Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)
sollte er hier seinen Platz haben, rechtmäßig. Es musste sich etwas ändern, er musste sich einen eigenen Raum schaffen. In Gedanken baute er das Haus um. Vielleicht ein Anbau? Nein, vielleicht nur umräumen? Den Schreibtisch hier herüber …
Etwas zupfte ihn am Hals. Er fasste hin und bemerkte, dass der Fisch langsam hin und her zappelte. Er nahm die Brosche ab und sah, dass die blauen Kristalle intensiv leuchteten. Er lächelte. Das war ein gutes Zeichen, dachte er. Die Verbindung wurde stärker. Sie dachte wahrscheinlich auch gerade an ihn. Morgen Abend würde sie wieder hier mit ihm am Feuer sitzen.
Er trank aus und ging ins Bett.
* * *
Das Publikum war begeistert von dem Ensemble, welches die Operette »Die lustige Witwe« routiniert aber voller Schwung auf die Bühne brachte. Friedrich amüsierte sich großartig, obwohl er das Stück schon einmal gesehen hatte. Er fühlte sich ein wenig wie Graf Danilo, der Hauptdarsteller des Stückes. Nachdem der nicht die Frau heiraten darf, die er möchte, vergnügt er sich mit den Grisetten, leichten Mädchen, die sehr unkonventionell waren.
Natürlich war es in Friedrichs Leben eigentlich überhaupt nicht so, er hätte sehr wohl heiraten dürfen, wen er wollte – allen voran natürlich Johanna Winkler. Aber er wollte nicht. Er kannte einige Mädchen, die man in Baden-Baden nicht Grisetten nannte; wie man sie nannte, war ihnen und ihm eigentlich egal. Er wollte sich noch nicht binden, aber es schadete ja nichts, so zu tun als ob? Er suchte keinerlei Tragik in seinem Leben, aber er kokettierte gerne damit, um geheimnisvoll zu bleiben.
Er genoss die Gesellschaft der attraktiven Frau an seiner Seite immens. Sie hatte einiges Aufsehen erregt, als er mit ihr angekommen war. Er hatte sie seinen Bekannten vorgestellt und natürlich ein Geheimnis um ihre Herkunft gemacht. Sie hatte mitgespielt, und er freute sich schon auf den Ausklang des Abends im Kasino, wo er vorhatte, die Dame trotz seines Armes ein wenig über das Parkett zu schieben. Das würde schon irgendwie gehen.
Der Schlussapplaus war vorüber und sie schoben sich von der Garderobe zum Ausgang. Friedrich rief den Anderen noch etwas zu und fasste Alexandra dann am Arm.
„Es war schön”, sagte sie.
„Es ist noch nicht vorbei”, antwortete er lächelnd.
Sie betraten den Platz vor dem Theater, wo normalerweise viele Mietdroschken auf Kundschaft warteten. Stattdessen hatte sich eine wütende Menge auf dem Platz versammelt. Auf der einen Seite waren die Theaterbesucher, die entrüstet versuchten ihre Begleitungen so schnell wie möglich nach Hause oder zu den weiteren Abendvergnügungen zu bringen, auf der anderen Seite war eine grimmige Meute von derb gekleideten Arbeitern mit Transparenten. „Gerechtigkeit”,.”Angemessener Lohn”,.”Mehr Schut.” und andere Forderungen standen darauf.
„Ach, die Ætherfabrikarbeiter.” Friedrich kniff grimmig die Augen zusammen.
„Was ist?”, fragte Alexandra.
„Sie protestieren schon seit Längerem gegen die Ausbeutung. Aber was soll das jetzt hier?”
Er richtete sich auf und sichtete die Lage. In der Ferne konnte man schon die Pfiffe der Polizei hören, die die Menge auseinander treiben würde. Aber einige der Theaterbesucher empörten sich lautstark über die Störung und er erkannte, dass es möglicherweise bald brenzlig wurde.
Von der Seite hörte er Pferdehufe klappern und sah eine berittene Einheit der Polizei, die versuchte, die Arbeiter zur Seite zu drängeln. Ein besonders eiliger gut gekleideter Mann schob eine in dicke Pelze gehüllte Frau durch einen entstandenen Korridor in Richtung einer Droschke. Ein anderer Arbeiter warf einen Stein auf einen Polizisten, lief dabei rückwärts und prallte gegen die Dame. Beide verloren das Gleichgewicht und gingen zu Boden. Die Dame schrie hysterisch und ihr Begleiter hob seinen Gehstock und prügelte damit auf den Arbeiter ein. Ein anderer kam diesem zu Hilfe und versuchte dem Mann den Stock zu entwinden. Ehe sich alle versahen, war eine wilde Prügelei ausgebrochen, der sich immer mehr Beteiligte von beiden Seiten anschlossen. Friedrich sah Alexandra kurz an, und schickte sie ins Theater zurück.
Sie folgte seinem Befehl und lief zu den schützenden Säulen, um von dort aus einen Überblick zu behalten. Friedrich war wütend. Er konnte mit seinem Arm nicht viel machen, aber er erkannte eine kleine Gruppe von Aufständischen, die das Geschehen auch aufmerksam beobachteten. In ihrer Mitte sah er
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