Afrika Saga 02 - Feuerwind
hinter dem Bluff heraufzog. Schon schäumten Katzenköpfe auf dem offenen Meer, und alle kleineren Segelboote nahmen Kurs auf die schützende Bucht, bei den größeren fielen bereits die Segel.
Nach einem prüfenden Blick über den Ozean schüttelte Mila den Kopf. »Das wird einen Haken landeinwärts schlagen, wir werden kaum etwas davon abbekommen. Aber der Wind ist ungemütlich.« Sie ging Lilly voraus ins Haus, wies mit einer Handbewegung auf einen niedrigen Korbstuhl, auf dem ein klumpiges Kissen lag. »Setz dich.«
Sie selbst ließ sich auf dem hochlehnigen Holzstuhl daneben nieder.
»Mein Rücken, weißt du. Aus dem Korbstuhl komme ich nie wieder hoch.«
Ein adrett in ein königsblaues Kittelkleid mit weißer Schürze gekleidetes, schwarzes Mädchen brachte Tee und Kuchen.
»Danke, Fiki. Sag der Köchin, sie soll einen zweiten Aufguss von den Teeblättern machen.« Mila zerteilte dann den frisch gebackenen Kuchen mit Passionsfruchtcreme. Sie legte Lilly ein Stück auf den Teller. »Dein Bandwurm wird die Creme lieben. Sie ist aus reiner Sahne. Nur zu, iss alles auf, dann wird er schnell groß und fett und ringelt sich in deinem Hirn zusammen.« Sie ignorierte Lillys wütenden Blick. »Du hast vorhin in der Kutsche diese Sache mit Lulamani erwähnt. Ich kann dir erzählen, was mir gestern zugetragen wurde. Es wird dir aber nicht gefallen.«
»Hat das etwas mit Andrew zu tun?«
»Wie man's nimmt. Lulamani, Stefans Zulufrau, hat ihren Ehemann mit Madoda, Andrews Induna, betrogen. Nun war Lulamani praktisch ein Geschenk von König Cetshwayo an Stefan, und da sie diesem untreu geworden ist, hat sie auch den König betrogen. Der hat das getan, was er nach seinem Verständnis tun musste. Er hat sie töten lassen. Das Gesetz seines Volks verlangt diese Strafe für Ehebruch.«
Lillys Hand flog an den Mund. »O mein Gott, nein! Das darf nicht wahr sein.« Ihre Stimme versagte, als ihr die Wahrheit dämmerte.
Entsetzt sah sie die alte Dame an. »Andrew hat Nisaka zu ihm geschickt, und der hat es ihm gesteckt, nicht wahr?«, flüsterte sie.
»Wann ist das passiert?«
»Das soll schon eine Woche her sein oder etwas mehr vielleicht.
Kikiza, der Hyänenmann, hat sie erwischt, ganz in der Nähe von Inqaba …«
»Wer hat dir das gesagt?«
Mila winkte ab. »Jemand.«
»Weiß es Stefan schon?« Lilly sprang auf. »Grundgütiger Himmel!
Er ist ein Hitzkopf. Er würde versuchen, sich an Cetshwayo zu rächen …!«
»Bravo, noch sitzt dein Untermieter nicht in deinem Gehirn«, bemerkte Mila trocken. »Ich glaube, genau das bezweckt Andrew. Er will, dass Stefan sich am König rächt. Wenn ich nur wüsste, welchen Vorteil er davon hätte. Darf ich dir einen Schluck meines selbst gebrauten Aprikosenlikörs anbieten?«
Lilly hob abwehrend die Hand. »Ich trinke nicht mehr«, bemerkte sie abwesend, während sie sich achtlos das zweite Stück Cremetorte in den Mund stopfte und dabei über das nachgrübelte, was Mila gesagt hatte. Etwas in ihr weigerte sich zu glauben, dass Andrew ein solcher Schuft sein sollte. »Es kann nicht sein, Mila. Entweder hat Andrew einen triftigen Grund gehabt, so zu handeln, oder es war nicht er, der Lulamani verraten hat.« Ihre Stimme wurde zuversichtlicher.
»Bestimmt, so ist es! Ich habe mich geirrt. So etwas würde mein Mann nicht tun.«
Mila zögerte nur einen Augenblick. »Sicher, meine Liebe. So wird es gewesen sein.« Es hatte keinen Sinn, Lilly darüber aufzuklären, dass ihr Mann den Charakter eines Lumpen hatte und dass, wie sie erfahren hatte, Georgina Mercer ihn offenbar auf der Jagd begleitete.
Es würde Lilly zerstören, aber sie würde den Lauf der Dinge nicht ändern können.
»Außerdem würde selbst Stefan Steinach, der ein Freund des Königs ist, nie an ihn herankommen, denn der wäre ja vorgewarnt«, sagte Lilly. »Die Wachen würden ihn vorher abfangen …« Dann starrte sie Mila aus aufgerissenen Augen an. »Und wenn er erwischt wird, wird der König nicht zögern, seinen Tod zu befehlen«, platzte sie heraus. »Jetzt brauche ich doch ein Glas von deinem Likör.«
Mila schenkte ihr schweigend ein. Lilly kippte die goldene Flüssigkeit in einem Zug. »Merkwürdig, der schmeckt bitter …«
»Bitter?« Mila hob die Brauen. »Ach wo, das muss ein Nachgeschmack durch die Passionsfrüchtecreme sein.« Sie erhob sich mit raschelnden Röcken, ging hinüber zu einem Stapel Zeitungen, blätterte ihn kurz durch und zog endlich eine Zeitung hervor.
Schweigend hielt sie ihr
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