Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Afrika Saga 02 - Feuerwind

Afrika Saga 02 - Feuerwind

Titel: Afrika Saga 02 - Feuerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
Vom Netzwerk:
vielleicht auch, warum sie sich nicht meldet, denn er verwaltet ihr Geld und bezahlt ihre Rechnungen. Ich fürchte, dass ihr Schweigen etwas mit der Familie meiner Mutter zu tun hat, und da mein Verhältnis zu der nicht eben herzlich ist, werde ich sie nur im Notfall fragen. Außerdem denke ich, dass ich von Puttfarcken erschöpfender und nüchterner Auskunft erhalten werde. Aber erst in zwei Wochen kann ich überhaupt hoffen, eine Antwort von dem Anwalt zu bekommen.«
    »Maria wird es gut gehen.« Mila legte mehr Zuversicht in ihre Stimme, als sie selbst verspürte. Ein langes Leben hatte sie gelehrt, dass viel geschehen konnte, der Verlauf der Dinge selten glatt war und sich am Ende die unwahrscheinlichsten Möglichkeiten als die erwiesen, die tatsächlich eintraten. »Mach dir keine Gedanken. Sie hat doch anfänglich fleißig geschrieben. Was stand denn in dem letzten Brief? Kannst du daraus nicht schließen, ob etwas vorgefallen ist und was?« Zerstreut rollte Mila eine Apfelsine zwischen den Handflächen.
    Die Schale brach auf, und intensiver Orangenduft verbreitete sich.
    »Setzen Sie sie mit auf meine Rechnung und zeigen Sie mir einen guten Seidenstoff in Blau«, rief sie hinüber zu dem pickligen Jüngling, der hinter dem Tresen auf ihre Wünsche wartete. Der nickte und kritzelte etwas in ein großes, schwarz gebundenes Kontobuch.
    Catherine warf ihr einen gequälten Blick zu. »Nein, immer wieder habe ich ihre letzten Briefe durchgesehen und nach einem Hinweis gesucht, aber nichts gefunden. Nur Beschreibungen von Ausflügen, Bootsfahrten, dass der Cul de Paris dort längst nicht mehr Mode ist, Wetterberichte, das Übliche eben. Anfänglich bekamen wir zwei bis drei Briefe in der Woche, gesammelt natürlich, häufig einen ganzen Stapel auf einmal, weil alle mit demselben Schiff abgingen, aber dann, ganz plötzlich, kam nichts mehr.«
    Mila Dillon musterte sie verstohlen. Catherine war für sie die Tochter, die sie nie gehabt hatte, und es tat ihr weh, ihr in dieser Angelegenheit nur mit Worten und gesundem Menschenverstand helfen zu können. Sie hatte keine Vorstellung, wie es in Deutschland heute zuging. Nach weit über fünfzig Jahren Afrika verband sie nichts mehr mit ihrem Geburtsland. Auch kein Gefühl. Das schon gar nicht.
    Das Deutschland ihrer Jugend war das dieser treuherzigspießigen Zeit gewesen, die seit neuestem mit dem Namen Biedermeier bezeichnet wurde, in der sittenstrenge Ansichten herrschten, Frauen hausbackene, schlichte Kleider trugen und die häuslichen Tugenden zur Religion erhoben wurden, eine Zeit, in der sie sich so eingesperrt gefühlt hatte wie ein Vogel im Käfig.
    Eines Tages dann war Henning Arnim erschienen, groß, breitschultrig, mit offenem, lachendem Gesicht und durchdrungen vom heiligen Eifer, den armen Wilden seinen Gott näher zu bringen.
    Obwohl sie keineswegs sonderlich religiös war, nur pflichtschuldig am sonntäglichen Gottesdienst teilnahm und obwohl er im Vergleich zu mehreren anderen Herren, die sich um ihre Hand bemühten, wirklich bettelarm war, hatte sie ihn zum Entsetzen ihrer Eltern geheiratet. Die Aussicht, die Käfigtür einfach zu öffnen und davonzuflattern, nach Afrika auch noch, war zu verführerisch gewesen. Bereut hatte sie es nicht für eine Sekunde, egal was Afrika ihr abforderte. Als Henning nach nur zwei Jahren im Busch Schwarzwasserfieber bekam, war sie mit ein paar Zulus vierzig Meilen zu Fuß durch den Busch zu ihm marschiert und hatte ihn auf einer aus Ästen gefertigten Trage auf die kleine Farm in Zululand, die er als Mission bewirtschaftet hatte, zurückgebracht. Innerhalb eines Tages starb er in ihren Armen. Sie begrub ihn in seiner geliebten afrikanischen Erde, blieb, geduldet vom alten Zulukönig, auf der Farm und trotzte Afrika ihr Leben ab.
    Durch das dreckverkrustete Fenster neben der Ladentür konnte sie ein kleines Stück blauen Himmels sehen, und sie weidete ihre Augen daran. Für eine unwirkliche Sekunde war sie zurück in ihrer Jugend gewesen, hatte die erdrückende Enge ihr den Atem genommen, wähnte sie sich wieder in diesen Käfig eingesperrt. Vielleicht war Maria in Deutschland gegen solche Käfiggitter geflogen. Sie kannte Maria. Versuchte man sie einzusperren, würde sie alles daran setzen, die Gitter einzureißen. »Vielleicht ist es ihr dort zu eng geworden und sie kommt früher zurück«, sagte sie.
    »Das glaube ich nicht. Schon aus lauter Sturheit würde sie das nicht tun, denn dann hätten wir ja Recht

Weitere Kostenlose Bücher