African Angel - Mit 50 Cents die Welt veraendern
verlegen. Die Nachbarn profitierten davon und mussten ihren eigenen Haushalt nurnoch an die Straßenableitung anschließen. Die Nachbarschaft weiß das bis heute zu schätzen und ist uns seitdem wohlgesonnen.
Ich bin eine Respektsperson im Viertel, in dem hauptsächlich gut situierte Familien wohnen, aber auch arme Haushalte zu finden sind. Einen aus einem solchen Haus stammenden Jungen haben wir in unser Programm integriert. Er ist groß, höflich und hat ein ansteckend strahlendes Lächeln, konnte aber nicht einmal Englisch.
»Warum nicht?«, fragte ich.
Er blickte beschämt. »Weil ich nicht zur Schule gehen kann.«
»Was?! So ein hübscher und kluger junger Mann geht nicht zur Schule?«
Ich sprach mit seinen Eltern, die sich das Schulgeld tatsächlich nicht leisten können. Da habe ich mit ihnen vereinbart, dass der Junge zwar zuhause wohnen bleibt, aber gemeinsam mit »meinen« Kindern zur Schule geht. So wie er bin ich sehr stolz auf seine Fortschritte. Alle Kinder strengen sich in der Schule an und er ganz besonders.
Über die Kinder von African Angel gäbe es so viel zu erzählen. Von Matilda, die ihr Gegenüber den ganzen Tag mit Fragen löchern kann und nie genug Antworten bekommt. Von Veronica, die anfangs als lernbehindert galt und inzwischen zu den Besten ihrer Klasse gehört. Von Deborah, die Schauspielerin werden will, und von Priscilla, die – wie ich einst – einmal als Pilotin Flugzeuge durch die ganze Welt fliegen möchte. Der 15-jährige Nee Ayesu spart sein bisschen Taschengeld, um es seiner Mutter zu geben, die außer seinen Geschwistern noch seine alte und kranke Oma versorgen muss. Und von James, der fließend Französisch spricht und ein wahres Mathematikgenie ist. Die älteste unserer drei Marys ist die Klügste von allen Kindern. Einmal hat sie einem Besucher aus Deutschland versprochen, bei seinem nächsten Besuch fließend Deutsch zu sprechen, und übt nun jeden Tag mit Kassetten. So hat jedes Kind seine eigene Geschichte.
Viele wundern sich, dass »meine« Kinder trotz ihres anfänglichen Rückstands so gut in der Schule sind. Ich habe da meine eigene Theorie: Sind die Menschen in Bukom auch bitterarm, so ernähren sie sich doch von frühester Kindheit an überwiegend von Fisch und anderen Meerestieren. Das in ihnen enthaltene Eiweiß und die ungesättigten Fettsäuren sorgen für einen optimalen Aufbau des Gehirns.
Ich habe herausgefunden, dass eine Menge berühmter und erfolgreicher Ghanaer, die in Politik, Wirtschaft und Forschung eine führende Rolle spielen, ihre Wurzeln in Bukom und den Absprung aus dem Slum geschafft haben. Gelingt es also jemandem, Bukom und dem Negativkreislauf zu entkommen, dann scheinen ihm alle Möglichkeiten offenzustehen. Mit den Kindern von African Angel verhält es sich da nicht anders. Ich bin sicher, dass wir in Zukunft noch von ihnen hören werden.
Ich werde immer wieder gefragt, warum ich die ganze Arbeit überhaupt mache. Weshalb ich nicht auf meine Mutter höre, mir in Accra ein schönes Haus baue und die Tage gemütlich angehe. Die Antwort ist: Diese Kinder haben mir das Leben gerettet. Diejenigen, die immer nur für sich sorgen, wissen nicht, wie reich und glücklich es macht, anderen zu helfen. Es geht mir nicht darum, mich auf einen Sockel zu stellen und zu sagen: »Hey, seht mal, wie toll ich bin.« Zumal das nicht den Tatsachen entsprechen würde. In Wirklichkeit bekomme ich von den Kindern nämlich ein Vielfaches von dem zurück, was ich ihnen gebe.
Die wichtigsten Dinge im Leben sind mit Geld nicht aufzuwiegen. Wir bringen nichts mit, wenn wir in diese Welt kommen, und nehmen nichts mit, wenn wir gehen. Wenn ich sehe, dass die Kinder unbeschwert lachen können, richtig fröhlich sind und miteinander in Liebe umgehen, ist das für mich dieschönste Belohnung, dann haben sich der Stress, die harte Arbeit und die vielen bitteren Rückschläge ausgezahlt.
Wenn die Bukom-Kinder lernen, was Zufriedenheit ist und dass sie nicht mit diesen Ungerechtigkeiten zwischen Arm und Reich leben müssen, werden sie aktiv in ihre Welt eingreifen können. Ich demonstriere ihnen täglich, dass nichts unmöglich ist.
Denn es geht ständig weiter. Beim Umbau der alten Häuser habe ich meine ersten Erfahrungen als Bauherrin gemacht. Diese kommen mir jetzt zugute und ich lerne täglich Neues dazu. Ich habe große Pläne – Pläne, die meinen Vereinsvorstand mitunter zum Schwitzen bringen.
In den beiden Häusern des »African-Angel-Cottage« haben
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