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Afrika Saga 02 - Feuerwind

Afrika Saga 02 - Feuerwind

Titel: Afrika Saga 02 - Feuerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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Tiefe gezogen wurde, würde niemand mehr erfahren. Eben war Emma noch da, spielte mit den huschenden Winkerkrabben im auslaufenden Wellenschaum, suchte Muscheln, zwitscherte und lachte wie die Seeschwalben, die auf dem Meer jagten, und dann war da nichts mehr außer den rauschenden Wogen, dem goldenen Strand und der endlosen Leere des Indischen Ozeans. Nichts, so weit der Blick reichte. Fast ganz Durban suchte nach der Kleinen. Erst suchten sie in den Dünen, dann eine Meile den Strand hinauf nach Norden und bis zum Hafen im Süden. Während der Ebbe schwärmten sie über die frei gespülten Felsen, stocherten in jeder Höhle herum. Sie klebten handgeschriebene Plakate mit einer Skizze und genauen Beschreibung Emmas an die Häuserwände. Am Abend des dritten Tages schüttelte Justus Kappenhofer, Lillys Vater und Emmas Großvater, den Kopf. Ein Stöhnen lief durch die Menge, und Lillys Schrei war bis in die Stadt zu hören.
    Lilly war danach jeden Tag den Strand hinauf und hinuntergelaufen und hatte Emma gesucht, bis ihre Haut die Farbe von verbranntem Brot angenommen hatte und ihr Haar ausfiel. Eines Tages erschienen Lillys Eltern am Strand, hakten ihre Tochter rechts und links unter, brachten sie in ihr Hause und holten Doktor O'Leary, der ihr reichlich Laudanum einflößte. Es betäubte ihren Körper, ihre Seele nicht. Lilly verkroch sich in ihrem Zimmer und fing an zu trinken. Anfänglich war es Wein, dann Cognac, und dann alles, was ihr in die Finger kam. Ihre Ehe bröckelte, bis nur noch ein Haufen Scherben übrig war. Andrew kam immer seltener nach Hause. Sie stritten sich fast jedes Mal, wenn sie sich sahen. Noch zweimal wurde sie schwanger, aber hatte kein Kind länger als drei Monate halten können.
    »Ich kann ihn nicht mehr ertragen«, lallte Lilly neben ihr.
    Sachte strich Catherine ihrer Freundin die roten Locken aus der Stirn. Der Alkohol hatte grausame Verwüstungen in dem ehemals so fein geschnittenen, schönen Antlitz angerichtet. Es wirkte aufgedunsen und krank, und die Lebenslust, die ihr früher aus den grünen Augen sprühte, war schon lange gestorben. Die Augen waren trüb und die Lider schwer geworden. »Tust du ihm da nicht Unrecht, meine Liebe?«
    Lilly Sinclair schmiegte sich kurz in Catherines Hand, zog ein Taschentuch hervor und wischte sich den Mund ab. »Entschuldige, ich fasel dummes Zeug, hör einfach nicht hin.«
    Das Ladenmädchen verfolgte ihre Unterhaltung mit großen Augen und offenem Mund. Catherine bemerkte es. »Steh nicht herum und halt Maulaffen feil«, fuhr sie das Mädchen gröber an, als es sonst ihre Art war, »bring ein Glas Wasser und etwas von dem Kaffee, der dahinten auf dem Ofen steht.«
    Mr Pettifer hielt neben einem Krug mit Wasser stets eine Kanne heißen Kaffee und Kekse bereit. Ein bei allen beliebter Dienst an der Kundschaft, der sich so eingebürgert hatte, dass es zum geflügelten Wort geworden war. Man verabredete sich zum Kaffee bei Pettifers.
    Unter Catherines strengem Blick sauste das Ladenmädchen im Laufschritt davon und kehrte kurz darauf mit dem Gewünschten zurück. Catherine nahm ihr dankend das Glas ab. »Hier gibt's große Lauscher, Lilly. Lass uns dort hinübertreten.« Sie zog ihre Freundin außer Hörweite des Verkaufspersonals und reichte ihr das Wasser.
    »So, runter damit, das verdünnt den Alkohol in deinem Blut«, befahl sie.
    »Bah«, machte die und schob den Becher angeekelt von sich. »Das Zeug hat ja eine Fleischeinlage.«
    Catherine spähte hinein, entfernte einen kleinen, sich kringelnden Wurm. »Die Trockenheit ist mörderisch, die Bohrlöcher trocknen aus, sie pumpen schon den Bodensatz hoch, da erwischt es schon mal einen Wurm. Bald wird nur noch Schlamm kommen, und der neue Brunnen, den Mr Currie beim Botanischen Garten bohrt, ist noch nicht fertig. So ist es eben. Du bist in Afrika. Trink den Kaifee nach, dann werden die Würmer gekocht.«
    »Es regnet«, bemerkte Lilly. »Ich will keine Würmer trinken.«
    Tatsächlich war in den vergangenen Minuten Regen aufs Dach geprasselt, aber der heftige Schauer war bereits wieder vorbei, schon konnte man die Tropfen einzeln zählen, die in der Hitze schneller verdampften, als sie vom Himmel fielen.
    »Das war nur ein kurzer Guss. Nun stell dich nicht so an, ich hab den Wurm längst herausgefischt.« Mit diesen Worten gab Catherine ihrer Freundin den Kaffee, der schwarz und stark war. »Das wird dich wieder auf die Beine bringen. Und dann schlage ich vor, dass du jetzt nach Hause gehst

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