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African Boogie

African Boogie

Titel: African Boogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Barz
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so liegen blieb, würde sie einschlafen. Also zwang sie sich, wieder aufzustehen. Sie warf einen Blick auf ihr Gepäck. Auspacken konnte sie später. Aber eines würde sie gleich erledigen: Sie öffnete den Kosmetikkoffer, nahm die Geräte heraus, entnahm ihnen die Teile ihrer Waffe und setzte sie zusammen. Dann schob sie die Pistole in ihre Handtasche und ließ die Geräte in der hintersten Ecke des Schrankes verschwinden. Die Akte und ihr Geld legte sie in den kleinen Safe. Als Kombination wählte sie »03 12 91«, den Todestag ihrer Familie. Der Code sollte sie daran erinnern, dass sie noch eine Aufgabe zu erledigen hatte.
    Dann schlüpfte sie aus ihren verschwitzten Kleidern und stellte sich unter die Dusche. Das prasselnde Wasser tat gut, ihre vom Flug verspannten Muskeln lockerten sich. Endlich hatte sie genug, trocknete sich ab und fischte frische Wäsche, ein T-Shirt, eine Stoffhose und ein paar Sandalen aus ihrer Reisetasche.
    Als sie sich angezogen hatte, nahm sie ihre Handtasche, verließ den Bungalow, verschloss die Tür sorgfältig und schob die Schlüsselkarte in die Tasche ihrer Hose. Es war noch etwas früh für das Abendessen. Also spazierte sie über die Insel. An einer Seite des Plateaus führten Stufen zu einer weiteren Ebene herab, auf der sich eine Landschaft aus elegant geschwungenen Swimmingpools erstreckte: Ein kleineres Nichtschwimmerbecken, ein großes Becken mit Sprungturm. Schön anzusehen, doch leider nichts für sie. Katharina stieg die Treppen wieder hinauf zur Hauptebene. Erst jetzt fiel ihr auf, wie ruhig es war. Zu ruhig. Es fehlte etwas. Gäste! Wo waren die anderen Urlauber?
    Harry kam Katharina aus dem Rezeptionsgebäude entgegen, eine Flasche Rotwein und zwei Gläser in der Hand: »Sundowner?«
    Ohne die Antwort abzuwarten, bedeutete er Katharina, ihm zu folgen.
    Eine schmale Gasse führte zwischen den Felsen hindurch und endete auf einem kleinen Felsvorsprung. Harry trat an die fast mittelalterlich anmutende, aus grobem Stein gemauerte Brüstung und goss zwei Gläser Wein ein.
    Die Sonne stand schon sehr tief und tauchte alles in ein unirdisch-rotes Licht: das glitzernde Wasser unter ihnen, die sie umgebende Bucht. Den Ozean.
    Sie tranken schweigend ihren Wein, während die Sonne am Horizont versank. Der Himmel wurde feuerrot. Dann Türkis. Und dann brach schlagartig die äquatoriale Nacht an: ein Meer von Sternen auf samtiger Schwärze.
    Katharina begann im Wind zu frösteln. Harry nahm ihr Glas und sie wanderten zurück durch die Felsen. Sie fragte ihn: »Was machst du eigentlich hier, Harry? Frühpensioniert?«
    Harry seufzte: »Nein. Ich musste mal raus. Immer Streife, immer der gleiche Trott. Und dann gab es dieses Angebot hier. Also habe ich mich ein Jahr beurlauben lassen. Noch bis Ende Januar. Wie nennt man das heute? Sabbatical?«
    »Und deine Familie?«
    »Geschieden. Seit zwei Jahren.«
    »Das tut mir leid. – Und deine Tochter? Annika?«
    »Gerade sechzehn geworden. Sitzt den ganzen Tag am Klavier. Will Pianistin werden. Ihr Lehrer sagt, sie hat das Zeug dazu«, erzählte Harry mit kaum unterdrücktem väterlichem Stolz.
    »Schön. – Und nach deinem Jahr hier? Zurück nach Kassel?«
    »Vielleicht. Aber am liebsten würde ich noch mal was ganz Neues machen. In einer anderen Stadt. Vielleicht in Frankfurt. Irgendjemand muss ja auf dich aufpassen.« Er legte den Arm um Katharinas Schultern und drückte sich freundschaftlich an sich.
    Katharina und Harry saßen an einem Tisch in der Nähe des großen Feuers in der Mitte des Restaurantpavillons. Augustin, ganz in Weiß und mit einer Kochmütze auf dem Kopf, grillte Steaks über dem Feuer. Dabei sang er fröhlich vor sich hin. Ein Lied auf Suaheli.
    Das Restaurant war fast leer. Lediglich der naturliebende Freiherr saß ein paar Tische weiter und kaute missmutig an seinem Salat. Und vor ein paar Minuten hatte ein dicker Inder den Pavillon betreten, pompös von zwei muskulösen Männern flankiert, die mit ihren weit geschnittenen Anzügen und Sonnenbrillen aussahen, als hätten sie ihre Leibwächterausbildung anhand von schlechten Kinofilmen erhalten. Der Inder saß jetzt alleine an einem Tisch, die beiden Leibwächter hatten in respektvoller Entfernung an einem Katzentisch Platz genommen. Ihre Sonnenbrillen hatten sie nicht abgelegt, obwohl nur das Feuer und ein paar Kerzen auf den Tischen dämmriges Licht spendeten.
    »Nicht viel los hier, oder?«, fragte Katharina.
    Harry lachte bitter auf: »Ich sag es ja: Wir

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