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Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition)

Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition)

Titel: Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Schaaf
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hellhäutige Frau.
    „Wie kommst du darauf, frommer Mann“, fragte Dragan zurück, „dass sie meine Ehefrauen sind?“
    „Wer schleppt schon irgendeinen beliebigen Kerl so auf den Armen. Dich hat´s aber ordentlich erwischt. An der nächsten Ecke kommt ihr zur Notarztstation.“
    „Wer von euch beiden ist denn schon verheiratet?“ wollte Dragan dann von seinen Begleiterinnen grinsend wissen.
    „Sie“, erwiderte das Mädchen einsilbig und mürrisch mit Blick auf die Pilotin.
    „Warum so verärgert?“ fragte Dragan. „Habe ich um Ihre Hand angehalten?“
An der Verbandsstation mit dem roten Halbmond verabschiedete sich Dragan dankbar, wenn auch mit zerknirschtem Gesicht.
„Passen Sie auf sich auf, Sie Schwerenöter“, sagte das Mädchen und schulterte sein Gewehr.
    „Sie wiegen fast überhaupt nichts“, schloss sich die Amerikanerin an. „Farewell, Mister!“
    Die beiden Frauen schritten nebeneinander her, nicht wie eine Gefangene mit ihrer Bewacherin, sondern wie Kameradinnen. Sie hatten nicht mehr weit zu gehen, und als Mary-Jo dann das festungsähnliche Gebäude mit den gewaltigen Umfassungsmauern erblickte, fuhr ihr blanke Angst durch die Glieder. Hier sollte sie also eingekerkert werden.
    Doch wurde sie von Lepa Brena in ein daneben liegendes Gebäude am Rande des Dorfplatzes gebracht. Der vormalige Wohnturm, praktisch nur aus einem Raum bestehend, enthielt eine Holzpritsche mit Wolldecken, auf einem Hocker daneben stand ein Teller mit einem großen Fladenbrot und eine Wasserflasche. Ein schmales Fenster unter der Decke ließ ein kleines Bündel schräg einfallender Sonnenstrahlen durch die Steinwand herein. Die Pilotin setzte sich auf den Bettrand, nachdem das Mädchen sich verabschiedet hatte, aß und trank, bevor sie sich auf der Pritsche ausstreckte.
    Sie starrte auf die Holzbalken und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Ob Burkhart eine Vorstellung von dem hat, was ich hier durchmache? Anica wird ihm sicher gesagt haben, dass ich lebe. Dass sie ausgerechnet an diesem Tag dort sein musste. Ich als Gefangene vor ihrer Kamera, ein Witz! Eines Gegners, der nun nicht länger anonym war. Jetzt siehst du in sein Gesicht, und die Welt beginnt sich plötzlich zu drehen, bis du schwindelig wirst. Ach was, sagte sie sich, bist du überhaupt verpflichtet, das alles zur Kenntnis zu nehmen? Ich bin Hubschrauberpilotin und keine Politikerin. Aber die Politik des Oberkommandos war darauf gerichtet, nicht jede Seite der Parteien als Verhandlungspartner anzuerkennen. Mary-Jo erschrak. Sie müssen rasch konferieren, damit ich schnellstens hier raus komme! Ihr Blick wanderte zu dem Fensterloch in vier Metern Höhe. Du musst deine Zeit hier absitzen, sagte sie sich, und damit hat sich die Geschichte. Unmerklich wurde sie von Müdigkeit übermannt.
    Sie erwachte, als die Dunkelheit das Tal bereits umarmt hatte. Sie stand auf und trat an das winzige Türfenster. Die Schwärze der Nacht blakte ihr entgegen, und sie wollte sich schon wieder abwenden, als sie einen spitzen Schrei ausstieß. Im flackernden Schein einer Öllampe erschien ihr eine geisterhafte Maske in der Fensteröffnung. Das Gesicht war eine grobe Andeutung eines menschlichen Antlitzes oder noch eher seine aus rötlichem Pappmaché gefertigte Nachahmung ohne Wimpern und Brauen, es war starr und verzerrt. Die Maske begann, die Lippen zu bewegen, zeigte unregelmäßige Zähne, die Augen huschten flink hin und her, und ihre Stimme sprach halblaut serbokroatische Worte. Plötzlich wurde die rußende Flamme ausgeblasen, zurück blieb das schwarze Loch in der Tür.
Nach dem Rest der ruhelosen Nacht unter beängstigendem Alpdruck und beklemmender Gedankenflut brachte die schöne Brena das Frühstück. „Hast du gut geschlafen?“ fragte sie freundlich.
    „Ich glaube“, antwortete Mary-Jo niedergedrückt, „ich habe schlecht geträumt.“
    „Das tut mir leid für dich“, tröstete das Mädchen höflich.
Ein Geräusch an der Tür weckte Mary-Jos Aufmerksamkeit. Sie schrie auf. In der Öffnung stand ein junger Mann in einem schwarzen Overall. Er hielt Teekanne und Glastasse in Händen. Das Gesicht dieses Jungen war die Maske der Nacht. Seine Augen blickten die Amerikanerin aus lidlosen Höhlen, doch gleichwohl lebendigen Augen verständnislos an. Er überreichte Mary-Jo das Getränk, und sie sah, dass die Haut seiner Hände und Unterarme genauso aussah wie sein Gesicht, hart und rissig und wie geräuchertes Leder in verschiedenen rötlichen Farbtönen. Er

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