Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition)
dass es damals sehr wohl möglich gewesen wäre, die dänischen Panzer nach Srebrenica zu bringen. „Die wären ungehindert dahin gefahren. Und dann hätte es das Massaker von Srebrenica nie gegeben.“ So Ex-Bundeswehrgeneral Manfred Eisele wörtlich in unserer Sendung vom 5. April 2002. Nachdem die Sendung gelaufen war, erinnerten sich plötzlich auch andere Leute, mit denen wir zunächst erfolglos gesprochen hatten, dass es die Diskussion über die Verlegung der dänischen Panzer nach Srebrenica gegeben hatte. Darunter auch einer unserer Interviewpartner in Dänemark, der uns dann sogar Namen nennen konnte von Militärs und Diplomaten, die damals an der Diskussion beteiligt waren.
7. Welche Vorkenntnisse hatten die Nachrichtendienste und die UNO?
Gut ein halbes Jahr später, am 1. November 2002, haben wir eine Sendung zu der Frage gemacht, wie das NIOD zu der Schlussfolgerung kommen konnte, dass die westlichen Nachrichtendienste keine relevanten Vorkenntnisse zur Eliminierung von Srebrenica gehabt hätten. In der NIOD-Studie selbst sind Dutzende der Hinweise auf einen bevorstehenden Angriff dokumentiert, allerdings verstreut und unzusammenhängend. Sie werden in der Studie keineswegs widerlegt, sondern die NIOD-Forscher lassen sie im Schlusskapitel schlicht unter den Tisch fallen. Als ‘Belege’ gibt es lediglich Verweise auf Aussagen anonymer Gesprächspartner in den Fußnoten.
In unserer Sendung zu dieser Art der Wahrheitsfindung durch das NIOD interviewten wir die für die Geheimdienst-Teilstudie zuständigen NIOD-Forscher. Dabei konfrontierten wir sie unter anderem mit den Aussagen von General a.D. Manfred Eisele. „Das kann nicht stimmen“ , lautete die Reaktion des NIOD-Geheimdienst-Experten Cees Wiebus. „Wir haben Herrn Eisele auch interviewt und uns hat er nichts von alledem erzählt.“ Wir erwiderten, dass Eisele auch erst angefangen hatte zu reden, nachdem wir ihm gezeigt hatten, dass wir die Informationen über die UNO-interne Diskussion aus anderer Quelle schon hatten.
Aber auch das mochte die NIOD-Experten nicht überzeugen. Die amerikanischen Satellitenaufnahmen, die Eisele seiner Aussage in unserer Sendung nach bereits im Frühjahr 1995 zu sehen bekommen hatte, wurden laut Cees Wiebus vom NIOD erst im August 1995, also nach dem Fall der Enklave, erstmalig Nicht-Amerikanern überhaupt gezeigt. Das hatte ein hochrangiger amerikanischer Geheimdienst-Funktionär ihm persönlich gegenüber erklärt. Damit war für die NIOD-Forscher unsere gesamte Geschichte - und auch die Aussage des ehemaligen Bundeswehrgenerals und UNO-Spitzenfunktionärs Eisele - Blödsinn. Manfred Eisele selbst blieb bei seiner Aussage, dass er die amerikanischen Satellitenaufnahmen, auf denen serbische Vorbereitungen für den Angriff auf Srebrenica klar zu erkennen waren, bereits im März 1995 gesehen hatte. Nicht auf dem offiziellen UNO-Dienstweg, aber mit eigenen Augen.
Schon im Juni 2001 hatten wir eine Sendung gemacht zu der Frage: Was wussten die Nachrichtendienste über die serbischen Angriffsvorbereitungen zu welchem Zeitpunkt und was ist mit diesen Informationen geschehen? Auf der Grundlage von Geheim-Dokumenten aus den Archiven des niederländischen Nachrichtendienstes MID, hatten wir aufgezeigt, dass auch MID in den Wochen und Monaten vor dem Fall von Srebrenica über Berichte unter anderem aus der Enklave selbst heraus verfügte, in denen explizite - zum Teil in dramatischen Worten formulierte - Hinweise auf die serbischen Angriffsvorbereitungen standen. Diese wurden jedoch in der zuständigen Analyse-Abteilung des MID in Den Haag uminterpretiert. Es gäbe keine ernsthaften Hinweise darauf, dass die Serben es wagen würden, die Enklave direkt anzugreifen. Als der Angriff voll im Gange war und die serbischen Truppen längst in der Enklave standen, urteilte diese MID-Abteilung, Mladic habe es nur auf den südöstlichen Zipfel der Enklave abgesehen und auf eine Verbindungsstraße.
Dies geht hervor aus den täglichen Lageberichten, die der MID im Juli 1995 erstellte, sogenannten ‘IntSums’ (Intelligence Summaries), aus denen wir in unserer Sendung am 29. Juni 2001 zitierten. So besagte ‘IntSum 130.95’, vom 10. Juli 1995, also vier Tage nachdem der serbische Angriff begonnen hatte:
„Die bosnisch-serbischen Truppen wollen mit ihrer laufenden Aktion vermutlich eine bessere Kontrolle über die für sie bedeutende Ost-West-Verbindungsstraße südlich von der Enklave erreichen. Es hat nicht den Anschein,
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