Afrika Saga 02 - Feuerwind
tun.
»Ingebe«, sagte der Große wieder.
»Cha! Kein Gewehr.« Sie griff in die Taschen ihrer Reithosen und zog sie nach außen. »Sieh, meine Taschen sind leer. Ich habe auch keine Munition.« Auch im Haus gab es weder Waffen noch Munition.
Johann würde nie seine Gewehre zurücklassen, schon aus dem Grund, weil sie einfach zu kostbar waren.
Der Große fixierte sie mit einem finsteren Blick und tat einen Schritt auf sie zu. Eine Wolke seiner strengen Ausdünstung hüllte sie ein. Sie musste husten, wich aber nicht zurück.
Der Große nahm Schild und Assegai in eine Hand, streckte die andere aus und packte sie am Blusenärmel. Sie machte einen Satz und fuhr zurück wie von einer Natter gebissen.
»Hände weg«, befahl sie auf Zulu. »Ich habe kein Gewehr, ich habe es weggeworfen, weil es zerbrochen war, und im Haus gibt es keine Waffen.« Vermutlich hatten sie es ohnehin längst durchsucht.
Die Männer taten einen Schritt vor und standen jetzt fast auf Tuchfühlung. Der Geruch nach Holzrauch, ranzigem Fett, Schweiß und frischen Tierfellen war überwältigend. Catherine würgte und begann zu schwitzen. Verstohlen hielt sie Ausschau nach einem anderen menschlichen Wesen, das ihr zu Hilfe eilen könnte, wandte den Kopf nach links, ihr Blick flog über den Abhang unterhalb des Hauses zu den Hütten des nahen Dorfs. Aber da war keine Menschenseele, Inqaba lag still im gleißenden Sonnenschein, das Gras schimmerte, Zikaden sirrten, und eine Wolke schwarzweißer Schmetterlinge wurde über den Gemüsegarten geweht, sonst regte sich nichts.
Da erklang ein raues, trockenes Husten, gleichzeitig stieg ihr der scharfe Geruch einer Raubkatze in die Nase. Noch hatte sie nicht verstanden, was das zu bedeuten hatte, da hatten sich die Zulus schon mit einer einzigen, geschmeidigen Bewegung von ihr abgewandt und Angriffshaltung eingenommen, standen mit gebeugten Knien im Schutz ihrer Schilder die Assegais hoch erhoben in der Faust, sahen dabei nicht mehr sie an, sondern starrten auf etwas, das irgendwo neben ihr stand.
Atemlose Sekunden verstrichen, bis Catherine begriff, was es sein musste, das die Schwarzen derart alarmierte. Kein Zulukrieger würde sich vor einem Serval oder einer Hyäne fürchten, Geparden gab es hier oben nicht, Leoparden jagten bei Nacht. Nur Löwen jagten auch am Tag. Sie war wie versteinert vor Schreck. Mit den Zulus konnte sie reden, ein hungriger Löwe aber würde handeln, und zwar blitzschnell.
Während sie versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen, geschah etwas Seltsames. Noch immer die Augen starr auf etwas im hohen Gras geheftet, machten die Zulus ein paar Schritte rückwärts, wirbelten dann auf den Fersen herum und flohen. Innerhalb von Sekunden hatte sie das Grasmeer verschluckt.
Catherine stand immer noch da und rührte sich nicht, lauschte nur, versuchte durch das Rauschen des Bluts in ihren Ohren zu hören, was außerhalb ihres Blickfelds vor sich ging. Es dauerte ein paar Minuten, in denen nichts geschah, kein Laut darauf hinwies, was sich da im Gras versteckte, ehe sie es wagte, langsam ihren Kopf zu wenden und einen Blick in die Richtung des Hustens zu tun.
Das gelbe Gras flirrte, schon glaubte sie, die schwarzen Ohrenspitzen eines Löwen erkannt zu haben, als sie gleich darauf feststellte, dass sie von zwei gaukelnden Schmetterlingen getäuscht worden war.
Außerdem war der stechende Katzengestank verschwunden. Vier Impalas, die in einiger Entfernung äsend vorbeizogen, zeigten keine Unruhe. Was immer da gewesen war, jetzt war es weg. Sie richtete sich auf, bürstete ihre Hosen ab, warf noch einen prüfenden Blick in die Runde. Schon wollte sie sich auf den Weg zur Veranda machen, da stellten sich ihr alle Härchen auf den Armen hoch: Keine zehn Schritt vor ihr tauchten die Umrisse eines massigen, lohfarbenen Körpers im Gras auf.
Ihre Zähne schlugen aufeinander. Sie presste die Kiefer zusammen, um das Geräusch zu unterdrücken, wusste, dass es keinen Sinn hatte zu fliehen. Doch während sie unverwandt auf diese Stelle starrte, lösten sich die Körperformen wieder auf, und sie begann, an ihrer Wahrnehmung zu zweifeln. Hatte sie sich nur von einem Schatten täuschen lassen?
Zoll für Zoll wanderte ihr Blick über ihre Umgebung. Nach der Stille zuvor herrschte um sie herum wieder geschäftig summendes Leben, Pillendreher, Schmetterlinge, zankende Webervögel, im Gemüsegarten spielte vier Mungos Haschen. Alles war friedlich, und endlich schob sie es einfach auf ihren
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