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African Boogie

African Boogie

Titel: African Boogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Barz
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brauchen ein Seil!«, kommandierte sie.
    »Und woher …?«, wollte Harry fragen, doch Augustin war schon losgelaufen. Keine zwei Minuten später kam er mit einem Bergsteigerseil zurück. »Ist heute gekommen«, erklärte er außer Atem. »Für die neue Kletterwand.«
    »Keine Zeit für Erklärungen!« Katharina löste den Knoten, der das Seilbündel zusammenhielt. Dann knüpfte sie eine Schlinge. Ihr Vater hatte ihr das Lassowerfen beigebracht. Damals, beim Cowboy und Indianer spielen. Hoffentlich konnte sie es noch.
    Sie ließ die Schlinge über ihrem Kopf kreisen und in die Nacht hinausfliegen. Der erste Wurf ging fehl. Sie holte das Seil ein und warf erneut. Wieder daneben. Erst mit dem dritten Wurf gelang es dem Freiherrn, das Seil zu packen. Er band sich die Schlinge um den Oberkörper.
    Katharina schlang sich das Seil um die Hüften und wies die anderen an, es ihr gleichzutun. Dann zogen sie vorsichtig, das Seil spannte sich. Zentimeter um Zentimeter arbeitete sich der Freiherr vor. Fast hatte er das Ende der Brücke erreicht. Er würde springen müssen, aber das konnten sie auffangen. Der Freiherr richtete sich auf, versuchte auf die Beine zu kommen …
    Und in diesem Moment riss das zweite Stahlseil. Die Brücke verschwand im Abgrund. Katharina wurde mit einem Ruck nach vorne geschleudert, gleichzeitig raste das Ende des Stahlseils auf sie zu! Zwei kräftige Arme packten sie und rissen sie im letzten Moment weg. Der Fels splitterte, wo sie eben noch gestanden hatte. Das Stahlseil peitschte über den Boden wie der wütende Tentakel eines stählernen Meerungeheuers, bevor es im Abgrund verschwand.
    Die Arme ließen sie los. Sie drehte sich um. Hinter ihr auf dem Boden saß Andreas Amendt. Er hatte sie im letzten Augenblick weggerissen. Und Amendt wiederum saß zwischen den Beinen des Priesters, der verdammt schnelle Reflexe haben musste: Er hatte gleichzeitig mit zugepackt.
    Das Seil um Katharinas Hüften erwachte wieder zum Leben. Der Freiherr hatte den Absturz also überlebt. Mit vereinten Kräften zogen sie ihn auf das Plateau, wo er erschöpft liegen blieb.
    Andreas Amendt kniete sich neben ihn, um ihn zu untersuchen: Von Weillher hatte eine Platzwunde auf der Stirn, seine Hände waren aufgeschürft und sein Anzug zerrissen. Sonst schien ihm nichts passiert zu sein, zumindest nach dem sehr gesund klingenden Schwall von Flüchen zu schließen, den er ausstieß: »Welche Kanaille sprengt denn die Brücke, wenn gerade jemand drüberläuft? Ich verlange, dass er gefunden, gefesselt und über Bord geworfen wird.«
    Katharina packte ihn an den Schultern, bis er sich beruhigt hatte: »Gesprengt?«
    »Was denn sonst? Glauben Sie, die Brücke stürzt von selbst ein? Und haben Sie das Feuerwerk nicht gehört? Sind Sie taub?«
    Der Freiherr musste Luft holen. Andreas Amendt streckte ihm die Hand hin: »Kommen Sie, ich werde Ihre Wunde behandeln. Muss vielleicht genäht werden.« Er half von Weillher aufzustehen, und gemeinsam mit Sandra Herbst, Javier und Augustin führte er ihn davon.
    Harry und Katharina blieben zurück und starrten in den finsteren Abgrund, den die Brücke hinterlassen hatte.
    »Ich würde sagen, wir waren doch nicht paranoid«, sagte Katharina nach einer Weile. »Hier stimmt tatsächlich etwas nicht.«
    Harry war nicht nach Lachen zumute. »Ich hoffe mal, dass irgendjemand auf dem Festland möglichst schnell bemerkt, dass die Brücke eingestürzt ist und Hilfe schickt.«
    »Können wir nicht einfach jemanden alarmieren?«
    »Nein. Alle Telefonkabel, Internet und so weiter laufen durch die Brücke. Liefen. Wir sind abgeschnitten.«
    »Habt ihr kein Funkgerät? Oder ein Satellitentelefon? Für Notfälle?«
    Harry seufzte: »Meine Rede, Katharina. Von Anfang an. Aber das war denen zu teuer. – Komm, hier können wir nichts mehr ausrichten. Der Döring wird toben.«
    Sie fanden die anderen auf der Veranda der Rezeption. Andreas Amendt und Sandra Herbst waren gerade dabei, von Weillher zu verarzten. Katharina trat heran und sah zu, wie Amendt behutsam Stich um Stich setzte. Ein guter Arzt war er ja. Und, das musste sie sich zähneknirschend eingestehen, er hatte ihr eben das Leben gerettet.
    »Sechsundzwanzig Mensuren ohne Schmiss. Und jetzt das«, jammerte der Freiherr.
    »Wenn Sie wollen, kann ich es grob vernähen«, erwiderte Andreas Amendt mit ironischer Höflichkeit. »Dann haben Sie was zum Vorzeigen.«
    »Ich hab’ genug zum Vorzeigen«, antwortete der Freiherr giftig und ohne sich der

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