Afrika Saga 02 - Feuerwind
trug sie nur, wenn er anwesend war, denn es engte sie ein und war unbequem. Den Hut balancierte sie kichernd auf dem Kopf, während sie, nur mit Perlenschnüren bekleidet, im Garten herumwanderte und Gemüse erntete oder die Hühner fütterte. Mit der Zeit allerdings hatte sie gelernt, den Sonnenschutz zu schätzen, und gelegentlich führte sie ihn ihren Freundinnen vor.
»Es ist ein Geschenk Setanis«, erklärte sie ihnen dann überheblich.
Was verstanden diese Bauernmädchen denn schon von der Lebensweise der Umlungus.
Dankbar nahm sie jetzt den Streifen kalten, fettigen Fleischs und ein Gefäß mit Amasi, der Sauermilch der Zulus, entgegen. Sie aß gierig, denn sie war die ganze Nacht unterwegs gewesen, war völlig ausgehungert und halb verdurstet.
Die Sonne erlosch hinter den dünner werdenden Rauchschwaden in einem Feuerwerk von Farben, und der blasse Mond nahm Gestalt an. Bald stieg er über den Rauch empor und strahlte so hell, dass sie durch die Nacht weiterziehen konnten. Die Fährtenleser kehrten noch vor Mitternacht zurück, und im ersten Schimmer des neuen Morgens ließ Andrew Sinclair das neue Lager an dem ausgesuchten Platz errichten. Er lag am Hang eines lang gezogenen Hügels, am Rande des Buschurwalds auf fast ebenem, grasbewachsenem Gebiet. Es gab genügend Akazien, um Schatten zu spenden, und der Fluss war nicht allzu weit entfernt. Zufrieden schaute er sich um, befahl dann, eigens mitgeführte Tongefäße mit Pferde- und Wilddung zu füllen und anzuzünden. Die stark rauchenden Feuer würden helfen, die Mückenschwärme fern zu halten.
Andrew saß ab und warf die Zügel seinem Pferdepfleger zu. Ihm klebte die Zunge am Gaumen. Er nahm einen langen Schluck aus seiner Wasserflasche und dann zwei oder drei aus der, die mit Cognac gefüllt war. So belebt, wanderte er hinüber zu seinen Zulus, die gerade die Zelte errichteten. Als erstes natürlich das rostrote, das seins war - er war schließlich der Jagdherr -, dann die für seine Gäste in gebührendem Abstand. Er streifte die lautstarke Gruppe mit einem Blick. Zwei lärmende Amerikaner und ein arroganter, hochrangiger Aristokrat aus Kent in Südengland, der angeblich mit dem Königshaus verwandt war. Vermutlich stimmte das sogar, dachte er, urteilte man nach dem fliehenden Kinn und den hervorquellenden Augen, die tatsächlich an die Queen erinnerten.
Ein heißer Stich von Eifersucht durchfuhr ihn. Nichts hatte dieser lächerliche Mann getan, um den hohen Titel zu verdienen, der ihm durch den zufälligen Beischlaf seines Vaters mit seiner Mutter zugefallen war. Was war dagegen schon das ›Ehrenwert‹, das er selbst seinem eigenen Namen voransetzen durfte? Gar nichts.
Ehrenwerte gab's wie Sand am Meer.
Er erklomm den Hügel hinter dem Lager. Oben angekommen, schaute er sich um. Ihm zu Füßen lag Zululand, das fruchtbare, das grüne, das ganz und gar herrliche Zululand, in dem es von lebendem Elfenbein wimmelte und tausende von kräftigen Männern nur darauf warteten, auf die Farmen der Großgrundbesitzer geschickt zu werden, die nach billigen Arbeitskräften lechzten. Er spitzte nachdenklich den Mund. Der alte Händler fiel ihm ein, den er während eines Tagesritts am jenseitigen Ufer des Tugela im Palmschatten neben seinem ausgemergelten Pferd gefunden hatte. Der Mann lag im Sterben, das war offensichtlich, er war schon kaum mehr bei sich. Gold hätte er aus dem Nseleni-Fluss gewaschen, reines, glänzendes Gold, so babbelte er im Delirium vor sich hin.
Erst hatte Andrew es für Fieberfantasien gehalten, dann aber war er aufmerksam geworden, erinnerte sich daran, dass es immer hieß, Sterbende lügen nicht. Nur um sich selbst zu beweisen, dass es Unsinn war, hatte er eine Schale mit Flusssand gefüllt und das Wasser langsam abfließen lassen. Als er den Goldflitter am Grunde der Schale entdeckte, war ihm schlecht geworden vor Aufregung. Er war überzeugt, dass es hier goldhaltiges Gestein wie in Kalifornien geben musste, war sich sicher, dass unter seinen Füßen ein unermesslicher Schatz lag. Nicht diese paar lächerlichen Goldmünzen, wie sie Johann Steinach seinerzeit aus dem Schlamm gekratzt hatte, sondern wirkliches Gold. Tonnenweise.
Er knurrte missgelaunt. Dummerweise gehörte das Land König Cetshwayo. Noch. Er lächelte fein. Aber nicht mehr lange.
Vielleicht sollte er ein kleines Gerücht in die Welt zu setzen? »Habt ihr gehört, es soll Gold gefunden worden sein …? Wo? Nun, irgendwo am Mhlatuze …« Der Wert des Lands
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