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Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)

Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)

Titel: Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Bagus
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Lastwagen und Kutschen kursierten. Es gab eine eigene Schienenzufahrt, um das Endprodukt mit der Eisenbahn transportieren zu können. Es war gigantisch, einschüchternd und hässlich.
    Der Chauffeur bog ab, und Annabelle verlor die Fabrik aus der Sicht. Sie war ganz froh darum, aber jetzt standen sie vor einer mindestens vier Meter hohen Steinmauer, die sich nach links und rechts weit um ein Anwesen spannte. Sie hielten vor dem massiven stählernen Tor und ihr Chauffeur stieg aus. Annabelle drehte sich noch einmal um, und betrachtete die Fabrik.
    Sie hatte keine Ahnung gehabt, dass das Werk seit ihrem letzten Besuch so gewaltig gewachsen war und der Bau machte ihr irgendwie Angst. Am liebsten wäre sie schnell wieder nach Hause gefahren, aber da öffnete sich das Tor, der Chauffeur stieg ein und fuhr weiter.
    Hinter der Mauer war die Landschaft genauso kahl wie davor. Die Straße führte direkt auf das Haus zu. Sie war gesäumt mit Statuen, wie man sie auf Friedhöfen fand. Frauen mit gesenkten Gesichtern und Engel. Ein verfallener Pavillon stand an einem See, dessen Wasser die Wolken des Frühlingshimmels wieder spiegelte. Den Pavillon kannte Annabelle, die Statuen nicht.
    „Das ist ja scheußlich”, wiederholte Johanna. „Du hast doch erzählt, die wären so reich? Ich hatte es mir hübscher und prunkvoller vorgestellt.”
    „Ich bin auch überrascht”, sagte Annabelle verwirrt. „Früher sah das hier ganz anders aus.”
    Dann kam das Wohnhaus in Sicht. Aber das Wort 'Haus' war nicht ganz das Richtige für dieses Anwesen. Es bestand aus einem riesigen Hauptgebäude mit drei Etagen und einem Anbau, der eher wie ein Gewächshaus war und nur aus bunten Fenstern bestand. Auf der anderen Seite war ein weiterer Anbau, der wohl eine hauseigene Dampfmaschine beherbergte. Ein langer Schornstein spuckte schwarzen Rauch weit oben in den Himmel.
    Es beunruhigte Annabelle, dass alle Läden des Hauptgebäudes geschlossen waren. Es machte einen abweisenden Eindruck. Überhaupt konnte Annabelle sich nicht an ein so riesiges Anwesen erinnern. Das musste gebaut worden sein, nachdem sie das letzte Mal hier gewesen war. Zehn Jahre war das her, sie war 13 gewesen … Valentins Ohren waren schon damals bei ihrem Anblick rot geworden. Sie lächelte bei der Erinnerung wieder; er hatte versucht sie zu küssen, aber sie hatte lachen müssen, da war er davon gelaufen. Sie erinnerte sich an heiße Tage und verwirrende Gefühle.
    Nachdem sie den Fahrer bezahlt hatte, stiegen sie aus. Johanna presste sich ein Taschentuch vor das Gesicht, aber Annabelle beeilte sich einfach, die Treppe herauf zu gehen. Otto kam mit den Koffern hinterher. Ihnen wurde schnell geöffnet, ein Diener leitete sie in eine Art Schleuse. Die nächste Tür öffnete sich erst, als er die Eingangstür geschlossen und verriegelt hatte. Dann standen sie in einer riesigen marmornen Empfangshalle, von der aus viele Türen und Gänge abgingen. Ein mehrstöckiger Kristallleuchter erhellte den Raum. Eine breite Treppe führte in die oberen Stockwerke. In der Mitte des Raumes befand sich ein Metallkäfig aus goldglänzendem Messing: Ein Aufzug. Riesige Ölbilder mit Figurengruppen hingen an den Wänden. Erst später fiel Annabelle auf, dass es Heiligendarstellungen waren, mit vielen Engeln und wallenden Stoffen, die Nacktheit verbergen sollten.
    An der rechten Wand stand ein übermannsgroßes reich verziertes Barometer. Es hatte verschiedene Skalen und Zifferblätter, die den Luftdruck maßen. Æther stieg bei unterschiedlichen Druckverhältnissen auch unterschiedlich stark auf. Ein Haus, dessen Vermögen vom Æther abhing, war sicher an der genauen Wetterlage interessiert. Allerdings führten einige seltsame Rohre überall an den Wänden und der Decke entlang, und in das Barometer hinein, die das Gesamtbild störten.
    Ein weiterer Diener kam und nahm Otto mit, der das Gepäck nach oben brachte. Ihnen wurde aus ihren Mänteln geholfen, bevor man sie in einen prächtigen Salon führte, der ganz in Silber und Blau eingerichtet war. Es passte alles zusammen – die gemusterten Tapeten, die Vorhänge, die Vitrinen mit den silbernen Sehenswürdigkeiten und sogar die Blumen, eine merkwürdige Sorte, die Annabelle nicht bekannt vorkam. Es schienen weiße Rosen zu sein, die aus manchen Blickwinkeln betrachtet, silbrig glänzten.
    „Das ist schon eher nach meinem Geschmack”, sagte Johanna vergnügt und bewunderte sich selbst in einem Spiegel. „Sieh, das Blau meines Kostüms passt

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