African Boogie
müssen. – Hab’ ihm übrigens gerade sein Frühstück gebracht. Er tobt noch immer.«
Von Weillher hatte also ein Alibi – falls tatsächlich etwas passiert war.
Die Bronskis bewohnten einen der größeren Bungalows mit zwei Schlafzimmern. Harry drückte die Tür auf und machte vorsichtig das Licht an. Der Wohnraum war leer. Die beiden Schlafzimmer auch. Das Badezimmer war gleichfalls leer und bot auch keinen geheimen Zugang.
Wo steckten die Bronskis? Katharina stand im Wohnraum und sah sich um. Hoffentlich gab es irgendwo einen Hinweis.
»Frau Klein? Schauen Sie mal.« Andreas Amendt hatte die Minibar geöffnet. Dort stand wieder eine kleine Flasche Sekt, allerdings ungeöffnet. Und unter der Flasche klemmte ein Zettel.
Ich habe den Laptop von Dirk-Marjan Jakutzki. Da sind Informationen drauf, die Sie interessieren dürften. Wir sollten ins Geschäft kommen. Treffen Sie mich heute Nacht am Pool. 1:30 Uhr.
Der Zettel war mit einem Computer geschrieben und nicht unterzeichnet.
»Wie kommt der denn hierher?«, fragte Harry. »Der Freiherr sitzt doch ein.«
»Den kann er auch schon vorher platziert haben. Noch vor der ganzen Geschichte mit Jean-Luc und Dirk-Marjan«, widersprach Katharina.
»Oder der Freiherr ist nicht der Täter«, sagte Andreas Amendt triumphierend. »Dieses Rendezvous hat er zumindest nicht einhalten können. – Und daher frage ich mich: Wo sind die Bronskis?«
»Ich glaube, wir schauen besser mal nach«, antwortete Harry. »Mit etwas Glück sind die einfach nur auf den Liegestühlen am Pool eingeschlafen, während sie gewartet haben.«
Am oder im Pool war niemand. Einer Eingebung folgend ging Katharina in die Sporthalle, zur Tür, die in die Schmugglerhöhlen führte. Sie fasste die Klinke an. Nicht abgeschlossen. Sie wuchtete die Tür auf und spähte ins Dunkel. Dann drehte sie sich zu Harry um, der ihr zusammen mit Andreas Amendt und Javier gefolgt war: »Wir brauchen Lampen. Und Augustin. Der muss uns runterführen.«
Endlich kam Harry mit Augustin zurück. Sie trugen mehrere Taschenlampen; Augustin hatte sich ein Seil über die Schulter geworfen.
Hinter den beiden lief Kristina. Entschlossen stapfte sie auf Katharina zu: »Ich will mitmachen.«
»Wobei?«
»Na dabei, den Mörder von Dirk-Marjan zu finden.«
»Hör mal«, fing Katharina an. »Das ist nichts für Amateure. Nicht wie im Krimi. Dazu braucht man Ausbildung, Erfahrung –«
»Mit deiner tollen Ausbildung und Erfahrung warst du ja bisher nicht sehr erfolgreich«, erwiderte Kristina grimmig. »Und Dirk-Marjan war mein bester Freund.«
Sie würde Kristina wohl nicht von dieser Idee abhalten können. Und in Katharinas Nähe war die junge Frau sicherer, als wenn sie auf eigene Faust unterwegs war. »Also gut. Aber tu bitte genau, was ich sage. Und wenn es gefährlich wird, verziehst du dich.«
»Na gut«, lenkte Kristina ein. »Gehen wir dann?«
Katharina wusste schon, dass sie auf der richtigen Spur waren, bevor sie die Sklavenzelle am unterirdischen Hafen betraten. Über dem Geruch nach brackigem Meerwasser, abgestandener Luft und verrottetem Holz lag noch etwas anderes: metallisch, süßlich, scharf. Blut, Kot, Urin. Tatortgeruch.
Sie ließ den Strahl ihrer Taschenlampe über den Boden und die Wände der Zelle gleiten, bis er auf zwei Körper fiel: Die Bronskis hingen schlaff und leblos an der Wand gegenüber der Tür, mit den ausgestreckten Armen an die in die Wand eingelassenen Stahlringe gefesselt. Um sie herum hatte sich eine dunkle, klebrige Lache gebildet: geronnenes Blut. Zwischen den beiden Leichen lagen ein paar Metallgegenstände auf dem Boden: zwei große Messer und eine Geflügelschere, vermutlich die Tatwerkzeuge.
Es war merkwürdig, dachte Katharina, als sie näher trat: Trotz des vielen Bluts auf dem Boden waren auf den ersten Blick keine Verletzungen zu erkennen.
Sie zog Bronskis schwarzen Rollkragenpullover vorsichtig nach oben. Auf dem Brustkorb klaffte eine große Wunde. Die Rippen standen hervor, mit Gewalt auseinandergebogen.
»Oh Gott, die sind wirklich tot, oder?« Wer stellte denn so eine dämliche Frage? Natürlich! Kristina! Die hatte Katharina vollkommen vergessen. Plötzlich begann die junge Frau zu würgen.
Katharina befahl: »Nach draußen! Nicht hier drin!«
Augustin packte Kristina und führte sie durch die Tür. Sie hörten noch stärkeres Würgen und Platschen. Kristina erbrach sich. Katharina hätte ihr das gerne erspart, aber sie hatte ja unbedingt mitkommen
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