Afrika Saga 02 - Feuerwind
ohrenbetäubend. Es blökte und gackerte und quietschte, Männer brüllten, Frauen lachten, Ochsengespanne klirrten, in der Ferne schrie ein Esel. Ein Planwagen reihte sich an den anderen, die Wagenführer trieben mit lautem Gebrüll die ausgeschirrten Ochsen und Pferde zur Gemeinschaftsweide. Abfälle, Urin, Pferdeäpfel und spinatgrüne Kuhfladen, mit denen die Straße gepflastert war, verpesteten die Luft. Hier und da hatte sich ein Rindvieh zum Wiederkäuen mitten auf der Straße niedergelassen.
Catherine ärgerte sich, die weiße Bluse angezogen zu haben. Schon jetzt verfärbte sich der zarte Stoff unter einer feinen Schicht von rotem Staub.
Nur langsam kamen sie in der drängenden Menschenmenge voran.
Kaum jemand in der Stadt ließ sich den Markttag entgehen. Damen in hochgebauschten Röcken kicherten unter Sonnenschirmen, im Schlepptau lethargisch wirkende Hausmädchen. Barbusige Zulufrauen in Perlschnurröcken, die Lasten von erstaunlichen Ausmaßen auf dem Kopf balancierten, schritten mit der Haltung von Königinnen durch die Menge.
Dann waren da die harten Männer, Buschläufer, die aus dem Inneren kamen, dem wilden Herzen Afrikas. Rasselnde Ketten aus Krokodil- oder Löwenzähnen am Hals, bis an die Zähne mit Gewehren, Pistolen und armlangen Messern bewaffnet, stolzierten sie angeberisch die Straße hinunter. Bündel von Gnuschwänzen, aufgefädelte Leopardenohren und Elefantenpinsel an ihren Gürteln, prahlten von ihrem Jagdglück, ihre zerlumpte, geflickte Kleidung und das löchrige Schuhwerk zeugten von den vielen Wochen, die sie im Busch verbracht hatten. Mehrere liefen auch einfach barfuß auf einer Hornhaut, die hart war wie die beste Stiefelsohle. Ausnahmslos wurden sie von Hunderudeln begleitet, deren Narben oder frisch verheilte Verletzungen von den Abenteuern ihrer Herrn kündeten.
Erst allmählich fiel Catherine auf, dass eines anders war als an anderen Markttagen. Wo sonst buntes Durcheinander herrschte, überwog heute das Rot der englischen Uniformen. Die Stadt wimmelte von Soldaten. In Gruppen schoben sich die Rotröcke durch die Menge, und ihre überhebliche Haltung glich der der Buschläufer. Sie fing Wortfetzen auf, Bemerkungen über Schlachtformationen, die neuesten Gewehrmodelle und abfällige Einschätzungen der strategischen Talente König Cetshwayos. Wie vom Donner gerührt blieb sie stehen. Die Engländer rasselten mit den Säbeln! Rüstete die Kolonie sich tatsächlich für einen Krieg mit den Zulus? War Inqaba in Gefahr?
In etwas über einer Stunde war sie mit Johann verabredet. Vielleicht wusste er etwas Neues. Sie hielt den Holzperlenvorhang für Mila zurück, und sie traten in den dunklen, voll gestopften Laden, der sich höhlenartig nach hinten ausdehnte. Ein Fliegenschwarm nahm die Einladung sofort an, summte hinein, drehte eine Runde und stürzte sich auf die Biltongstreifen, die wie Stalaktiten in einer Tropfsteinhöhle von der Decke hingen. Der Perlenvorhang klickte leise, Sonnenstrahlen blitzten herein, malten gelbe Streifen auf den Holzboden, es roch nach Staub und ranzigem Fett, trockenem Holz und grüner Seife. Sie schienen die einzigen Kunden zu sein.
Mila folgte ihr hinüber zum Tresen, auf dem neben Schalen mit Perlen, Keksen, Haarnadeln und anderem Zeug auch einige Ballen Stoff lagen. Seit Mr Pettifer den Laden von Lloyd Gresham übernommen hatte, hatte er sein Angebot deutlich erweitert. »Hier sieht's aus wie in einem orientalischen Bazar«, kommentierte sie, merkte aber, dass Catherine mit ihren Gedanken offenbar völlig woanders war. Mit gerunzelter Stirn nagte sie an einem Daumennagel.
Mila beschloss, die Sache direkt anzugehen. »Was ist los mit dir, Catherine? Irgendetwas bedrückt dich doch. Ich kenne dich gut genug. Wenn du an deinen Nägeln beißt, machst du dir über irgendetwas wirklich ernsthafte Sorgen, und du hast dir schon zwei völlig heruntergekaut. Das gehört sich nicht für eine Dame, außerdem ist es ungesund.« Unvermittelt kam ihr ein bestürzender Gedanke. »Es gibt doch wohl hoffentlich keine schlimmen Nachrichten von Maria?
Catherine, ist es das? Liebes, bitte sags mir.« Ihre Frage traf ins Schwarze. Die Miene ihrer Freundin zeigte es deutlich.
»Das Schlimme ist, dass es keine Nachrichten gibt«, platzte Catherine heraus. »Ihr letzter Brief ist Mitte Juli datiert, seitdem haben wir keinerlei Nachricht von ihr. Vor gut vier Wochen habe ich ein Telegramm an den Anwalt Puttfarcken geschickt. Der muss wissen, wo Maria steckt, und
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