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Aethermagie

Titel: Aethermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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unter einer unsichtbaren Last. »Arme, gefangene, geknechtete Geschöpfe«, sagte er beinahe unhörbar, aber Kato vernahm die Worte trotzdem.
    Endlich zeigte er ihr das mechanische Spielzeug, das er ihr schon beim letzten Besuch hatte vorführen wollen, und Kato ergötzte sich eine geraume Weile damit, die metallenen Wiesel, Ratten und Tauben zu betrachten, mit kleinen Schlüsseln ihren Mechanismus aufzuziehen und sie über den Boden hüpfen, gleiten und tappen zu lassen.
    Sie berührte den facettenäugigen Kopf eines Messinginsekts, das auf einer Unzahl von Füßen über den Tisch klickerte, und fragte: »Wie werden sie gelenkt? Elementarwesen?«
    Der Antiquar, der sich in einen quietschenden Schaukelstuhl hatte sinken lassen und mit erschöpfter Geste sein Gesicht rieb, antwortete nicht. Sein Blick ruhte auf Kato, und als sie den Kopf hob, um Tiez anzusehen, nickte er ihr zu. »Du weißt, dass es von allerhöchster Wichtigkeit ist, zu schweigen.«
    Kato nahm seine Hand und erwiderte ernst: »Ich werde schweigen, Meister Tiez.«
    Er lächelte müde und berührte ihre Wange mit zwei Fingern. Licht fing sich in dem Spiegel, der ihr gegenüber an der Wand hing, und lenkte ihre Aufmerksamkeit für die Länge eines Wimpernschlags ab.
    Kato blinzelte und fand sich vorne im Ladengeschäft wieder. Mit dem Bimmeln der Tür trat Bernstein ein und zog seinen Hut. »Fräulein Kato«, sagte der große Kutscher, »ich hoffe, Sie haben nicht zu lange auf mich warten müssen.«

    Kato bemerkte erst beim Betreten des Salons, dass ihre Stiefmutter in der Nähe des Fensters mit einem Besucher in ein Gespräch vertieft war. Sie wollte sich mit einer gemurmelten Entschuldigung wieder zurückziehen, als sie die Worte: »… habe ihm danach noch eine Tiefenhypnose verabreicht«, vernahm und verharrte. Es war Dr. Rados, der da mit Adelaïde sprach, und seine Worte betrafen sicherlich ihren Vater.
    Kato ließ die Türklinke fahren und trat näher. Die dicken Teppiche dämpften ihre Schritte, und die beiden am Fenster beachteten ihr Näherkommen nicht.
    »Was können wir noch für ihn tun, Zsigmond?«, fragte jetzt Adelaïde, und die unterdrückte Spannung in ihrer Stimme zeigte deutlicher ihre Sorge um ihren Gatten als die beherrschte Miene, die sie stets zur Schau trug.
    Der Nervenarzt zog einen Schreibblock hervor und notierte ein paar Zeilen darauf. Er riss den Zettel ab und reichte ihn Adelaïde. »Ich empfehle, von dieser Mischung täglich dreimal vierzig Tropfen zu geben. Es handelt sich hauptsächlich um Laudanum, also auf keinen Fall mehr, hören Sie, liebe Adelaïde?« Er warf den Block und sein Stethoskop in die bereitstehende Bügeltasche. Als er sich aufrichtete, fiel sein Blick auf Kato, die einen verlegenen Knicks machte.
    »Fräulein von Mayenburg«, sagte der Arzt und deutete eine Verbeugung an. »Wie schön, dass ich Sie noch antreffe.« Er ließ seinen Zwicker am Band herabbaumeln und streckte sich. »Mir täten ein paar Schritte durch den Garten wohl. Vergönnen Sie mir die Freude Ihrer Gesellschaft?«
    Kato stimmte zu. Es war eine günstige Gelegenheit, den Arzt zum Zustand ihres Vaters zu befragen, ohne dass Adelaïde dabei anwesend war.
    Dr. Rados schritt mit auf dem Rücken zusammengelegten Händen über den Kiesweg, der in das Heckenlabyrinth führte. Es duftete nach dunklem, saftigem Grün und Junirosen. »Fräulein Katharina«, sagte der Arzt, als er die erste Heckenreihe wie eine Mauer zwischen sich und dem Haus wusste, »Ihre Frau Mama sorgt sich um Ihre Gesundheit.« Sein Blick streifte über den Garten, er kniff leicht die Augen gegen die tiefstehende Sonne zusammen.
    Kato ahmte unwillkürlich seine Haltung nach. »Ich bin wohlauf«, erwiderte sie. »Sagen Sie mir, Dr. Rados: Wie geht es meinem Papa? Wird er bald wieder gesund werden?«
    Der Arzt antwortete nicht sofort. Er lenkte Kato zu einer bemoosten Bank, auf der noch ein Rest Sonnenlicht lag, und lud sie zum Sitzen ein.
    Nachdem er seine Bügelfalten gerichtet und den dunklen Rock glatt gestrichen hatte, wandte er sich mit ernster Miene zu Kato und sagte: »Fräulein Kato, Sie sind doch eine verständige junge Dame.« Seine hellen Augen musterten sie mit einem Ausdruck, den sie nicht zu deuten wusste.
    Kato verschränkte die Arme, weil es sie trotz der Wärme in diesem geschützten Winkel des Gartens fröstelte. »Was wollen Sie mir sagen?«, fragte sie gefasst.
    Der Arzt seufzte und blickte zum Himmel empor. »Ihr Herr Vater ist nicht gesund«, begann er

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