African Boogie
Tasche. Dann stellte sie ihre Taschenlampe auf den Boden und begann, die Streifen auszubreiten. Sie sortierte sie rasch in die Reihenfolge, die sie am Abend zuvor entdeckt hatte.
»Was machen Sie denn da?« Javier, der sich wieder halbwegs beruhigt hatte, hockte sich neben sie.
»Das habe ich gestern Nacht entdeckt. Doktor Amendt hat mir ja alles aufgeschrieben, was er und Frau Herbst bei den Untersuchungen herausgefunden haben.« Sie deutete nacheinander auf die vier Gruppen, die sie gebildet hatte: »Die hier sind zusammen zur Schule gegangen. Mandeibel, Jean-Luc und Frank Heidlich. Das muss dieser blasse Typ sein, der ständig von seiner Frau herumkommandiert wird. Und die hier«, sie zeigte auf die zweite Gruppe, »sind ebenfalls zusammen zur Schule gegangen. Aber auf eine andere. Das Schauspielerpärchen, diese Sylvia Schubert und Christian Kurt, der ständig mit heraushängender Zunge Frauen hinterherstarrt. Die dritte Gruppe, Darissa von Heuth, Manuela Striese – das ist die, die aussieht wie ein Rauschgoldengel –, diese Claudia Weisz und Sabrina Jacheau –«
»Wer?«, fragte Javier dazwischen.
»Die sich … mit den ganzen Männern eingelassen hat. Also, die kennen sich alle vom Studium. Die letzte Gruppe, die Bronskis, Kristina und Dirk-Marjan: Die sind beruflich verbandelt.«
»Und?«
»Sehen Sie es nicht? Das ist ein Lebenslauf! Zwei Schulen, meinetwegen Grundschule und Gymnasium, Studium, Beruf. Das sind die Lebensetappen eines Menschen.«
»Clever«, stimmte Javier zu. »Aber die anderen?«
»Hm, die sind alle älter. Am einfachsten ist da noch der Studienrat Leune. Vermutlich Lehrer am Gymnasium. Der Pfarrer, Giesler …«
»Konfirmationsunterricht?«, schlug Javier vor. »Vielleicht hat er unseren Täter missbraucht oder so?«
»Möglich«, fuhr Katharina fort. »Wen ich noch nicht unterbringen kann, sind der Unternehmensberater, Doktor Urban, und diesen Juwelen-Weihnachtsbaum … Luisa Rheinsberger.«
»Vielleicht Bekannte der Eltern. Würde vom Alter her passen«, schlug Andreas Amendt vor, der sich inzwischen aufgesetzt hatte und zuhörte.
»Und die anderen? Da bleiben noch der Arzt und dieses Tankstellenbesitzer-Paar.«
»Oh, das kann ich aufklären.« Andreas Amendt wirkte erleichtert, etwas Produktives beitragen zu können. »Tankstellen beschäftigen oft Studenten. Vielleicht hat unser Täter da gejobbt. Habe ich übrigens auch mal. Sind nicht die angenehmsten Chefs. Und Norrisch? Jeder Arzt macht Fehler. Vielleicht hat er den Täter falsch diagnostiziert. Sodass er jetzt unheilbar krank ist. Das würde auch die Eile erklären, mit der er mordet.«
»Aber das Motiv für die anderen? Rache?«, fragte Javier zweifelnd.
»Das liegt doch auf der Hand«, sagte Katharina. »Die Weisz, die Schubert, Sabrina Jacheau, der Rauschgoldengel: alle der gleiche Frauentyp. Lange, blonde, gelockte Haare, nicht besonders groß. Ich würde sagen: unglückliche Liebschaften.«
»Und Darissa von Heuth?«, fragte Andreas Amendt dazwischen.
»Keine Ahnung.«
»Könnte die beste Freundin gewesen sein«, dachte Amendt laut nach. »Soll es geben.«
»Wieso gehen Sie eigentlich von einem Mann als Täter aus?«, fragte Javier. »Kann es nicht auch eine Frau sein?«
»Möglich. Ja. Aber Frauen sind selten so direkt brutal«, antwortete Katharina.
Andreas Amendt widersprach: »Das würde aber erklären, warum er oder sie so viel Distanz zwischen sich und den Opfern lässt. Betäubungsmittel, ferngesteuerte Mordmaschinen und so weiter. Weniger Krafteinsatz, weniger Risiko.«
»Bis auf die Bronskis«, wandte Katharina ein.
»Ach, die waren auch betäubt. Keine Abwehrverletzungen. Und so viel Kraft braucht das Aufschneiden eines Brustkorbs auch nicht.«
»Okay, meinetwegen. Der Täter kann auch weiblich sein«, lenkte Katharina ein. »Die anderen Motive … na ja, fiese Lehrer kennen wir ja alle. Und Mandeibel war ein Bully, das wissen wir. Ebenso Jean-Luc.«
»Bleiben noch Urban und diese Luisa Rheinsberger«, stellte Javier fest.
»Finden wir noch raus!« Katharina fuhr zuversichtlich fort: »Mein ist die Rache! Das ist ja eigentlich ziemlich eindeutig. Und die Theorie mit der tödlichen Krankheit klingt einleuchtend. Dann hat er oder sie nichts mehr zu verlieren.«
»Einen Einwand habe ich noch«, sagte Javier. »All das, die ganzen Reisen, die Vorbereitungen. Das braucht Ressourcen und Ortskenntnis.«
Katharina dachte an ihre eigene Familie. Ihre Eltern waren dank des Kunstgeschäfts
Weitere Kostenlose Bücher