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Affinity Bridge

Affinity Bridge

Titel: Affinity Bridge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Mann
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so um sie sorgte, lächelte sie in sich hinein.
    Der weitgehend zerstörte Vorraum war lang gestreckt und rechteckig,
in den Stirnwänden befanden sich Türen. Da Newbury nach vorn gegangen war,
wandte sie sich in die andere Richtung, um den hinteren Teil des Luftschiffs zu
erkunden. Während sie vorsichtig über den mit Asche bedeckten Boden schritt,
überlegte sie, dass sie sich nun dem Teil des Schiffs näherte, der den
Passagieren vorbehalten gewesen war, denn der größte Teil der Gondel schien vor
ihr zu liegen. Sie schob sich an den verkohlten Brettern einer Anrichte vorbei,
duckte sich unter einem Gewirr herabhängender Kabel hindurch und stand endlich
vor der Tür des Passagierabteils. Die Gondel war noch einigermaßen erhalten,
auch wenn die Flammen am Holz geleckt und Ruß hinterlassen hatten. Veronica
zögerte. Höchstwahrscheinlich würde sie auf der anderen Seite mehrere Leichen
finden. Schließlich nahm sie sich zusammen und holte tief Luft. Allmählich gewöhnte
sie sich sogar an den Geruch, und ihre Kleidung war inzwischen so sehr mit
Schmiere, Staub und Ruß verschmutzt, dass es im Grunde egal war, was jetzt noch
passierte. Sie streckte die Hand zum Türgriff aus und zog sie sofort wieder
zurück. Das Metall war noch heiß vom Feuer und würde ihr trotz der roten
Lederhandschuhe Brandwunden zufügen. Nicht nur das, die Hitze hatte anscheinend
auch die Tür versiegelt. Sie zog sich etwas zurück, sah sich noch einmal um, ob
ihr auch niemand zuschaute, hob den Rock über das Knie und versetzte der Tür
mit dem Stiefel einen kräftigen Tritt. Das Türblatt wackelte im Rahmen und
splitterte, wo die Hitze es angegriffen hatte. Sie versuchte es noch einmal und
legte ihr ganzes Gewicht hinter den Tritt.
    Jetzt gab die Tür nach, sie flog auf und prallte gegen einen
Eisenträger, der auf der anderen Seite heruntergekommen war. Veronica fragte
sich, ob Newbury den Lärm bemerkt hatte und ihr zu Hilfe eilen würde, doch
nachdem sie eine kleine Weile gewartet und nichts von ihm gehört hatte, wagte
sie sich weiter vor. Wenn sie mit dem Rücken gegen die Tür drückte, konnte sie
sich vermutlich durch die Lücke zwischen der Tür und dem Träger quetschen. Sie
klemmte sich den Hut unter den Arm. Die sorgfältig modellierte Frisur war
dahin, ihr dunkles Haar fiel frei herab.
    Sie schob sich seitlich durch die Öffnung. Drinnen spürte sie noch
die Restwärme, die von der ausgebrannten Einrichtung ausstrahlte. Auf dem Boden
lag ein klebriger schwarzer Schlamm, der vermutlich aus Ruß, Asche und dem
Wasser der Löschfahrzeuge bestand.
    Veronica drehte sich um und ließ mit einem Keuchen das Taschentuch fallen.
Erschrocken starrte sie die Kabine an, in der Reihe auf Reihe die Toten
hockten. Abscheuliche, teils zu Skeletten verbrannte Leichen waren im
Todeskampf erstarrt. Manche hatten die Lehnen der Vordersitze gepackt, manche
schrien ihre Nachbarn an, einige waren auf den Boden gestürzt, nachdem sie wohl
versucht hatten, irgendwohin zu fliehen. Es war, als hätte jemand ein
grässliches Diorama erschaffen und die Insassen eines Beinhauses in diesem
schrecklichen Raum drapiert, wo sie darauf warteten, vor ihren Gott zu treten.
Langsam ging sie weiter und schluckte den bitteren Geschmack im Mund herunter.
Tränen schossen ihr in die Augen. Es war das Grässlichste, was sie je gesehen
hatte. Sie fragte sich, warum die meisten Passagiere noch an Ort und Stelle saßen
und nicht versucht hatten, nach dem Aufprall das Schiff zu verlassen, oder
warum sie nicht wenigstens in Deckung gegangen waren, um den drohenden
Aufschlag zu überleben. Die Leichen waren verkohlt, verbrannte Hautfetzen
hingen an den Knochen, die Gesichter waren in stummen Schreien erstarrt. Männer
und Frauen konnte man nicht mehr unterscheiden, höchstens, dass hier und dort
noch eine Kette am Hals einer Frau hing.
    Als sie sich vorbeugte und einen Toten näher betrachtete, fand sie
die Antwort auf ihre Frage: Der Fahrgast trug am linken Fuß eine Schlinge, die
ihn an den vorderen Sitz fesselte. Sie überprüfte es bei einem weiteren und
einem dritten Fahrgast. Alle waren auf die gleiche Weise festgesetzt. Kein
Wunder, dass die Leute nicht weggelaufen waren. Sie wären gar nicht dazu in der
Lage gewesen.
    Veronica spürte einige sanfte Regentropfen im Gesicht und blickte
nach oben. Durch die aufgerissene Hülle des

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