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African Queen

African Queen

Titel: African Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helge Timmerberg
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sogar Handgranaten zwischen die Herden werfen, leiden immer mehr Elefanten unter einer posttraumatischen Stressstörung, die man bisher nur von Menschen kannte. Das Kürzel dafür heißt PTSS, und es bedeutet:
Abnormales Sozialverhalten.
Übersteigerte Aggressivität.
Die Unfähigkeit, in stressigen Situationen richtig zu reagieren.
    Eine stressige Situation für einen Elefantenbullen ist zum Beispiel, wenn ein Tier in der Größe eines Safarijeeps sich ihm bis auf wenige Meter von vorn nähert und ein ähnliches Tier, also der zweite Jeep, von hinten kommt. Dann fühlt sich der Bulle in die Zange genommen. Eine stressige Situation für ihn wäre außerdem, wenn er gerade in der Musth ist. Das ist die Zeit, in der Elefantenbullen in Sexualhormonen schwimmen und ihnen das Testosteron wie Tränen aus den Augen fließt. Wenn sie dann keine Kuh finden, die ihnen zu Willen ist, fühlen sich ihre Hoden an, als hätte sie jemand mit dem Vorschlaghammer bearbeitet, denn um es sich selbst zu besorgen, ist ihr Rüssel nicht lang genug. Kommt das alles zusammen und auf einmal, also rasende Geilheit, PTSS und freche Jeeps, kann es durchaus schon mal sein, dass sechs Tonnen posttraumatische Stressstörung auf eine Tonne Blech zueilen und Lisa wie ich die Nerven verlieren.
    «No problem», sagt Freddy.
    Nachdem er ordentlich Gas gegeben hat, sind wieder eine Zeitlang keine Tiere zu sehen, was uns jetzt aber fast ein bisschen freut. Erst in einem Wald, der so trocken ist, dass die Bäume gespensterhaft wirken, kommt das nächste Problem. Insekten fallen über uns her, denn wir haben zwar schnell genug die Fenster, aber nicht das Dach zugekriegt. In diesem Fall sagt selbst Freddy nicht «no problem», im Gegenteil, er schlägt wie wild mit der Mütze um sich, was auch uns für die Gefahr sensibilisiert. Freddy, mach bloß die Biege, denn es ist die liebe Tsetsefliege. Die Krankheit, die sie überträgt, verläuft in drei Stadien:
Fieber, Schüttelfrost, Ödeme, Lymphknotenschwellung, Hautausschlag und Juckreiz. Diese Symptome treten nicht sofort, sondern erst ein paar Wochen nach der Infektion auf.
Ein paar Monate später dann fühlt sich der Erreger im vegetativen Nervensystem wie zu Hause. Folge: Verwirrung, Koordinationsstörungen, Schlaflosigkeit, Krämpfe.
Endstadium. Der Infizierte fällt in einen Dämmerzustand, aus dem er bis zum Tod nicht mehr erwacht. Danach allerdings auch nicht mehr. Daher kommt der Name. Schlafkrankheit.
    Ich bin ein bisschen sauer auf Lisa, denn man hatte uns schon gestern Abend vor den Tsetses gewarnt und uns geraten, nur helle Kleidung anzuziehen, weil diese Fliegen, aus was für Gründen auch immer, hauptsächlich auf Blau und Schwarz stehen. Und was trägt Lisa? Schwarze Hose, schwarze Bluse, schwarzes Kopftuch, schwarze Brille, schwarze Schuhe, schwarze Strümpfe und, wenn ich mich recht erinnere, auch einen schwarzen BH und ein schwarzes Höschen. Ach ja, sie hat auch schwarze Haare. Lange schwarze Haare, wunderschön. Das einzig Gute an der Tsetsefliege ist, dass ihr Stich richtig weh tut und sie deshalb nicht unbemerkt Schaden anrichten kann. Weil aber niemand aufgeschrien hat, als wir das Waldstückchen durchfuhren, haben wir wahrscheinlich auch Lisas falsche Garderobe überlebt.
    Nun wird es grün. Aber schlagartig. Sobald wir aus dem Wald raus sind, ist plötzlich Schluss mit Trockenzeit. Wie kann man das verstehen? Gibt es Absprachen unter Regenwolken? Bis zu diesem Wald und keinen Meter weiter? Denn wir machen grundsätzlich keine Tsetsefliegen nass? Oder wurde der zuständige Regenmacher nur bis hierhin bezahlt? So viel zum Tatbestand der Spekulation, jetzt zu den Facts. Ich sagte grün. Treffender wäre zartes Grün, Babygrün, ein Fläumchen Grün sprießt aus dem Boden, das aber überall und flächendeckend, und in der Ferne grünt es grün und grüner, und Freddy meint, nun sei es nicht mehr weit. Und tatsächlich, ich sehe die erste Giraffe außerhalb des Zoos. Sie steht da mehr oder weniger bewegungsarm und sieht aus sechs Meter Höhe geduldig auf das junge Gras hinunter, sie weiß, dass sie sich nicht bücken muss, was für eine Giraffe schmerzhaft ist, sie baut darauf, dass ihr die Delikatesse entgegenwächst, und etwa hundert Meter weiter steht die zweite Giraffe und noch mal rund hundert Meter weiter die dritte und dann die nächste und übernächste und überübernächste, und ich kann mir vorstellen, dass so etwas schwer zu glauben ist, ich würde es auch nicht glauben, wenn

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