African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern
wir mehr Platz als in dem zuvor gemieteten Kinderhaus, doch auch dieser reicht schon lange nicht mehr aus. Inzwischen sind auch diejenigen von dem Projekt überzeugt, die mich anfangs so geschmäht und verdächtigt hatten. Heute wollen fast alle Eltern, dass ich ihre Kinder aufnehme. Wir haben eine Warteliste, auf der 600 Namen stehen.
Im Moment ist es unmöglich, so viele aufzunehmen. Bei jedem zurückgewiesenen Kind blutet mir das Herz. Was bringt in diesem Alter schon eine Warteliste? Kostbare Jahre der Prägung, die Zeiten, in denen ein Kind am leichtesten lernt, gehen verloren. Ich habe zu jedem Kind auf der Liste ein Foto, sodass ich mit jedem Namen auch ein Gesicht verbinden kann. Ich sehe mir die Bilder immer wieder an, was mir Kraft zum Weitermachen gibt. Inzwischen wohnen 56 Kinder bei uns und das ist bei Weitem nicht genug.
Damit mehr Kinder die Möglichkeit einer Schulbildung erhalten können, hatte African Angel 2008 beschlossen, auf dem Grundstück in Accra ein zusätzliches Haus zu errichten. Das Erdgeschoss und die beiden oberen Stockwerke stehen bereitsim Rohbau da. Im Sommer 2009 habe ich diesen wichtigen Bauabschnitt persönlich überwachen können. Mein Ziel, die Betondecke über dem zweiten Stockwerk fertigstellen zu lassen, Türen und Fenster einzubauen und im Erdgeschoss bereits das neue Büro zu beziehen, habe ich erreicht. Auch die Elektrik und die Wasserleitungen sind verlegt worden. Wie immer ist es bis zuletzt eine Zitterpartie gewesen.
Im Jahr 2011 soll das neue Haus bezugsfertig sein, das uns die Möglichkeit geben wird, weitere 100 Kinder aufzunehmen. Dann soll es um ein drittes Stockwerk erweitert werden. Für unsere Besucher werden zwei schöne Gästezimmer mit eigener Dusche und Toilette entstehen. Wer heute zu uns kommt, schläft entweder im Wohnzimmer auf dem Sofa oder muss sich in ein außerhalb liegendes Gästehaus einmieten.
Für das Erdgeschoss sind eine Bibliothek und ein großer Computerraum geplant. Bereits jetzt erhalten unsere Kinder Computerunterricht und jeden Nachmittag kommt ein Nachhilfelehrer, der mit ihnen den Stoff des Vormittags nochmals durchgeht und vertieft. Sie arbeiten mit speziellen Lernprogrammen, bei denen sie auf jede Frage eine Antwort erhalten. Wissen ist wertvoll, das sage ich ihnen immer wieder.
Das gilt auch für mich in meiner Rolle als Bauherrin. Wie viel Sack Zement brauche ich für die Zwischendecke des Neubaus? Und was kosten sie? Wie viel Meter Elektrokabel muss man pro Stockwerk einrechnen? Reichen 200 m2 Fliesen oder soll ich lieber ein paar Kartons mehr nehmen? Wenn ich kleine Mengen nachkaufen muss, bezahle ich den doppelten Preis. Und so weiter und so fort.
Es fällt mir immer schwer, meinem Vorstand zu erklären, warum das bewilligte Geld mal wieder nicht gereicht hat. Aber in Afrika muss man mit vielen Unwägbarkeiten rechnen. Da ist etwa der schwankende Umrechnungskurs. Durch die Inflation, die zwar nicht mehr so horrend ist wie noch vor ein paar Jahren, kann ich vorher nie genau sagen, wie viel Geld ich für das Baumaterial ausgeben muss. Oft muss ich spontan entscheiden und handeln und auch Geld auf den Tisch legen, will ich verhindern, dass die Arbeiter am nächsten Tag nicht mehr erscheinen.
Bei den Handwerkern bin ich inzwischen berüchtigt und dafür bekannt, dass ich nichts durchgehen lasse und auch den kleinsten Pfusch sofort bemerke. Ich verlange von ihnen Qualitätsarbeit und Leistung, faule Arbeiter haben bei mir nichts verloren. Doch wider alle Vorurteile gegenüber Afrika gibt es hier durchaus eine Menge verlässlicher und gut ausgebildeter Kräfte. Ich muss ihnen nur zeigen, dass ich auch als Frau in der Lage bin, meine Interessen zu verteidigen.
Dass ich das kann, ist inzwischen hinlänglich bekannt. Es macht mir nichts aus, auf der Baustelle auch mal laut zu werden, wenn es nicht so läuft wie es soll. Aber ich lobe auch und erkenne eine gute Arbeit an. Die Männer brauchen beides. Und Gott sei Dank habe ich Freunde, die mich bestens beraten, den Fachhandwerkern zwischendurch auf die Finger sehen und kontrollieren, ob das von mir bezahlte Baumaterial auch tatsächlich für das »African-Angel-Cottage« verwendet wird. Darüber hinaus sprechen sie Empfehlungen für zuverlässige Facharbeiter aus.
Dass dies alles möglich ist, verdanke ich den treuen Mitstreitern von African Angel und den unzähligen Spendern. Auch den Redakteuren und Journalisten der verschiedenen Zeitungen und Sender, die dabei helfen, unser
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