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Affaere in Washington

Affaere in Washington

Titel: Affaere in Washington Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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den Brocken tauchten. Alans Hände ruhten rechts und links neben ihr auf der Brüstung.
    Shelby vergaß für eine Weile all ihre Bedenken und Ängste, lehnte sich an ihn und legte den Kopf an seine Schulter. »Es ist ein wunderschöner Nachmittag«, sagte sie leise.
    »Mein letzter Zoobesuch liegt schon sehr lange zurück«, erzählte Alan. »Ich war zwölf, und Vater hatte uns alle nach New York mitgenommen. Er bestand darauf, dass wir geschlossen von einem Käfig zum anderen marschierten.« Alan streifte Shelbys Haar mit seiner Wange und genoss die zarte, intime Berührung. »Ich tat so, als wäre ich schon zu erwachsen, um meine Freude daran zu haben. Wahrscheinlich durchlebt jedes Kind diese Phase.«
    »Bei mir hat sie volle sechs Monate gedauert«, sagte Shelby. »Damals nannte ich meine Mutter bei ihrem Vornamen, das weiß ich noch genau. ›Deborah‹, sagte ich in affektiertem Ton, ›meinst du nicht, dass ich alt genug bin, um mir blonde Strähnen ins Haar bleichen zu lassen?‹ Sie versprach, darüber nachzudenken, und betonte, sie sei stolz darauf, dass ihre Tochter schon so reif sei, um Erwachsenen-Entscheidungen zu treffen.«
    »Das hat Ihnen natürlich gefallen, und die blonden Strähnen haben Sie darüber vergessen.«
    »Stimmt«, lachte Shelby, hakte sich bei Alan ein, und sie spazierten weiter. »Es hat lange gedauert, bis ich erkannte, wie klug sie ist. Grant und ich sind keine einfachen Kinder gewesen.«
    »Ähnelt er Ihnen sehr?«
    »Grant? Mir?« Sie überlegte. »Eigentlich kaum. Er ist ein Eigenbrötler. Das war ich niemals. Wenn sich Grant unter Leuten bewegt, dann beobachtet er, nichts entgeht ihm. Er merkt sich alles, und irgendwann kommt es wieder zum Vorschein. Er ist lieber allein, wochen- und monatelang. Das könnte ich nicht.«
    »Sicher nicht, aber Sie registrieren und behalten auch alles. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie jemals einem Mann Ihr Herz geöffnet haben.«
    Shelby wollte ärgerlich etwas entgegnen, sagte aber dann in gemäßigtem Ton: »Das klingt so, als wären Sie sauer, dass ich Sie nicht erhört habe.«
    »›Noch nicht‹ ist die bessere Formulierung«, korrigierte Alan und küsste ihr liebevoll die Hand. »Schließlich sind wir erst am Anfang.«
    »Mmm.« Shelby sah auf, denn dicht neben ihnen begann ein Baby aus bemerkenswert kräftigen Lungen zu brüllen, worauf die besorgten Eltern eilig mit dem Kinderwagen davonfuhren. »Und außerdem in sehr intimer, verführerischer Umgebung.«
    »Wir sind beide an Menschen gewöhnt.«
    In einem Anflug von Übermut blieb Shelby – ungeachtet der vielen Leute – mitten auf dem Weg stehen, schlang ihre Arme um Alans Nacken und drückte sich an ihn. »Wie recht Sie haben, Senator!«
    Sie hatte erwartet, dass Alan sich lachend frei machen und weitergehen würde. Doch er dachte gar nicht daran. Sein Mund war greifbar nahe, die dunklen Augen blickten sie vielsagend an, und das Spannungsfeld zwischen ihnen lud sich zusehends auf. Ihre Herzen schlugen im gleichen Rhythmus. Drohend und gleichzeitig verheißungsvoll erwachte in ihren Körpern die Leidenschaft. Das hatte Shelby nicht beabsichtigt. Diese plötzliche Reaktion ängstigte sie.
    »Lassen Sie uns lieber umkehren und nach Hause fahren«, sagte sie seufzend.
    »Dafür ist es längst zu spät«, grollte Alan und schob Shelby in Richtung Zooausgang. Zum ersten Mal klang deutlich Verdruss in seiner Stimme. Shelby hörte den ärgerlichen Unterton, obgleich sich Alan sofort beherrschte.
    Vielleicht ist das ein Weg, überlegte sie, ihn zu veranlassen, seine Pläne aufzugeben. Ich muss mit seinen Gefühlen spielen. Aber das kann auch für mich gefährlich werden, die Sache geht mir mehr und mehr unter die Haut. Dabei halten wir noch gebührenden Abstand – trotzdem wird mein Widerstand schwächer, das merke ich deutlich. Doch ein rascher Abbruch unserer Beziehung wird möglicherweise weniger schmerzhaft sein.
    Shelby war sehr nachdenklich, als sie in Alans Wagen einstieg.
    Während Alan den Mercedes aus der Parklücke manövrierte, versuchte sie Konversation zu machen. »Es war schön mit Ihnen im Zoo«, sagte sie. »Ich bin froh, dass Sie mich überredet haben, mit Ihnen auszugehen. Bis sieben Uhr heute Abend hätte ich eigentlich nicht gewusst, was ich tun sollte.«
    Die folgende Pause war bedrückend. Alan rutschte auf seinem Sitz herum in der Hoffnung, die Muskelverspannung in der Magengrube würde sich lösen. »Ich bin immer froh, wenn ich eine klaffende Lücke ausfüllen

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