Afrika Saga 02 - Feuerwind
betörende Lächeln, alles in vollkommener, kindlicher Unschuld, und Konstantin stand vor ihr, und ihre Welt brach zusammen.
Johann nahm Stefan mit sich in den Busch, kaum dass der Kleine laufen konnte, zeigte ihm sein Paradies Inqaba, ruhte nicht eher, bis der Junge jede Pflanze und jedes Tier mit Namen kannte, bis er eins wurde mit der Wildnis. Abends, in jener magischen Zeit, wenn die Strahlen der versunkenen Sonne den aufziehenden Nachthimmel färbten und der Mond wie eine reife Orange über dem Horizont stand, erzählte er seinem Sohn Geschichten aus seiner niederbayerischen Heimat. Von Weihnachten im Schnee, von Tieren, die im Winter wie tot unter der Erde schliefen und im Frühling wieder zum Leben erwachten, von Kälte, die töten konnte, und von Zeiten im Sommer, wenn am Rand der Weizenfelder Kornblumen und Mohn blühten, die Vögel sangen und die Tage bis tief in die Nacht dauerten.
Er lehrte ihn, die Natur zu achten, natürlich brachte er ihm auch bei zu schießen, aber schärfte ihm ein, es nur zu tun, wenn es nicht zu vermeiden war oder die Familie Nahrung brauchte. Catherines Herz lief über, wenn die beiden nach einem staubigen Tag im Viehgatter oder einer stundenlangen Jagd erhitzt, verdreckt, aber strahlend zusammen zu ihr zurückkehrten. Dann warfen sie ihre Kleidung von sich und liefen hinauf zum Wasserreservoir, um zu schwimmen. Dann sah sie Stefans Füße, wusste, wo diese winzige Narbe saß, die selbst für scharfe Augen so gut wie unsichtbar war. Sie wusste es, nur sie allein. Aber das war genug. Sie schaute ihrem Sohn beim Heranwachsen zu und keinen Augenblick konnte sie das vergessen.
Doch sie dankte ihrem Schöpfer, dass Stefan nichts vom Charakter seines wirklichen Vaters geerbt hatte, sondern so viel von Johanns Wesen, seiner Kraft und Großzügigkeit und seiner Liebe angenommen hatte, dass er ihm sogar äußerlich immer mehr ähnelte. Sie schwor sich, Johann nie wissen zu lassen, dass sein einziger Sohn, den er mit der ganzen Kraft seines großen Herzens liebte, auf den er so ungemein stolz war, der ihn an seinen eigenen Vater erinnerte, den er geliebt hatte, in Wahrheit der Sohn seines schlimmsten Feindes war.
Und nun stand dieser Mann vor ihr, der Konstantin von Bernitt aufs Haar glich, und alles, was sie glaubte vergessen zu haben, stürzte wie eine Lawine auf sie herein. Wie Dominos fielen ihre Gedanken, einer stieß den anderen an. Alles, was sich an dem Tag nach dem großen Unwetter ereignet hatte, stand ihr wieder vor Augen. Sie fühlte Konstantins Hände, die über ihren Körper glitten, seine Lippen, die sich auf ihre pressten. Sie war hilflos gewesen, betrunken von einem Gebräu, das er ihr unter dem Vorwand eingeflößt hatte, die Schmerzen, die ihr ausgekugelter Daumen und verstauchter Fuß verursachten, lindern zu wollen.
Zu spät hatte sie den bitteren Geschmack der wilden Datura erkannt, hatte sich nicht mehr gegen ihre rauschhafte Wirkung wehren können. Er hatte ihren Zustand rücksichtslos ausgenutzt und sie geliebt, und die Erinnerung an die wollüstige Antwort, die ihr verräterischer Körper ihm gegeben hatte, würde sie bis zum Ende ihrer Tage mit tiefster Scham erfüllen. Als sie feststellte, dass sie ein Kind erwartete, genau wusste, dass es seins war, wollte sie in ihrer Verzweiflung Johann verlassen. Diese Schmach wollte sie ihm nicht antun. Johanns Liebe zu ihr siegte. Er fing sie auf und verzieh ihr, und ihr Leben geriet wieder ins Lot.
Doch eines Tages, als sie allein auf Inqaba war, Johann weit weg bei seiner Herde, stand Konstantin auf dem Hof von Inqaba vor ihr, hielt sie mit diesem Blick gepackt, mit dem ein hungriger Löwe seine Beute fixiert.
»Ich will dich und meinen Sohn, den du erwartest«, hatte er gefordert und sie mit Gewalt geküsst. Wieder überfiel sie die Wut, die sie damals wie eine Sturmflut überschwemmt hatte. Mit der Kraft, die diese Wut ihr verlieh, hatte sie versucht, sich zu wehren, aber Konstantin war am Ende stärker und hätte sie überwältigt, wäre Sicelo nicht wie aus dem Nichts erschienen, in der einen Faust das Hackschwert zum Angriff erhoben, seinen Speer in der anderen. Er besaß immense Kräfte, war ein erfahrener Krieger, und sein Ruhm als Stockkämpfer war weit über die Grenzen Zululands gedrungen.
Er hätte Konstantin von Bernitt leicht bezwingen können, wäre sie nicht gestolpert und gegen ihn gefallen. Für Sekunden geriet er aus dem Tritt, und dieses Stolpern kostete Johanns bestem Freund das Leben. Graf
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