Affaere in Washington
denken nur an Zerstörung. Wenn ich, wie sich Leo ausdrückte, meinen Hut in den Ring werfen würde, wäre es mein täglich Brot, mich damit auseinanderzusetzen. Wie lange kann ich diese Entscheidung noch hinausschieben? Noch drängte die Zeit nicht, wenigstens in dieser Hinsicht.
Anders verhielt es sich auf rein privater Ebene. Er musste Shelby gegenüber Farbe bekennen. Nicht nur Namen, Heim und Familie musste sie mit ihm teilen, sondern eventuell auch den Präsidentensessel. Damit wäre auch ein Teil von ihrem Leben dem Land und den damit verbundenen Verpflichtungen versprochen.
Eine Trennung von Shelby würde für ihn nie mehr infrage kommen. Sie war seine Frau, eine Eheschließung konnte nur noch die formelle Bestätigung dieser Tatsache sein. Allerdings musste er Shelby davon erst überzeugen.
Als auf seinem Schreibtisch die Lampe aufleuchtete, war Alan ungehalten über diese Unterbrechung. Kaum fünf der geforderten zehn Minuten waren vergangen. Ärgerlich hob er den Hörer ab. »Ja?«
»Tut mir leid, Senator, aber es ist Ihr Herr Vater.«
Alan verzog das Gesicht. Auch das noch. »Also gut, Arlene, ich nehme das Gespräch. Und seien Sie nicht böse, aber heute ist der Teufel los.«
Sofort wurde ihr Ton freundlicher. »Ist schon in Ordnung. Mr. MacGregor ist etwas … aufgeregt.«
»Sie sollten sich beim diplomatischen Corps bewerben, Arlene.«
Sie lachte, dann stellte sie das Gespräch durch.
»Hallo, Dad!«
»Soso! Am Leben bist du also noch.« Die tiefe, grollende Stimme klang ironisch. »Deine Mutter und ich glaubten schon, dir sei etwas Ernsthaftes zugestoßen.«
Alan verbiss sich das Lachen. »Wie recht du hast. Neulich habe ich mich beim Rasieren geschnitten. Wie geht es dir?«
»Er fragt, wie es mir geht!« Daniel MacGregor schickte einen Seufzer durch den Draht, der jedem leidgeprüften Vater alle Ehre gemacht hätte. »Mich wundert, dass du überhaupt weißt, wer ich bin. Aber darum geht es nicht. Deine Mutter macht sich Sorgen um ihren Ältesten.«
Alan lehnte sich zurück und hörte sich die folgenden Sätze mit geteilter Aufmerksamkeit an. Man musste seinen Vater ausreden lassen, das wusste er aus Erfahrung. Schließlich gelang es ihm, nach der Mutter zu fragen. »Ist sie da?«
»Sie musste zu einem Notfall ins Krankenhaus.«
Alan wusste ganz genau, dass sein Vater nur auf diese günstige Gelegenheit gewartet hatte, um ungestört seine Meinung sagen zu können. Anna MacGregor brauchte nämlich ihren Mann nicht, wenn sie mit ihren Kindern sprechen wollte.
»Und was macht Rena, die zukünftige Mom?«, warf Alan ein.
»Da du zum Wochenende hier erwartet wirst, kannst du das selbst sehen«, wurde er informiert. »Deine Geschwister wollten, dass die Familie sich vollzählig treffen soll. Justin und Diana kommen auch.«
»Da hast du ja allerhand zu tun gehabt«, murmelte Alan.
»Was sagst du? Sprich deutlicher.«
»Ich sagte, dass dann ja allerhand Unruhe auf dich zukommt.«
»Um deiner Mutter willen kann ich meine Ruhe schon einmal opfern. Sie macht sich viel zu viele Gedanken um ihre Kinder, besonders um dich, weil du allein lebst, ohne Frau und Familie. Schließlich bist du der älteste Sohn«, Daniel MacGregor genoss sein Lieblingsthema, »und immer noch Junggeselle. Deine jüngeren Geschwister sind beide verheiratet. Aber du verbringst deine Zeit mit Herumflirten, anstatt dir deiner Pflicht bewusst zu werden, was die Fortführung der MacGregor’schen Linie angeht.«
Alans Laune wurde zusehends besser. Er lächelte sogar. »Was das angeht, kannst du dich eigentlich nicht beklagen. Vielleicht kriegt Rena ja sogar Zwillinge.«
»So!« Daniel MacGregor dachte kurz nach. Möglich wäre das allerdings. Es hatte schon verschiedene Zwillingsgeburten in der Familie gegeben. Im Anschluss an das Gespräch würde er gleich die Chronik daraufhin nachlesen. Schnell fuhr er fort: »Wir erwarten dich also am Freitagabend.« Er zog tief an der verbotenen Zigarre, dann legte er von Neuem los. »Was ist an den merkwürdigen Geschichten dran, die man in den Zeitungen findet?«
Alan stellte sich unwissend. »Kannst du nicht deutlicher werden?«, fragte er scheinheilig.
»Vielleicht – hoffentlich! – war es nur eine Zeitungsente. Ich sollte doch eigentlich meinem eigenen Fleisch und Blut vertrauen können.«
»Ich verstehe dich immer noch nicht.« Natürlich wusste Alan ganz genau, woher der Wind wehte. Aber das Gespräch war zu schön, um nicht ausgekostet zu werden.
»Als ich las«,
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