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Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Titel: Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Haas
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Auch ich leistete meinen Beitrag für eine kurzweilige Fahrt: Mit dem frohlockenden Refrain „Jesus, Jesus, everytime fairplay“ des berühmten Ohrwurms der Gruppe „Die Doofen“ um die deutschen Künstler Wigald Boning und Olli Dittrich lieferte ich einen Beweis meiner Integrität in die ruandische Gesellschaft und erarbeitete mir völlig verdient den Respekt meiner Mitreisenden. Und den Spott von Michael, der vor Lachen noch lauter gackerte als das Bündel Hühnchen zwischen meinen Füßen.
    Als wir in Gisenyi ankamen, hatte sich der musikalische Hype wieder etwas gelegt. Die Leute packten ihre Sachen zusammen und drängten sich an den Türen, als ob es darauf ankäme, der Erste beim Aussteigen zu sein. Schon auf den ersten Metern durch die belebten Straßen der 70.000 Einwohner Stadt ließ sich nicht übersehen, nach wessen Pfeife hier getanzt wurde. Es regierte das Big Business des Im- und Exports. Vom Schuhputzer bis zum Rohstoffhändler jagte jeder dem schnöden Mammon hinterher.
    Unmittelbar an der Grenze zur Demokratischen Republik Kongo gelegen, mit der Millionenstadt Goma de facto zusammengewachsen und nur durch einen rostigen Schlagbaum getrennt, war Gisenyi, die ehemalige Grand Dame der ruandischen Hautevolee, ein Schmugglerparadies par excellence. Über den Grenzübergang rollten pausenlos die qualmenden Lastwagen mit den begehrten seltenen Erden aus Kongos Böden, die in keinem Mobiltelefon und keiner Festplatte fehlen dürfen. Ein paar übrig gebliebene, alte, belgische Kolonialvillen entlang palmenbestandener Avenuen verströmten den morbiden Charme längst vergangener Zeiten, und in den Kaschemmen hielten sich kongolesische Guerillakämpfer auf Fronturlaub an ihren Bierflaschen oder an den prallen Schenkeln gerade den Kinderschuhen entwachsener Mädchen fest. Michael und ich flüchteten an die stillen Ufer des Kivu-Sees vor die Tore der Stadt.
    Wir entschieden uns für eine Anlage direkt am See, mit einem blitzsauberen Sandstrand und unserem nigelnagelneuen Bungalow keine zehn Meter dahinter. Das Wasser war warm, sauber und so blau wie das Meer. Von unseren gepolsterten Liegestühlen aus beobachteten wir im ordentlich gestutzten Rasen herumrennende Eidechsen und in allen Farben schillernde Nektarräuber, die von einem Baum zum nächsten flatterten und ihre langen Zungen ein ums andere Mal in die bunten Blütenkelche schnellen ließen. Schon von Weitem hörten wir die rhythmischen Gesänge der heimkehrenden Fischer, die in ihren Auslegerboten den Fang zu den Märkten ruderten. Wie überhaupt viel gesungen wurde. Am nachdrücklichsten, mit der größten Passion, bei den Gottesdiensten in den ausnahmslos überfüllten Kirchen. Michael und ich ließen uns Pommes frites bringen und SMSten nach Hause, bevor wir nach einem spektakulären Sonnenuntergang als eine der ersten im Freiluftrestaurant des Hotels die besten Plätze belegten.
    Als es dunkel wurde, tröpfelten die anderen Hotelgäste nacheinander ein. Es galt, den Tag mit einem deftigen Dinner zu würdigen. Die Küche gab sich reichlich Mühe, unsere Rindersteaks und die gebackenen Kartoffeln schmeckten vorzüglich. Zu später Stunde versammelten sich die wenigen ausländischen Reisenden um das knisternde Lagerfeuer. Auch Michael und ich wollten den Tag noch nicht zu Ende gehen lassen. Zwischen zwei etwa 20-jährigen Mädels aus Israel und einer Gruppe spanischer Lehrer machten wir es uns neben der überdimensionalen Thermoskanne mit frischem Kaffee gemütlich. Wir saßen zusammen, die Sprachen, Akzente und Eindrücke mischten sich, und mir fiel zum ersten Mal auf, wie gut Michael englisch sprechen konnte. Ich war beeindruckt, mit welcher Sicherheit er die richtigen Wörter wählte, und staunte über seinen Sprachwitz und wie er, scheinbar ohne zu überlegen, kommunizieren konnte, als wäre es in seiner Muttersprache. Stolz lehnte ich mich zurück und genoss den Augenblick. Der Samen geht also auf, dachte ich mir. Aus Michael wurde Schritt für Schritt der weltgewandte, junge Mensch, den sich seine Mutter und ich erträumten und zu dem ihn das Reisen zu keinem geringen Teil auch machen sollte.
    „Noch einmal aufstehen, morgen um die Zeit sind wir schon bei den Gorillas!“, flüsterte mir Michael am nächsten Morgen ins Ohr und sprang mit einem Elan aus dem Bett, als hätte er meinen eigenen über Nacht noch mit dazu gebucht. Er zählte die Tage rückwärts – während mir noch der gestrige Abend vor Augen stand. Die Spanier waren Nahost

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