African Queen
Zwangssterilisation! Was ist los mit den Belgiern?
Von allen Kolonialmächten auf dem schwarzen Kontinent waren die Belgier mit Abstand die grausamste. Gegen ihren König Leopold war der Hunne Attila ein Kuscheltier. Für die geringsten Vergehen wurden Hände abgehackt oder mit Nilpferdpeitschen Menschen zu Krüppeln gemacht. Blutiger Schnee von gestern, ich weiß, aber die Zeiten wiederholen sich hin und wieder. Wir fahren gerade durch ein Dorf, in dem vor einem Reisebus eine Gruppe Chinesen steht. Sie kaufen wieder ein paar tausend Quadratkilometer auf. Und Carmen sagt, es sei Tatsache, dass die chinesischen Vorarbeiter die Afrikaner mit Stockschlägen zur Arbeit gemahnen. Will sie in ihrer Lodge auch so verfahren? Und bei jedem Schlag «Bom dia!» rufen, «Bom dia!» (Klatsch), «Bom dia!» (Klatsch)? Was ist nur los mit den Belgiern?
In Lichinga trennen sich unsere Wege. Sie brettern weiter nach Maputo, wir wollen mit einem Buschflieger ins Nachbarland, damit Lisa a) auf den letzten Drücker Mosambik verlässt und b) am Internationalen Flughafen von Lilongwe endlich ihr scheiß Malawi-Visum kriegt. Den Abend verbringt sie damit, ihre Flugangst in den Griff zu bekommen. «Du hast keine Flugangst», sage ich. «Du eierst nur an der Grenze dazu herum.» Sie hört das nicht gern. Aber es ist nun mal so. Was Lisa auf unseren bisherigen Flügen abzog, hatte mit echter Flugangst nichts zu tun. Sie war nicht in Panik, sie zitterte nur und verkrampfte sich, weil sie der Meinung ist, dass Anspannung eine bessere Vorbereitung auf Unheil ist als Entspannung. Ich kenne das irrationale Phänomen vom Zahnarztbesuch. Trotzdem kann ich sie heute Abend ganz gut verstehen. Es gibt durchaus einen Unterschied zwischen einem Airbus und einem Airtaxi. Die einen fliegen, die anderen hüpfen von Wolke zu Wolke.
Wir sitzen in dem Restaurant, in dem ich mit Collin gewesen bin. Lisa gefällt es auch, es ist authentisches Afrika. Die Fußballmannschaft von Lichinga ist geschlossen da. Sie haben gegen irgendeine andere Provinzhauptstadt-Mannschaft gespielt. Ob sie verloren oder gewonnen haben, wird aus ihrem Verhalten nicht klar. Anscheinend sind sie immer gut drauf, wenn es was zu essen gibt. Weil der Gesetzgeber in Mosambik das Rauchen in Restaurants verbietet, gehen wir in den Innenhof des «1 & 2» und lernen zwei portugiesische Schiffbauer kennen. Der eine ist dick, der andere dünn. Der Dicke hat zwanzig Jahre in der Elfenbeinküste überlebt. Er gehört zu den Männern, die von Frauen geliebt werden, weil sie Genießer und Krieger zugleich sind. Es entsteht ein unverkrampftes Gespräch, an dessen Ende die Vor- und Nachteile von Buschfliegern abgewogen werden. «Kleine Flugzeuge sind fun, solange man nicht über Kriegsgebiete fliegt», sagt der dicke Portugiese. «Man kann sie abschießen wie Vögel.»
Der Flughafen von Lichinga ist sehr klein, sehr blau und sehr afrikanisch. Leider an einem Sonntagmorgen um sieben Uhr auch sehr unbelebt. Wir sehen keine Passagiere, kein Personal, keine Lotsen, keine Flugzeuge. Unser Fahrer bezweifelt, dass hier heute irgendwas abhebt. Aber was weiß er schon. Er ist der Besitzer eines Copyshops und hat sich uns gestern als Taxifahrer angeboten. Ich habe ihm bereits dreihundert Meticais für die Fahrt gegeben, das sind fünfzig zu viel, aber der Typ hätte eigentlich noch ganz gern, dass ich ihm einen neuen Fotokopierer für etwa zehntausend Dollar spendiere. Höflich, aber bestimmt weise ich das Ansinnen zurück. Ein Auto hält, zwei Glatzköpfe steigen aus. Sie stellen sich als Einwanderungsbeamter und Lotse vor. Sie wissen auch von keinem Flieger, der in einer Viertelstunde nach Malawi abheben soll. Über die Landebahn zieht ein Schwarm schwarzer Krähen. Mehr ist von flugfähigen Objekten nicht zu sehen. Außerdem beklagen wir einen Stromausfall, nicht nur am Flughafen, sondern in der ganzen Stadt. Für afrikanische Verhältnisse heißt das: Hier läuft alles nach Plan.
Bisschen später landet unser Buschpilot ohne Tower, ohne Lotse, ohne Funkkontakt, einfach so. Ein junger Mann in Khakishorts, Pilotenhemd und Baseballkappe, mit ungarischem Vornamen und österreichischem Pass, der für «Nyassa Air Taxi» zwischen Malawi, Mosambik und Sambia hin und her fliegt. Inzwischen wird auch im Flughafenrestaurant jemand entdeckt, und der Strom geht wieder an, das heißt, es gibt endlich Kaffee. Während wir ihn trinken, hören wir ein paar Schüsse, und minimum zwei der Krähen sind tot. Für uns
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