African Boogie
keine Uniform, sondern ein weites, türkis geblümtes Hawaiihemd. Doch seine lieben braunen Augen waren noch die gleichen.
»Was machst du hier?«, fragte Katharina endlich.
»Das könnte ich dich auch fragen. – Komm, nimm Platz.« Er räumte ein paar Unterlagen von einem Stuhl. »Also, was machst du hier? – Undercover-Arbeit?«
»Was? Wieso das denn? Nein, ich bin im Urlaub …«
Harry lachte auf: »Kaja, du warst noch nie eine gute Lügnerin. Und echte Papiere mit falschem Namen …«
»Echt?«, rutschte es Katharina heraus.
»Natürlich! So echt, wie es nur geht. Sogar das Einwohnermeldeamt und das Telefonbuch kennen eine Zoë Yamamoto, wohnhaft in Offenbach. Musste das sein, Kaja? Offenbach?« Er lehnte sich vor: »Komm schon. Du bist doch in offiziellem Auftrag hier, oder? Du kennst mich doch.«
»Nein, ich bin wirklich nur im Urlaub …«
»Lüg mich nicht an. Wenn hier irgendwas nicht stimmt, will ich das wissen. Ich bin schließlich Sicherheitschef«, sagte Harry streng. Doch dann musste er Katharinas Hilflosigkeit bemerkt haben. Sehr viel freundlicher fragte er: »Oder steckst du in Schwierigkeiten?«
»Wie kommst du da drauf?«
»Na ja, falscher Name im Pass. Lädiertes Auge. Verbundene Hand. – Komm, sag mir, was passiert ist.«
Und plötzlich löste sich Katharinas Gefühl, endlich in Sicherheit zu sein, in Luft auf; ihre Flucht schien ihr auf einmal vergeblich. Dicke Tränen rollten über ihre Wangen: »Ja, ich stecke in verdammten Schwierigkeiten.« Und dann riss sie der Strom der Tränen mit sich mit.
Nach einer Ewigkeit waren die Tränen versiegt. Harry reichte ihr ein Taschentuch, mit dem sie sich das Gesicht abwischte und die Nase putzte.
Als sie sich halbwegs beruhigt hatte, setzte sich Harry wieder auf die Kante seines Schreibtisches. »Komm, Kaja, erzähl mir die ganze Geschichte.«
In diesem Augenblick wurde die Tür zu Harrys Büro aufgerissen. Der Mann, der hereingestürmt kam, konnte höchstens Mitte dreißig sein, doch das Leben war ihm nicht freundlich gesonnen: Sein Haar war unordentlich, seine Haut blass, fast bleich, seine Kleidung so zerknittert wie sein Gesicht. Er fixierte Katharina und fragte genervt: »Ist das endlich die IT-Schnepfe vom Festland?«
Harry stand auf: Mit seiner imposanten Erscheinung hatte er schon auf Streife so manchen Krawallschläger zur Raison gebracht. Auch der Mann, der sie so rüde unterbrochen hatte, wich unwillkürlich einen Schritt zurück.
»Das ist Zoë Yamamoto, ein Gast! Eben angekommen«, erklärte Harry freundlich. Dann wandte er sich an Katharina: »Stefan Döring. Unser Club-Direktor.«
»Ein Gast! Hurra!«, sagte der Mann bitter, während er Katharina achtlos die Hand gab. »Beschwerde mit Tränen? Schon beim Einchecken?«
Harry wollte etwas sagen, doch Katharina kam ihm zuvor: »Mein Hund ist gestorben. Hab’ es eben telefonisch erfahren.«
»Na Gott sei Dank. Ich meine: Mein Beileid. – Harry, finde mal raus, wo die blöde IT-Schnepfe bleibt. Dieser Computer macht echt, was er will.« Und damit warf er die Tür hinter sich ins Schloss.
»Was war das denn?«, fragte Katharina, durch diesen Auftritt ernüchtert.
»Sieh es ihm nach. Stefan steht unter Stress. – Hier liegt einiges im Argen.«
»Was denn?«
»Erzähl ich dir später. – Jetzt bringe ich dich erst mal zu deinem Bungalow. Und unterwegs erzählst du mir in Ruhe, in welchen Schwierigkeiten du steckst.«
Katharina hatte sich rücklings auf das große, weiche Himmelbett fallen lassen. Einen kurzen Moment wünschte sie sich, jetzt einfach so liegen zu bleiben, bis sie wieder nach Deutschland zurückkonnte.
Harry hatte sie durch die paradiesische Landschaft der Insel zu einem kleinen Bungalow geführt, der sich malerisch in eine Felsengruppe einfügte. Der Bungalow selbst hatte nur einen großen Raum. Das »Badezimmer« mit Dusche und einer Badewanne mit Löwenfüßen lag dahinter im Freien, durch die umgebenden Felsen vor Blicken geschützt. Sehr romantisch.
Unterwegs hatte Katharina Harry von ihren Schwierigkeiten erzählt. Von Ministro. Und von Andreas Amendt. Harry hatte nachdenklich genickt. Er sei gerne bereit, mit in die Akte zu schauen, hatte er gesagt. Und was Ministro anginge: Die Insel sei eine Festung, nur über die Brücke erreichbar. Jeder, der reinwollte, müsse an ihm und seinen Männern vorbei.
Dann hatte er sie in dem Bungalow alleingelassen.
Jetzt lag sie also auf dem Bett. Sie fühlte sich nur noch erschöpft. Doch wenn sie länger
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