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Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition)

Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition)

Titel: Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Schaaf
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Versuch überraschte, ohne Erlaubnis die Wäldchen aufzusuchen, etwa um Holz zu sammeln, rigoros und ohne Anruf geschossen wurde.
    Der Gefängniskommandant empfing die UN-Delegation mit einem Schwall freundlicher Begrüßungsworte, die freilich ausschließlich der blonden Reporterin zu gelten schienen, da er nur sie beim Sprechen ins Auge fasste. Im Gefängnishof war ein langer Tisch gedeckt mit einer Anzahl hiesiger Leckerbissen und verschiedenen alkoholischen Getränken, natürlich vorwiegend heimischen Weinen und Obstschnäpsen. Die Journalistin beobachtete, wie ihr Kollege Zudeck-Perron ungeniert vor den UN-Angehörigen zulangte, und hörte, wie er schmatzend seine Lieblingsthese von sich gab: „Gesundes Empfinden stumpft im Krieg ab, muss abstumpfen. Bliebe es wie in normalen Zeiten, wäre das unnormal. Ein am Straßenrand liegender Toter in fremder Uniform kann nicht das Mitgefühl wecken wie sonst irgendein Mensch, der eines gewaltsamen Todes gestorben ist. Der Tod eines Menschen in fremder Uniform kann im Krieg nicht als Unglück empfunden werden; durch Detonation und Brand verwüstete Gebäude, demolierte, ineinandergerammte Fahrzeuge mit fremden Kennzeichen können nicht als Folge einer Katastrophe empfunden werden, an die man in normalen Zeiten mit Entsetzen denkt. Diese toten fremden Fahrzeuge wie auch die toten fremden Menschen fasst du im Krieg schon deshalb nicht als Zeichen eines Unglücks auf, weil sie unmittel- oder mittelbar die Folge deiner eigenen Anstrengungen sind, bei denen du selbst dein Leben aufs Spiel gesetzt hast.“
    „Haftet dem würgenden Leichengestank, den unzählige herumliegende Körper in irgendwelchen Uniformen oder in Zivilkleidern verbreiten, nicht der Geruch des Unglücks an?“ fragte Anica. „Sowohl dem Sieger als wie auch dem Besiegten? Falls man das überhaupt noch auseinanderhalten kann. Es lässt auch das Empfinden jener nicht kalt, vor deren Augen sich das Desaster abgespielt hat.“
    „Greifen Sie lieber zu, Klingorchen“, meinte Zudeck-Perron ungerührt und aufgekratzt, „solange der Vorrat reicht. Im Übrigen gratuliere ich Ihnen zu Ihrer guten Nase. Obwohl – das mit dem viehischen Moloch ist doch wohl ein schlechter Witz, oder?“
„Der Natur“, erwiderte sie nickend, jedoch ohne sich am Büfett zu beteiligen. „Es soll sich um einen Hund mit mehr als einem Kopf handeln.“
    „Oh Heiliger“, rief Zudeck-Perron erschrocken und verzog das Gesicht. „Ein Köter mit zwei Köpfen gilt genauso als Unglücksbringer wie eine zweiköpfige Schlange oder ein Kalb mit Doppelschädel. Sogar an Kinder mit zwei Köpfen kann ich mich erinnern, die ich fotografiert habe. Sehr selten, aber immer ein ungeheures Unglück. Hier sagen die Leute, so etwas rufe die Bora herbei, diese katastrophale eisige Windsbraut.“
    „Das macht Ihnen Angst?“
    „Davor nicht“, entgegnete er, „solange der Dicke da in der Oberstuniform mit Schnaps um sich wirft. Vielleicht kriegen wir ihn herum, dass er uns anschließend noch eine saftige Bastonade vorführt. Wissen Sie eigentlich, dass hier noch die Prügelstrafe praktiziert wird?“
    „So wie Sie das sagen, wäre Ihnen eine noch deftigere Erschießung lieber.“
    „Warum nicht? Der Knast soll proppenvoll gestopft sein.“
    Anica nahm stirnrunzelnd ein Glas, nippte daran. In die Nähe des Tisches wurde jetzt ein geräumiger Käfig herbeigerollt, bedeckt mit einer großen Plane. Mit feierlicher Geste riss der Offizier das Tuch herunter.
    Zum Vorschein kam ein riesiger Mischlingshund mit räudigem Langhaarfell. Bestürzt blickte die Journalistin auf die zwei ungleichartigen Köpfe mit je einem Paar verschiedenfarbiger Augen, aus denen er seine Betrachter durch die engen Gitterstäbe fixierte. Fast akkurat wie in diesem Traum, dachte Anica, als das Geschöpf sich scharf bellend aufrichtete, weil ein Soldat es mit dem Stock angestoßen hatte.
    „Wir lassen ihn heraus“, sagte der Oberst zuvorkommend. „Halten Sie Ihre Kamera bereit, Gospodjice. Es ist soweit.“
    Zwei Soldaten zerrten den Hund an zwei starkgliedrigen Ketten aus dem Zwinger, derweil andere ihre Automatgewehre schussbereit auf das bizarre Geschöpf richtete. Der Oberst selbst stand breitbeinig mit entsicherter Maschinenpistole dabei. Zudeck-Perron nahm den Fotoapparat hoch. Die TV-Kamera der Journalistin schnurrte bereits leise. Hoffentlich hält der Bandlauf, hoffte sie. Auch mehrere Unteroffiziere hatten erwartungsheischend Fotoapparate gezückt. Aus dem

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