Afrika Saga 02 - Feuerwind
starren, dicken Zweige der Hluhluwe-Ranken beiseite, unter deren entzückendem, weißem Blütenschleier die bösartigsten Stacheln der Pflanzenwelt lauerten.
Dick, gut drei Zoll lang und scharf wie Stilettos durchbohrten sie auch das feste Leder ihres Hosenrocks ohne Mühe. Bald tropfte ihr das Blut in die Schuhe, doch Catherine kümmerte sich nicht darum, kämpfte sich weiter. Bald erkannte sie Baumformationen und entdeckte einen Isivivane, einen Wunschsteinhaufen der Zulus, auf den auch sie schon oft einen Stein gelegt hatte. Als sie ihn erreichte, hielt sie kurz inne, suchte einen schönen Stein und setzte ihn obenauf auf den Haufen, dachte dabei an Sicelo und seine Mutter Mandisa und an César.
»Helft mir«, flüsterte sie, glaubte plötzlich, einen schwachen Anisduft wahrzunehmen. Aber das konnte nicht sein, ihre Einbildung musste ihr einen Streich spielen. Anis gab es hier schließlich nicht.
Dann trabte sie durchs Gras, immer schneller, nicht rechts und nicht links schauend, als wäre der Teufel leibhaftig hinter ihr her. Erst als sie am Rand einer Nashornsuhle abrutschte, in das kraterähnliche Loch rollte und sich mühselig daraus befreien musste, verlangsamte sie ihr Tempo. Das Innere des Lochs war noch matschig vom Regen gewesen, und nun war sie von einer Schicht klebrigen Schlamms bedeckt, der in Windeseile zu einer Kruste trocknen und ihre zerschundene Haut weiter aufreiben würde.
Erschöpft nahm sie ihre Umgebung in Augenschein. Zu ihrer Rechten stand eine Büffelherde im Schatten einer Baumgruppe. Wie auf Kommando wandten die Tiere ihre Köpfe, und rund dreißig Augenpaare starrten sie ebenso unverwandt wie feindselig an. Sie mied den direkten Augenkontakt, hastete weiter.
Um sich abzulenken, schlenderte sie in Gedanken durch den Wiener Prater auf gekiesten Wegen, unter blühenden Bäumen, aus denen höchsten einmal ein Vogelklecks fallen konnte, entlang sauber geschnittener Rabatten, in denen allenfalls ein paar Ameisen lebten, keine bissigen natürlich, vielleicht auch mal eine Maus oder Frösche, aber sicherlich keine Giftschlangen. Welch eine Wonne müsste es sein, elegant gekleidet, angeregt plaudernd unter dem sanften Wiener Himmel dahinzuspazieren …
Eine Weile trottete sie weiter, hielt ihren Blick meist vor sich auf den Boden geheftet, vermied dichtes Gras und den Bereich der Baumkronen, stieg erst über einen Baumstamm oder einen Stein, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass kein Tier in seinem Schatten lauerte. Sie erreichte eine Verwerfung des Grunds, der etwas wie eine lang gezogene Falte bildete. Nach kurzem Zögern machte sie sich die Mühe hinaufzuklettern, um zu sehen, wie weit sie gekommen war.
Und dann sah sie die blühende Kiaatallee über dem Busch leuchten, ganz nah, und nun fing sie an zu rennen. Die Sohlen ihrer Antilopeniederschuhe waren längst durchgelaufen, und immer wieder bohrten sich spitze Steine in die dicke Hornhaut ihrer Fußsohlen. An dem großen Stein, der die lange, von Ochsenwagen festgefahrene Auffahrt zum Haus markierte, musste sie sich ausruhen, aber sie tat es nur so lange, bis die Sterne, die vor ihren Augen tanzten, sich verzogen hatten. Dann hastete sie die letzte halbe Meile hinauf zu ihrem Haus.
Ihre Lungen schmerzten, ihr Atem pfiff, ihre Beine schienen gefühllos, die letzten Schritte waren mörderisch, aber sie verlangsamte ihren Trott nicht, im Gegenteil, als sie Inqabas Rieddach über den Baumkronen schimmern sah, beschleunigte sie ihr Tempo noch. Sie bog um die letzte Kurve und blieb wie angewurzelt, mit hängenden Armen, zitternden Knien und einem Schrei im Herzen stehen.
Die Sonne hatte gerade den Zenit überschritten, als Ziko den Arm hob.
Dann verschwand er im Busch. Johann saß ab, nahm Umbani am Zügel und folgte ihm. Minuten später stand er vor dem eingefallenen, von Ameisen blank genagten Kadaver eines großen Tiers, erkannte den Sattel Catherines, der zehn Schritt weiter lag. Tiefe Zahnmarkierungen zeigten ihm, dass die Raubtiere versucht hatten, auch das ungenießbare Stück Leder zu verschlingen. Er hob den Sattel auf. Die Taschen waren abgerissen, und nach einigem Suchen entdeckte er zumindest eine im Gras. Er durchsuchte sie. Sie war leer und gab ihm keinen Hinweis auf das, was hier vorgefallen war.
Ein Ausruf Mangalisos zog seine Aufmerksamkeit auf ein paar Knochen. Er warf Ziko die Zügel seines Hengsts hin, war mit wenigen Schritten bei Mangaliso, kniete sich nieder und betrachtete, was dieser gefunden hatte. Es war
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