Afrika Saga 02 - Feuerwind
schwiegen. Nur ihre eigenen Schritte auf dem gepflasterten Hof waren zu hören. Sie erreichte die Eingangstür, die Johann mit Brettern verrammelt hatte. Sie rüttelte daran. Die Bretter saßen fest. Hier war keiner eingedrungen.
Sie ging ums Haus, um zu sehen, ob es eine Möglichkeit gab, über die Veranda und durch die geborstenen Fenster ins Haus zu klettern, und ob sie Spuren von anderen finden würde, die vor ihr diesen Weg genommen hatten. Das Gras ging ihr bis zur Taille, und sie musste Acht geben, wohin sie ihre Füße setzte, immer darauf gefasst, eine Schlange zu stören.
Auch das Kochhaus war unversehrt, das Glas im Fenster war heil. Sie musste einen großen, schweren Ast aus dem Weg räumen, ehe sie die Tür aufschieben und hineinspähen konnte.
Im Kochhaus war lange Zeit niemand gewesen. Der Schrank, den ihr Johann gezimmert hatte, war verschlossen, ihre Töpfe hingen aufgereiht an Haken an der Wand. Sie zog die Tür hinter sich zu und ließ sich auf der Steinbank nieder, die an der Kochhauswand stand.
Ihre Nerven hörten auf zu vibrieren. Sie ließ erschöpft den Kopf sinken und starrte sinnend in das hitzeflirrende Gras.
Es raschelte, und plötzlich traten vier Paar Füße in ihr Gesichtsfeld, dunkelhäutige, verhornte, breitgetretene Füße, und die blitzenden Spitzen von vier Assegais richteten sich auf ihre Brust. Mehr verwirrt als erschrocken schaute sie auf.
Sie waren groß und muskulös, mit den langen, ausgeprägten Beinmuskeln von Läufern. Ihre fellbezogenen Kriegsschilder waren fast mannshoch, die Assegais messerscharf. Buschige, geringelte Ginsterkatzenschwänze bedeckten ihr Gesäß; von einem Halsband hingen sorgfältig gekämmte, silberweiße Kuhschwänze über Oberkörper und Rücken. Die Kopfbänder aus Otterfell, die vier Büschel hochstehender Kuhschwanzquasten hielten, sagten ihr, dass sie dem berühmten Isangqu-Regiment angehörten. Zu überrascht, um etwas sagen zu können, starrte sie die Krieger an.
»Sawubona«, stammelte sie und stand langsam auf. Es fiel ihr einfach nichts Besseres ein. »Mein Name ist Katheni von Inqaba, und ich kenne euren König.« Üblicherweise würden sie jetzt Höflichkeiten austauschen, dann entweder jeder seines Weges gehen oder die Bekanntschaft vertiefen, in dem sie ein Mahl teilten. »Nisaphila na?
Geht es euch noch gut?«
»Yebo, sisaphila. Ja, es geht uns noch gut«, würde die höfliche Antwort lauten.
Aber sie kam nicht. Vier dunkle Augenpaare waren bohrend auf sie gerichtet. Die ebenholzfarbenen Gesichter waren ausdruckslos, die Männer standen wie eine Mauer und versperrten ihr den Weg. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in ihrer Magengegend aus. Es war außerordentlich unhöflich, auf diese höfliche Begrüßung nicht zu antworten, schon fast eine Kriegserklärung. Jeder Zulu kannte Katheni von Inqaba, und immer hatte sie sich auf ihren Ruf verlassen können. Bisher war eine weiße Frau in Zululand völlig sicher gewesen, vor Menschen zumindest. Was geschah hier?
Mit tiefem Erschrecken wurde sie gewahr, dass sich zwischen ihr und den Menschen, die sie seit den Tagen ihrer Ankunft in diesem Land zu schätzen und respektieren gelernt hatte, von denen sie einige als ihre Freunde ansehen konnte, unbemerkt eine Kluft aufgetan hatte.
Wann war das geschehen? Wie konnte es passieren, dass ihr das erst jetzt auffiel?
Wenn es die Männer nicht im Geringsten interessierte, wem sie gegenüberstanden, hieße das, dass Johann beim König in Ungnade gefallen war und alle Zulus das bereits erfahren hatten. Er wäre dann so etwas wie Freiwild geworden und mit ihm seine Familie. War etwas auf seinem Auftrieb nach Stanger geschehen? Eigentlich hätte Johann schon Tage, bevor sie zu Stefan aufbrachen, den Lobster Pott erreichen müssen. Was hatte ihn aufgehalten?
Oder - und dieser Gedanke lag ihr plötzlich wie glühende Kohle im Magen - war das Verhalten der Krieger ein Anzeichen dafür, was allen Weißen jetzt in Zululand blühte? Sie wurde an Johanns Burschen erinnert, der ihnen vor Wochen vor dem Hotel in Durban so feindselig gegenübergetreten war und sie bedroht hatte, ehe er verschwand.
»Ingebe«, knurrte da einer der Männer. »Gewehr.« Nichts weiter.
Feindselig starrte er auf sie hinab. Er überragte sie um mehr als Haupteslänge, war wohl so groß wie Johann.
»Ich habe kein Gewehr«, sagte sie und hob beide Hände. Sie bemerkte, dass die vier offenbar Dagga geraucht oder gekaut hatten, wie es Zulukrieger vor einer Schlacht
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