Affaere im Paradies
habe bei meiner Tante gelebt. Sie nahm mich bei sich auf, nachdem meine Mutter gestorben war und mein Vater sich abgesetzt hatte. Sie hätte es nicht tun müssen.« Er verschränkte seine Finger mit Laurels. »Sie war der uneigennützigste Mensch, der mir je begegnet ist.«
»Sie liebte dich«, murmelte Laurel dankbar.
»Ja. Wir hatten nie Geld genug, obwohl sie viel zu hart arbeitete. Als ich alt genug war, habe ich zum Unterhalt beigetragen. Entweder stieg die Miete in dieser schmutzigen Gegend oder …« Er brach ab und zuckte die Schultern. »So war das Leben«, sagte er schlicht. »Ich schwor, ich würde uns dort herausholen. Auf irgendeine Weise musste mir das unbedingt gelingen. Ich wollte Reporter werden, einen Job bei einer der großen New Yorker Zeitungen und ein Gehalt haben, das es mir ermöglichte, meine Tante in ein nettes, kleines Haus in Brooklyn Heights oder New Rochelle zu bringen.
So wurde ich Laufbursche und studierte, bis mir die Augen schmerzten. Es gab natürlich andere Wege«, murmelte er. »Schnellere Möglichkeiten, um an das Geld zu kommen, das ich brauchte, aber so etwas hätte sie nie verkraftet. Als ich dann das Stipendium bekam, war ich glücklich und verließ sie. In der Mitte meines Abschlussjahres hatte ich fast so viel gespart, um sie von dort wegzubringen – nicht in ein Haus in Brooklyn Heights, aber wenigstens in ein anständiges Apartment. In dem Sommer wäre es endlich so weit gewesen. Sie starb im März.«
Laurel wandte den Kopf und strich ihm leicht und flüchtig über seine Haut. »Sie wäre stolz auf dich gewesen.«
»Wenn ich mich für eine andere Lösung entschieden hätte, wäre sie noch am Leben.«
»Wenn du einen anderen Weg gewählt hättest«, sagte Laurel langsam, stützte sich auf die Ellbogen und sah ihn an, »dann hättest du sie selbst getötet.«
Seine Augen glänzten im schimmernden Mondlicht. »Das habe ich mir auch gesagt, aber manchmal denke ich, ich hätte ihr so sechs angenehme Monate ermöglichen können.« Er nahm Laurels Haar in die Hand und spielte mit der seidigen Fülle. »Sie lachte so gern. Irgendwie fand sie immer etwas, worüber sie lachen konnte. Allein dafür habe ich ihr viel zu verdanken.«
»Und ich ihr auch.« Laurel neigte den Kopf und küsste ihn. »Ich liebe dich, Matthew.«
»Wenn ich an dich und mich dachte, habe ich mich gefragt, wie ich es wohl anstellen sollte.« Er umfing mit seiner Hand ihren Nacken. »Wir hätten keine unterschiedlichere Herkunft haben können. Es gab Zeiten, da dachte ich, ich wollte dich nur deshalb haben.«
Als sie den Kopf hob, sah er überrascht, dass sie lächelte. »Du Dummkopf«, sagte sie liebevoll.
»So schön«, murmelte Matthew. »Ich werde nie das Bild vergessen, das Curt von dir hatte und das er auf seinem Schreibtisch in unserem Zimmer stehen hatte.«
Überrascht wollte Laurel etwas sagen, aber dann zog sie es vor zu schweigen.
»Ich konnte dich auf einer dieser langen, trägen Gartenpartys sehen, in einem Seidenkleid und mit einem Gedicht von Hut«, sagte Matthew leise. »Mir lief das Wasser im Munde zusammen. Und ich sah dich an der Seite eines Mannes, der die gleiche Erziehung genossen hatte.«
»Ich hasse es, mich zu wiederholen«, fing sie an, aber er lächelte nicht. »Du denkst an Louis«, sagte Laurel entschieden.
»Nein.« Er zog sie wieder an sich. »Nicht heute Abend.«
»Jetzt hör mir zu.« Als sie sich aus seiner Umarmung befreite, waren der Humor und die Sanftheit aus ihrem Blick gewichen. »Das, was ich für dich empfinde, hat nichts, aber auch gar nichts damit zu tun, was ich für Louis empfinde. Ich habe ihn geliebt, seit ich ein Kind war, und auf eine sehr kindliche Weise. Beide, er und Marion, waren ein bedeutender, lebenswichtiger Teil meiner Kindheit. Märchenträume, auf die jedes Mädchen ein Recht hat.«
Ihm fiel ein, dass ihre Großmutter im Wesentlichen das Gleiche gesagt hatte. Seine Schultermuskeln entspannten sich. »Ich glaube, das kann ich verstehen, Laurel. Es ist das Heute, das mich beunruhigt.«
»Heute hat er mein Mitgefühl, beide haben es. Heute wünschte ich, helfen zu können, und weiß doch im selben Augenblick, dass das, was ich tun muss, ihnen irreparablen Schaden zufügen kann. Wären meine Gefühle anders gewesen, meinst du nicht, dass ich in den letzten zehn Jahren manchmal zu ihm gegangen wäre? Ich frage mich …« fuhr sie hitzig fort, »wenn ich schon all diese Jahre darauf gewartet habe, mich zu verlieben, weshalb ich mich dann
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