Affaere im Paradies
fest, dass Susan eine ganz andere Frau war als die, welche vor der Lokalredaktion die Nerven verloren hatte. Ihre Finger zitterten nicht mehr. Auch die Traurigkeit in ihren Augen schwand langsam dahin. Sie warf Laurel einen Blick zu, der ihr vollkommenes Vertrauen ausdrückte. Das machte die Sache für Laurel nur noch schwerer.
Jetzt nicht, sagte sie sich, während sie an ihrem kühlen, trockenen Champagner nippte. Morgen war es früh genug, wieder auf diese Sache zurückzukommen. Heute brauchte sie das Gefühl der Verzauberung und der Zeitlosigkeit. Wo sonst, überlegte sie, konnten sechs Menschen an einem Tisch sitzen, auf dem das Silber in der Sonne funkelte, das älter als ein Jahrhundert war? Die Vögel sangen und eine köstliche Brise wehte, die bald vorüber sein mochte. Diese Stimmung war zu selten, um sie mit Sorgen und Verdächtigungen zu belasten. Und sie war verliebt.
Sie sah zu Matthew hin, und ihre Augen sagten ihm alles.
»Das wird eines Tages deine Aufgabe sein, Laurellie«, stellte Olivia fest und teilte gekonnt ihr Crêpe auf dem Teller. »Traditionen wie diese sind wichtig – mehr für die Kinder als für deren Eltern. Du und Matthew seid im westlichen Flügel willkommen, sobald ihr verheiratet seid. Entweder für immer oder wann ihr es für richtig halten mögt. Das Haus ist groß genug, sodass wir uns nicht auf die Füße treten werden.«
»Noch etwas Kaffee, Mutter?« unterbrach William und warf ihr einen Blick zu, der ihr sagte, was er davon hielt, jemanden zu verkuppeln. »Ich möchte mich mit euch beiden unterhalten.« Er nickte seiner Tochter und Matthew zu. Sein Blick glitt flüchtig in Susans Richtung, aber er reichte, um Laurel anzudeuten, dass es um Anne Trulane gehen würde. »Am Montag früh in meinem Büro.«
»Geschäftliches erst am Montag.« Olivia begegnete dem Blick ihres Sohnes nicht minder dickköpfig. »Ich möchte mich über die Hochzeit unterhalten. Für eine Sommerhochzeit könnte der Garten nicht geeigneter sein. Ihr könntet hier auf der Terrasse feiern.«
»Wie wäre es mit dem kommenden Wochenende?« fragte Matthew nun und griff nach seinem Kaffee.
»Matthew, ermutige sie nicht«, riet ihm William. »Sie wird sonst Curt beauftragen, dich wegen Bruchs des Eheversprechens zu verklagen.«
»Verdammt richtig!« Der Gedanke ließ Olivia laut auflachen, während sie die Hand auf Laurels legte. »Jetzt haben wir ihn, Laurellie. William!« Sie ertappte ihren Sohn dabei, wie er ein Lachen mit einem Husten vertuschen wollte. »Wirst du diesem Jungen nicht all die unverschämten Fragen stellen wollen, die ein Vater zu stellen hat? Ein Vater kann nicht sorgfältig genug sein, wenn ein Mann seine Tochter heiraten will – besonders ein Yankee.«
»In Wahrheit«, fing Laurel an, noch ehe ihr Vater etwas sagen konnte, »heiratet Matthew mich nur des Hauses wegen und nur als Vorwand, damit er hinter Grandma her sein kann.«
Das Lächeln ihres Vaters verwandelte sich in blankes Erstaunen. »Scherzt du?«
»Nein«, sagte Laurel leichthin und tauchte eine Erdbeere in die Sahnecreme. »Matthew ist verrückt nach Grandma.«
»Laurel …« William fing mit einem Halblachen an, brach dann aber ab, weil er nicht wusste, was er sagen sollte.
»Sie macht keinen Scherz«, murmelte Curt und musterte seine Schwester. Er warf Matthew einen Blick zu, als ihm wieder einfiel, wie sehr sein Zimmergenosse von dem Foto fasziniert gewesen war und all die Fragen, die er ihm gestellt hatte. »Die ganze Zeit lang?« fragte er leise.
»Ja.« Matthew sah zu Laurel hin und lächelte. »Die ganze Zeit.«
»Nun, das war ein wohl gehütetes Geheimnis«, stellte ihr Vater fest. »Nicht einmal ich habe etwas bemerkt.«
Lächelnd hielt Laurel ihm die Hand hin. »Hast du etwas dagegen?«
Er ergriff ihre Hand. »Nichts könnte mir mehr gefallen.« Er sah zu Matthew hin. »Nichts. Allerdings …« Er lächelte und seine Finger entspannten sich, »hatte ich nicht gedacht, dass ihr beide euch überhaupt mögt. Wie ich mich erinnere, hast du für Matthew immer ein bestimmtes Adjektiv gehabt.«
»Unerträglich«, half Laurel ihm nach. »Das stimmt immer noch.«
»Das ist die Würze an dieser Verbindung«, fand Olivia und erhob sich zum Zeichen, dass der formelle Brunch beendet war. »Susan, seien Sie doch so nett und gehen Sie in mein Zimmer. Dort finden Sie in meiner Schmuckschatulle ein kleines Medaillon aus Gold, mit Perlen besetzt.«
Kaum war Susan gegangen, wandte Olivia sich an Curt. »Willst du
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