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Aethermagie

Titel: Aethermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Station brauchen.« Er fuhr mit der Hand durch das Wasser und nickte. »Ist gleich schön warm. Wir wollen doch nicht, dass du dir den zarten Hintern abfrierst.«
    Jewgenij biss die Zähne zusammen. »Und wenn ich mich weigere?«, fragte er. So viel zu »halt den Kopf unten« und »fall nicht auf«.
    Der Wärter sah ihn verblüfft an. »Weigern? Kannst du ja mal versuchen. Aber ich sag dir: Du ziehst den Kürzeren. Ich hab auf dieser Station das Sagen.« Das alles kam in so einem gleichmütigen, beinahe freundlichen Ton, dass Jewgenij unwillkürlich den Kopf einzog. Er nickte knapp und zog sich das Hemd über den Kopf.
    »Braver Junge«, sagte der Wärter und drehte das Wasser ab.
    Das Wasser war lauwarm und die Wanne groß genug, dass er nahezu ausgestreckt darin liegen konnte. Es war angenehm, so zu ruhen. Einen Moment lang schloss er die Augen. Dann hörte er ein Rumpeln und fühlte die Erschütterung, mit der etwas Schweres auf die Wanne gelegt wurde. Er riss die Augen auf und blickte auf eine hölzerne Abdeckung, die nur seinen Kopf frei ließ. Riegel und Schlösser schnappten ein.
    Der Wärter nickte Jewgenij zu. »Entspann dich«, sagte er. »Schlaf. In einer halben Stunde geht das Licht aus, aber es wird regelmäßig jemand nach dir sehen, also brauchst du nicht in Panik zu geraten. Das Wasser bleibt auf Temperatur, du wirst nicht frieren. Wenn du noch mal pissen musst, tu’s halt. Ist noch keiner dran gestorben. Morgen früh hole ich dich raus und dann gibt es ein schönes Frühstück für den großen Jungen.« Er nickte Jewgenij zu, der fühlte, wie ihm die Augen aus dem Kopf quollen, und wandte sich zum Gehen.
    »Warte«, rief Jewgenij, der sich zügeln musste, nicht zu schreien. »Du willst mich hier drin lassen? Die ganze Nacht?«
    Der Wärter blieb an der Tür stehen. »Nein«, erwiderte er. »Es heißt richtig: ›
Sie
wollen mich hier die ganze Nacht drin lassen, Herr Oberwärter Montag.‹« Er nickte noch einmal und ging. Die Tür schlug zu.
    Jewgenij lag starr in der fest verschlossenen Wanne. Was eben noch angenehm gewesen war und zu einem Nickerchen eingeladen hatte, war jetzt nur noch beklemmend und drückte ihm auf die Brust, sodass er kaum noch Luft bekam. Ein Gefühl der Angst stieg in ihm auf, wie er es erst einmal in seinem Leben erlebt hatte – und nie wieder hatte erleben wollen.
    Er bäumte sich auf, drückte mit aller Kraft gegen die hölzerne Abdeckung, das Holz knarrte, aber die Verriegelung hielt. Nach einer Weile gab er den vergeblichen Kampf auf. Sein Herz raste und feurige Kreise tanzten vor seinen Augen. Das Blut rauschte so laut in seinen Ohren, dass er glaubte, Wasser liefe in die Wanne. Es würde ihn ertränken. Er würde einschlafen und ertrinken. Die Panik packte ihn mit eisernen Klauen. Bildete er sich es nur ein oder schrumpfte die Wanne? Das Ding war ein ausgeklügeltes Folterinstrument, das ihn langsam zerquetschte. Er stemmte sich gegen die Seitenwände und zwang sich, seine rasenden Gedanken zu beruhigen. Das war doch absurd, wenn sie ihn hätten umbringen wollen, dann hätten sie es einfach tun können. Die Wanne war eine einfache Badewanne. Sie konnte sich nicht bewegen und schon gar nicht schrumpfen.
    Er hörte seinen eigenen keuchenden Atem von den Wänden widerhallen. Für eine unbestimmbar lange Weile sank er in einen betäubten, nahezu besinnungslosen Zustand, dann hörte er den Brenner anspringen. Das Wasser erwärmte sich. Er zwang sich, seine verkrampften Gliedmaßen zu entspannen. Vielleicht konnte er einfach schlafen und morgen würde der Wärter ihn hier herausholen.
    Das Licht erlosch, er lag in tintenschwarzer Dunkelheit, in der nur das gleichmäßige Geräusch des Ætherbrenners zu vernehmen war und ein dumpfes Plätschern, wenn er sich bewegte. Seine Gedanken beschleunigten sich mit dem Pulsschlag. Das Wasser … es wurde immer heißer! Er tastete hektisch um sich, befühlte die Wände der Wanne. Arbeitete der Brenner noch? War er defekt und stellte sich nicht mehr aus? Er konnte sich aus eigener Kraft nicht aus diesem Sarg befreien. Warum hatte der Wärter ihn hier in der Finsternis allein gelassen? Er würde bei lebendigem Leib gekocht werden!
    Jewgenij kämpfte gegen seine Panik an und verlor. Er begann zu schreien.

    »Er hat wie am Spieß gebrüllt und um sich geschlagen, als wir den Deckel geöffnet haben. Er wollte sich nicht beruhigen, hat geschrien, dass wir ihn umbringen wollten, dass das Wasser kochend heiß gewesen sei. Das Wasser war

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