Affaere im Paradies
wieder.
»Sie heirateten kaum einen Monat, nachdem sie sich getroffen hatten. Anne war so verliebt. Wir hatten – wir teilten uns damals ein Apartment, und sie sprach überhaupt nur noch von Louis und davon, hierher zu kommen und in das prachtvolle alte Haus einzuziehen, das ihm gehört. ›Heritage Oak‹. Kennen Sie es?«
Laurel nickte, und war wieder mitten in ihren eigenen Erinnerungen. »Ja, ich kenne es.«
»Sie schickte mir Bilder davon. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Anne dort lebte, als Herrin des Hauses. In ihren Briefen schrieb sie nur darüber – und natürlich über Louis.« Susan atmete zitternd ein. »Sie war so glücklich. Sie sprachen bereits davon, eine Familie zu gründen. Endlich gelang es mir, Urlaub zu nehmen. Ich wollte sie besuchen, als ich Louis’ Brief erhielt.«
Laurel nahm Susans Hand fester in ihre eigene. »Susan, ich weiß …«
»Sie war tot.« Die Feststellung klang teilnahmslos, aber der Schock war noch immer herauszuhören. »Anne war tot. Louis schrieb – er schrieb, dass sie allein das Haus verlassen habe, nach Einbruch der Dunkelheit, und in die Sümpfe gegangen sei. Der Biss einer Mokassinschlange, sagte er. Wenn man sie eher entdeckt hätte … aber man fand sie erst am nächsten Morgen, und da war es zu spät.« Susan kniff ihre Lippen zusammen und zwang sich, nicht mehr zu weinen. Die Zeit für Tränen war vorüber. »Sie war erst einundzwanzig und so hübsch.«
»Susan, es muss furchtbar für Sie gewesen sein, auf diese Weise davon zu hören. Es war ein schrecklicher Unfall.«
»Mord«, sagte Susan mit tödlich ruhiger Stimme. »Es war Mord.«
Laurel starrte Susan volle zehn Sekunden lang an. Ihr erster Impuls, sie zu beruhigen und zu trösten, schwand und wurde durch einen Hauch Zweifel, einer Andeutung von Interesse ersetzt. »Anne Trulane starb an einem Schlangenbiss und Unterkühlung. Warum nennen Sie es Mord?«
Susan stand auf und ging zum Fenster. Laurel hatte ihr nicht die Hand gestreichelt, keine leeren Worte gemacht. Sie hörte ihr noch immer zu, und Susan fühlte einen Hoffnungsschimmer. »Ich werde Ihnen sagen, was ich auch Louis gesagt habe, was ich der Polizei gesagt habe.« Sie brauchte einen Moment, um ruhig durchzuatmen. »Anne und ich standen uns sehr nahe. Sie war stets liebenswürdig, empfindsam. Sie besaß eine kindliche Niedlichkeit, ohne kindisch zu sein. Ich möchte, dass Sie begreifen, dass ich Anne so gut wie mich selbst kannte.«
Laurel dachte an Curt und nickte. »Ich verstehe.«
Susan reagierte auf dieses Zeichen von Verständnis mit einem Seufzer. »Seit sie ein kleines Kind war, litt Anne unter Angstzuständen, sie hatte Angst vorm Dunkeln. Wenn sie nachts ein Zimmer betreten musste, griff sie erst nach dem Lichtschalter. Das war mehr als nur eine Angewohnheit, es war eine jener kleinen Ängste, die manche von uns verlieren. Verstehen Sie, was ich meine?«
Laurel dachte an ihre eigenen Angstzustände und nickte wieder. »Ja, ich weiß.«
Susan trat vom Fenster zurück. »Sosehr Anne dieses Haus liebte, beunruhigte es sie doch, dass die Sümpfe so nah waren. Sie hatte mir geschrieben, sie seien wie ein dunkler Raum – etwas, wo sie selbst im Tageslicht nicht hineingehen würde. Sie liebte Louis und wollte ihm gefallen, aber sie hätte es nicht einmal seinetwegen getan.«
Sie drehte sich zu Laurel um, und ihre Augen blickten nicht mehr länger ruhig, sondern flehend drein. »Sie müssen begreifen, dass sie ihn anbetete, aber um nichts in der Welt würde sie, konnte sie das für ihn tun. Es war wie eine Besessenheit. Anne glaubte, die Sümpfe seien verwunschen … sie hatte sich so sehr in diese Vorstellung hineingesteigert, dass sie sogar Lichter dort draußen sah. Niemals wäre Anne nachts allein dort hingegangen.«
Laurel wartete einen Moment, während Fakten und Ideen ihr durch den Kopf schossen. »Aber sie wurde dort gefunden.«
»Weil jemand sie hingebracht hat.«
Schweigend schätzte Laurel die Frau ab, die ihr gegenüberstand. Der hilflose Blick war nicht mehr da. Obwohl ihre Augen noch geschwollen und rot umrandet waren, stand jetzt Entschlossenheit darin und die Aufforderung, ihr zu glauben. Der Schock und die Loyalität der älteren Schwester vielleicht, überlegte Laurel, aber sie ließ sich Einzelheiten der Geschichte durch den Kopf gehen, mitsamt dem, was sie über Anne Trulanes Tod wusste.
Es war nie klar geworden, warum die junge Braut sich allein in die Sümpfe gewagt hatte. Obwohl Laurel mit den
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