Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition)

Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition)

Titel: Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Schaaf
Vom Netzwerk:
dürftig aus. Der karstige Fels war unbrennbar, Steine und Geröll lagen überall herum, und die Sprengkraft der Raketen verlor in den Felsspalten der Bergbrüstung überraschend viel von seiner Wirkung.
    Die Hupe an der Kabinendecke quakte. Die Soldaten tasteten nervös ihre Waffen und die umgeschnallte Ausrüstung ab. Man zog die Riemen der mit blauem Stoff bespannten Stahlhelme unters Kinn, richtete den Blick auf den Vorgesetzten. Als die Libelle schnell zu sinken begann, erhob er sich. „Sofort ausschwärmen“, rief er. „Richtung Flussufer.“
„Was ist mit den Stellungen auf den Höhen?“ schrie die Journalistin gegen den Fluglärm an. „Etwaigen MG-Nestern?“
    „Geht uns nichts an“, brüllte der Oberleutnant zurück. „Vor allem Sie nicht.“ Er ging an ihr vorbei zum Schott. „Sie steigen als letzte aus und halten sich direkt hinter mir.“
Er lauerte auf den Moment, in dem die Helikopterkufen Bodenberührung bekamen, und riss zur rechten Zeit die Luke bis zum Anschlag auf. Mit einem Fußtritt löste er die Leiter, die rasselnd herausklappte, schwang sich durch die Öffnung und verharrte wie ein Klammeraffe kauernd auf der Sprosse, bis seine Mannschaft routiniert die Kabine verlassen hatte. Als Anica auf den felsigen Boden hüpfte, hob die Maschine bereits wieder ab. Der enge Himmel über dem Talkessel hing voller Libellen. Ihre Rotorblätter kreisten fieberhaft, und ohrenbetäubend zerhackten sie die dünne Gebirgsluft. Aus einem Hohlweg tackte Maschinengewehrfeuer auf, durch das Echo vervielfältigt wie tausend MG-Nester, erstarb jedoch jäh. Die Soldaten hasteten geduckt über das steinige Gelände auf den reißenden Wasserlauf zu, dessen jenseitiges Steilufer von verfilztem Wildwuchs gekrönt wurde. Anica sah sich um. Etwa fünfzig Meter von ihr entfernt stand ein flachgerundetes Zelt unter einem Felsüberhang. Auf Fenster- und Eingangsklappen leuchtete das rote Kreuz. Ein paar Soldaten waren dabei, einen Steinwall aufzuwerfen, und Sanitäter sprangen aus einem Helikopter, der gefährlich dicht vor dem Zelt niederging, mit den Kufen über den Boden schlitternd, und dessen Schott ebenfalls das rote Kreuz trug. Die Journalistin sah die Sanis durch die Klappe flitzen und fühlte sich veranlasst, loszurennen, ohne sich um den Oberleutnant zu kümmern. Er lief ihr nach, glitt auf dem glatten Boden aus, raffte sich auf und fiel erneut zu Boden, während die Reporterin sich bereits keuchend durch den Zelteingang schob. Der Brigadegeneral lag auf einer improvisierten Operationspritsche. Man hatte dem weltbekannten, berühmt-berüchtigten und vielzitierten Haudegen und Buchautor den Fliegerhelm abgenommen und seine lederne Uniformjacke aufgeknöpft. Er war bei vollem Bewusstsein, und zwei Sanitäter hielten ihn an Schulter und Oberarmen gepackt, während zwei weitere dem Arzt assistierten, der die Säge führte. Anica sah unter den Armen des Chirurgen hindurch auf das Gesicht des Verletzten, das nicht jung zu sein schien, sein Haar war unnatürlich schlohweiß, doch seine lebendigen Augen, die er starr auf die Plane über sich gerichtet hielt, zeigten, dass der aktive Fliegeroffizier die Vierzig kaum überschritten haben konnte. Schweißperlen rollten von seiner hohen Stirn den Hals hinunter, trotzdem spürte er offenbar keinen Schmerz. Er vermochte sich nicht mehr heftig zu bewegen, da man ihm neben der örtlichen Betäubung Rauschmittel verabreicht hatte.
    „Stopft mir was in die Ohren, los“, brüllte er. „Ich kann es nicht mehr mitanhören.“
    Einer der Assistenten hielt ihm die Ohren zu. Seine Kluft war wie die der anderen durchgeschwitzt, sie schauten unduldsam auf den Mediziner, derweil der Versehrte unbändig schnaubte, man bereite ihm hier das Ende.
    „Meine Kandidatur ist hin!“ fauchte der General, setzte atemlos hinzu: „Wenn ich das Knie behalte...“ und merkte ebenso wenig wie seine Retter, dass Anica die Kamera über die Schultern der Männer auf sein Bein und die Chirurgenhände hielt. Sie schwenkte das Objektiv auf das schweißige Antlitz des Generals und wollte gerade zu einem neuen Blickwinkel wechseln, als sie unter dem Zelteingang mit dem Oberleutnant zusammenstieß.
    „Scram, drab!“ schnaubte er wütend. „Hau ab, Hure! Das ist kein Geschäft für Video-Driver!“
    Er wollte die Journalistin derb beiseiteschieben, sie hielt stand. „Nimm deine Dreckfinger fort, Mac“, zischte sie. „Euer General verliert sein Heldenbein! Meinst du, das interessiert die Leute zu

Weitere Kostenlose Bücher