zumindest vom Hörensagen kennt. Vermutungen, Gerüchte … das wäre alles nützlich, um sich ein Bild machen zu können. Aber das hier ist trockenes Zeug, dürr, mager, knochig.« Er wies mit einer wegwerfenden Geste auf den

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